Pendragon - Der Anfang
halten können. Hastig riss ich mir die Maske vom Kopf und
atmete tief durch. Die Sonne schien warm, die Luft roch frisch und süß, und ich lebte noch.
»Du bist ein Freund von Press, richtig?«, fragte eine Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um und erblickte den schwarz ge kleideten jungen Mann. Er hatte ebenfalls die Maske abgenommen, und ich sah, dass er et was älter war als ich, mandel förmige Augen hatte und ein bisschen asiatisch wirkte. Seine Haut war sonnengebräunt, das Haar lang und schwarz. Außerdem besaß er das breiteste, freundlichste Grinsen, das ich je gesehen hatte.
»Er sagte, er würde Besuch mitbringen«, fuhr der Fremde vergnügt fort. »Tut mir leid, dass der Empfang etwas un freundlich ausgefallen ist. Diese Haie können manchmal richtig lästig sein. Man wird aber leicht mit ihnen fertig. Du musst nur ihre empfindlichen Stellen kennen.«
»Wer bist du?«, war alles, was mir einfiel.
»Spader. Vo Spader. Freut mich, dich kennenzulernen.«
»Ich bin Bobby Pendragon. Du hast mir das Leben gerettet.« Ich war nicht sicher, was ich sonst noch sagen sollte, außer: »Danke.«
»Keine Ursache. Ich habe noch nie gesehen, dass ein Schlitten irgendwen so mitgeschleift hat. Das war ein richtiger Tum-Tigger.«
»Klar, ein Tum-Tigger«, stimmte ich zu. Was auch immer das bedeutete.
»Hat uns weit vom Kurs abgebracht«, meinte er und sah sich um.
Ich blickte auch in die Runde, und schon klopfte mein Herz wie wild, denn ich sah … nichts. Jede Menge Wasser, aber das war auch schon alles. Wir trieben in mitten ei nes Oze ans ohne das kleinste bisschen Land in Sicht.
FÜNFTES JOURNAL (FORTSETZUNG)
CLORAL
Wollt ihr wis sen, was Hilflosigkeit ist? Hilflosigkeit ist, wenn zwei Menschen wie Korken auf den Wellen eines endlosen Ozeans treiben. Und ge nau das ta ten wir. Ein schnel ler Rundblick zeigte weder Land noch Boot noch Rettung in irgendeiner Form.
»Schöner Tag, nicht wahr?«, fragte Spader.
Schöner Tag? Wir trieben hilflos im Ozean, und er redete vom Wetter? Entweder war der Kerl der geborene Optimist oder total verrückt. Wie auch immer, langsam machte er mich nervös.
Auf einmal berührte etwas meinen Fuß.
Ich schrie auf. Das Quig war wieder da. Oder sein Bru der. Oder zwei Brüder. Und beide waren hinter mir her und …
Rechts von mir stiegen Luftblasen auf, und kurze Zeit später kam ein Kopf zum Vorschein. Onkel Press’ Kopf. Mein On kel riss sich die Maske ab und grinste mich an.
»Hattest du eine gute Reise, Bobby?«, erkundigte er sich. »Plan B hätte eigentlich etwas anders verlaufen sollen.«
»Glaubst du etwa, ich habe mich mit Absicht hinter den Schlitten gehängt?«, rief ich aufgebracht.
»Reg dich nicht auf. Ich hab doch nur Spaß gemacht.«
»Übrigens dachte ich, du triffst immer.«
Ich konnte mir die spitze Bemerkung nicht verkneifen. Natürlich
war es meine Schuld, dass er das Quig verfehlt hatte, aber trotzdem: Er hatte behauptet, nie danebenzuschießen.
»Wie gut, dass Spader in der Nähe war«, sagte er gelassen.
»Hallo, Press!«, rief Spader. »Schön, dich wiederzusehen.«
»Ich freue mich auch«, antwortete Onkel Press. »Was für ein Glück, dass du in der Gegend warst.«
»Wollte fischen und hab deinen Skimmer vor Anker liegen sehen«, erklärte Spader. »Ehrlich gesagt war ich ziemlich überrascht, denn du weißt doch, dass hier Haie lauern.«
»Ach nein«, mischte ich mich ein. »Vielleicht sollten wir endlich von hier verschwinden.«
»Genau!«, rief Spader. »Es wäre ganz schön dämlich, auf den nächsten Hai zu warten.«
Er sah auf seine große schwarze Taucheruhr. Wahrscheinlich war es eine Art Kompass, weil Spader sich umdrehte, noch einmal auf die Uhr sah und verkündete: »Auf geht’s.«
Dann stülpte er sich die Kopfmaske über, platzierte den Wasserschlitten vor sich und schoss davon.
Ich blickte zu Onkel Press hinüber, denn ich hielt den Jungen für verrückt. Weit und breit war nichts zu sehen außer Wasser. Wo wollte er hin?
»Ich liebe den Kerl«, sagte Onkel Press.
»Wohin will er? Wir treiben mitten im Meer.«
Onkel Press setzte die Mas ke auf und schwamm dicht neben mich. »Er bringt uns zum Boot. Wie geht es dir?«
»Ich kom me mir vor, als hätte man mich auf eine mittelalterliche Streckbank gebunden und mit ei ner Keu le verprügelt. Ansonsten geht es mir gut. Aber ich fürch te, ich kann nicht mehr schwimmen.«
»Musst du auch nicht. Setz die Maske auf und halte dich an meinem Gürtel fest.«
Ich
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