Pendragon - Der Anfang
sie, schlang die Arme um ihre Hüften und stemmte die Fersen in den Boden. Vielleicht reichte die Kraft zweier Menschen aus. Oder die von dreien? Ich musste ihnen helfen. Es war verrückt, aber unsere einzige Chance. Ich stand auf, setzte mich hinter Alder und umklammerte seine Hüften. In diesem Augenblick hörte ich es. Die Stricke rissen. Loor
hielt sie krampfhaft fest, und jetzt war sie die einzige Verbindung zum rettenden Ausgang. Ich sah, wie sich ihre Armmuskeln anspannten, während sie verzweifelt versuchte nicht loszulassen. Alder hielt Loor fest, und ich hielt Alder fest, aber wir rutschten unaufhaltsam auf das Loch zu. Wir stemmten die Fersen in den Boden und versuchten alles, um Zeit zu gewinnen. Ich fühlte die Anspannung meiner Freunde, als wir uns gegen das Gewicht der Leiter wehrten, an der Onkel Press hing und das Quig zog.
Es kam mir vor, als dauerte es Stunden, doch in Wirklichkeit waren es sicher nur Sekunden. Wo blieb Onkel Press? Hatte das Quig ihn gefressen? Wurden wir allmählich von dem Monster in die Tiefe gezogen? Eigentlich war es egal, denn lange hielten wir nicht mehr durch.
Kurz bevor wir über den Rand des Lochs gezerrt wurden, hob ich den Kopf und erblickte Onkel Press, der gerade aus der Tiefe auftauchte. Er kroch aus dem Loch, rollte sich seitlich weg und brüllte: »Lasst los!«
Loor gehorchte. Die Strickleiter sauste davon, und wir fielen hintenüber. Sekunden später hörte ich, wie das Quig auf dem Boden aufschlug. Es brüllte vor Schmerzen.
Während wir krampfhaft nach Luft schnappten, schaute ich über die Klippen zum Stadion hinunter. Es lag ungefähr dreihundert Meter entfernt. Wir hatten einen langen Weg durch die Stallungen zurückgelegt.
Einen Moment später begriff ich: Wir waren keineswegs schon in Sicherheit. Man hatte erkannt, was wir planten. Einige Ritter rannten vom Stadion her auf uns zu.
»Wir müssen weg!«, rief ich und deutete zum Palast hinüber.
Wortlos sprangen wir auf und flohen in Richtung Wald.
Hoffentlich gelang es uns, sie in dem dichten Wald rings um das Milago-Dorf abzuschütteln. Verglichen mit dem, was hinter uns lag, war das ein Kinderspiel.
Loor übernahm die Führung. Wieder sauste sie wie der Blitz durchs Unterholz, aber diesmal konnte ich ihr folgen. Je weiter wir uns vom Palast entfernten, umso bewusster wurde mir, was wir geschafft hatten und was noch vor uns lag. Onkel Press lief neben mir; wir hatten ihn gerettet. Zum Glück war mein Abenteuer also fast beendet. Sobald wir ihn ins Dorf gebracht hatten, konnte er die Rebellen anführen, und ich durfte endlich nach Hause. Und so war ich ziemlich froh, obwohl wir wie aufgeschreckte Hirsche durch den Wald liefen. Ich schmiedete schon Pläne, wie ich ins Bergwerk steigen, zum Flume gehen und heimwärts reisen würde … für immer und ewig.
Loor führte uns im weiten Bogen um das Dorf. Wir kamen zum Rand des Ackerlandes, etwa drei Kilometer vom Dorf entfernt.
»Können wir uns eine Weile ausruhen?«, keuchte Alder.
Ich war froh, zur Abwechslung einmal nicht als Erster aufzugeben. Wir hielten an und schnappten nach Luft. Nach ein paar Sekunden sah ich Loor an und lächelte, aber sie reagierte nicht. Alder auch nicht. Ich warf Onkel Press einen Blick zu und bemerkte seine finstere Miene. Was war los? Lag es daran, dass ich die Hundepfeife mitgenommen hatte? Okay, vielleicht war das gegen die Regeln, aber hätte ich es nicht getan, wären wir alle schon im Bauch eines Quigs verschwunden. Ich fand, ich verdiente ein bisschen mehr Anerkennung für meine Tat. Noch ehe ich dazu etwas sagen konnte, hörten wir ein Geräusch. Es war ein lauter, kurzer Knall wie von einem Knallfrosch. Nein, lauter. Mehr wie ein Feuerwerkskörper. Loor und Alder zuckten zusammen.
Auch Onkel Press sah in die Richtung. Seiner Miene entnahm ich, dass er sich ernsthafte Sorgen machte. Mir kam das Geräusch nicht besonders ungewöhnlich vor. Solche Laute höre ich zu Hause dauernd. Der Knall hätte von einem Auto oder aus dem Fernseher stammen können. Doch wir befanden uns nicht daheim. Dieses Geräusch war für Denduron anscheinend ungewöhnlich.
Es knallte noch zweimal. Peng. Peng. Onkel Press lief in die Richtung, aus der die Laute kamen. Wir anderen folgten ihm.
Nach kurzer Zeit erreichten wir eine Lichtung. Dieses Gebiet war mir völlig fremd. Es lag außerhalb der Felder und der üblichen Pfade. Onkel Press versteckte sich hinter einem Baum, und wir folgten seinem Beispiel. Auf der einen Seite der
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