Pendragon - Der Anfang
Harpune ebenso gut umgehen konnte wie mit den Speeren, die er in Dendu ron benutzt hatte. Sein Zeige finger am Ab zug krümm te sich, aber er schoss nicht.
Ob ihr es glaubt oder nicht, es erwies sich als Segen, dass der
Hai so riesig war. Zwar passte sein Kopf unter die Felsnase, aber die Rückenflosse war zu hoch. Hurra! Er war zu groß, konnte uns nichts anhaben! Onkel Press senkte die Harpune, da wir nicht mehr in unmittelbarer Gefahr schwebten. Es sei denn, das Quig fand eine Möglichkeit, sich seitlich hereinzuquetschen. Das hielt ich jedoch für unwahrscheinlich. Fische schwimmen nicht seitwärts.
»Da geht deine Ködertheorie dahin«, bemerkte ich.
»Sie hat funktioniert«, widersprach er. »Lei der war die ser böse Junge schneller, als ich dachte. Sieh nur!«
Zwischen den Zähnen des Quigs entdeckte ich den Wasserschlitten, Reste der Ranke und der zerfetzten Hose. Also war es dem Köder gefolgt, hatte ihn aber nur als Vorspeise angesehen. Nun wollte es das Hauptgericht. Uns.
Der Hai wand sich hin und her, um an uns heranzukommen. Wenn Fische sauer werden können, dann war dieser Bursche stinksauer. Der Körper bewegte sich kraftvoll, der Schwanz schlug hin und her, und die gewaltigen Kiefer öff neten und schlossen sich. Wir befanden uns nur wenige Meter außerhalb seiner Reichweite. Für mei nen Geschmack viel zu nah dran, aber wie sehr sich das Vieh auch anstrengte, es kam einfach nicht weiter. Gut so!
»Solltest du einen Plan B haben, wäre es langsam an der Zeit, ihn mir mitzuteilen«, sagte ich nervös.
»Ich habe immer einen Plan B«, lautete die beruhigende Antwort. »Ich schwimme nach links und verlasse den Felsvorsprung. Wenn der Hai mich sieht, wird er mir garantiert folgen. Sobald ich kann, schieße ich auf ihn. Der Schädel ist sehr dünn. Ein Schuss und er ist tot.«
»Warum erst dann? Erschieß ihn jetzt!«
»Bei dem ganzen Sand, den das Vieh aufwirbelt, kann ich nicht zielen. Ich will ihn nicht verfehlen.«
Er hatte recht. Die wütenden Bewegungen des Quigs hatten einen
richtigen Sandwirbel verursacht, und man sah kaum noch, welches Ende der Bestie sich wo befand.
»Sobald er mir folgt, schwimmst du, so schnell du kannst, nach draußen und geradewegs am Riff ent lang. Un gefähr hundert Meter vor dir siehst du eine Ankerkette, die dich zum Skimmer führt. Ich komme mit dem Wasserschlitten nach. Verstanden?«
»Nein, keineswegs«, entgegnete ich voller Panik. »Was ist, wenn du nicht triffst? Was ist, wenn die Harpune den Schädel verfehlt und du ihn bloß noch wütender machst? Ich will Plan C hö ren!«
»Es gibt aber nur Plan B.« Mit selbstsicherem Lächeln fügte er hinzu: »Ich treffe immer.«
»Onkel Press, ich …«
Er hörte nicht länger zu, sondern stieß sich vom Boden ab und glitt gefährlich dicht an dem Maul des Monsters vorbei. Dann schwamm er nach links und erreichte dank des Schlittens ein beachtliches Tempo. Der erste Teil des Plans klappte gut. Das Quig zog den Kopf zurück und folgte ihm.
Jetzt war ich dran. Der Hai war beschäftigt, und wenn ich wegwollte, dann jetzt. Ungünstigerweise war ich jedoch nicht in der Lage, mich zu bewegen. Panik hatte mich gepackt und zu Eis erstarren lassen. Der Gedanke, ins offene Meer hinauszuschwimmen, wo mich das Quig nach Belieben schnappen und auffressen konnte, lähmte mich völlig. Ich war total unfähig, auch nur einen Finger zu rühren.
Dann erspähte ich etwas. Der herumwirbelnde Sand legte sich allmählich, und ich sah unweit des Felsens einen Gegenstand auf dem Meeresboden. Es war der Wasserschlitten, den Onkel Press als Köder benutzt hatte! Das Vieh hatte ihn offenbar fallen lassen, als es die Verfolgung aufgenommen hatte. Hoffnung regte sich in mir. Wenn ich das Ding anwarf, würde ich vielleicht das Boot erreichen, bevor Sharky sei ne Zähne in mein Fleisch schlagen konnte. Das war die Lösung! Ich musste es einfach versuchen.
Meine Beine gehorchten mir wieder. Ich schwamm auf das Durcheinander aus Ran ken und Hosenfetzen zu, das den Schlitten umgab. Allerdings war das Obst verschwunden, das Quig hatte also doch ei nen Leckerbissen erwischt. Lei der gab es ein Problem: Der Schlitten funktionierte nicht, weil sich der Stoff der Hose fest um ihn herumgewickelt hatte und die Schlitze verstopfte. Es fehlte die Antriebskraft. Ich musste die verflixte Hose loswerden, sonst war das Ding nutzlos. Verzweifelt zerrte ich daran herum.
Während ich arbeitete, hielt ich Ausschau nach Onkel Press, konnte aber weder ihn
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