Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens
Mutter.«
Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck setzte sich Gibbs in seinem Sessel zurück.
»Das wäre Ihr vorläufiges Ergebnis?«, fragte D’Agosta.
»Wir werden es erheblich verfeinern, sobald wir mehr Informationen einspeisen. Unsere Datenbank ist enorm leistungsstark.« Gibbs sah D’Agosta forschend an. »Ich muss sagen, Lieutenant, Sie haben sicherlich gut daran getan, uns zu diesem Problem hinzuzuziehen. Die AfV ist in diesen Fragen die beste der Welt. Ich verspreche Ihnen, wir werden sehr eng mit Ihnen zusammenarbeiten, verantwortlich agieren, Ihre Leute respektieren und Ihnen alles auf Echtzeitbasis mitteilen.«
D’Agosta nickte. Mehr konnte man nicht verlangen.
Nachdem Gibbs gegangen war, blieb D’Agosta noch lange in seinem Sessel sitzen. Während er nachdenklich den Caramel Kreme Crunch aß, dachte er daran, was Gibbs mit Blick auf den Killer und dessen Motiv gesagt hatte. Es ergab Sinn. Vielleicht zu viel Sinn.
Gott, er könnte Pendergast jetzt wirklich gut gebrauchen.
Er schüttelte den Kopf, verputzte den Doughnut, leckte sich die Finger sauber und klappte die Schachtel mit äußerster Willensanstrengung zu.
14
D ’Agosta hielt sich den Doorman vom Leib, indem er seinen Dienstausweis zeigte und einfach am Wachhäuschen vorbeistürmte. Er stellte nicht einmal Augenkontakt her, als der Mann ihm hinterhereilte und fragte: »Sir? Sir? Wen wollen Sie denn besuchen?« D’Agosta rief laut und vernehmlich Pendergasts Namen und Apartmentnummer und strebte auf den Innenhof zu.
Der Fahrstuhlführer erwies sich als widerspenstiger – ihm musste erst mit Behinderung der Justiz gedroht werden, bevor er die altmodische Gittertür schloss und zu Pendergasts Wohnung hinauffuhr.
D’Agosta war schon mehrere Male im Dakota gewesen. Meistens war ihm sofort der Geruch aufgefallen, diese Mischung aus Bienenwachspolitur, altem Holz und einem leichten Anflug von Leder. Alles an dem Apartmenthaus war vornehm und altmodisch: vom polierten Messing der Fahrstuhlknöpfe und Besätze über die dicken Teppichböden bis hin zu den wunderschönen Travertinwänden mit ihren Wandleuchten aus dem 19. Jahrhundert. Jetzt nahm er allerdings kaum etwas davon wahr. Er war in großer Sorge um Pendergast. Seit Tagen wartete er auf die nächste Hiobsbotschaft, wartete darauf, dass die Bombe platzte. Nichts. Und das war wahrscheinlich schlimmer als jede Explosion.
Natürlich hatte der Doorman oben angerufen, und als D’Agosta den Summer betätigte, erklang über die Gegensprechanlage rasch Pendergasts Antwort.
»Vincent?«
»Ich muss mit Ihnen sprechen. Bitte.«
Langes, langes Schweigen. »Über welches Thema?«
In Pendergasts Stimme lag ein seltsamer Tonfall, der D’Agosta Angst machte. Vielleicht lag es aber auch am elektronischen Krächzen der Gegensprechanlage.
»Können Sie mich reinlassen?«
Wieder eine merkwürdige Pause. »Nein, vielen Dank.«
D’Agosta überlegte. Nein, vielen Dank? Pendergast hörte sich schlimm an. Er erinnerte sich an Lauras Ratschlag und beschloss, einen Versuch zu wagen.
»Schauen Sie, Pendergast, es hat zwei Morde gegeben. Ein Serienkiller. Ich brauche wirklich Ihren Rat.«
»Ich bin nicht interessiert.«
D’Agosta atmete tief durch. »Es dauert nur ein, zwei Minuten. Ich würde Sie gern sehen. Es ist schon so lange her. Wir müssen reden, Versäumtes nachholen, ich muss herausfinden, was vor sich gegangen ist, wie es Ihnen geht. Sie haben einen schrecklichen Schock erl–«
»Bitte verlassen Sie das Haus, und belästigen Sie mich nicht wieder.«
Pendergasts Stimme klang noch kälter, gestelzter und förmlicher als sonst. D’Agosta wartete einen Augenblick, dann sagte er leise: »Und genau das werde ich nicht tun. Ich werde hier stehen bleiben und Sie so lange ärgern, bis Sie mich reinlassen. Ich werde die ganze Nacht hierbleiben, falls nötig.«
Dies brachte endlich den erwünschten Erfolg. Nach einem langen Moment drehten sich die Schlösser, eines nach dem anderen. Langsam ging die Tür auf. D’Agosta betrat den Wohnungsflur. Pendergast, der einen schwarzen Morgenmantel trug, hatte ihm bereits den Rücken zugekehrt und keine Begrüßung ausgesprochen. D’Agosta ging hinter ihm ins Empfangszimmer, das mit den Bonsaibäumen und dem Wasserfall.
Pendergast bewegte sich lustlos, wandte sich um und setzte sich. Er faltete die Hände vor dem Bauch, hob den Kopf und blickte ihn an.
D’Agosta erschrak. Er konnte nicht fassen, was er da sah. Pendergasts Gesicht war in sich
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