Pendragon - Der Anfang
vielleicht auch, wo Bobby steckte.
Ein anderer Gedanke spukte in Marks Hinterkopf herum, den er aber ungern mit Courtney teilen wollte. Im Augenblick jedenfalls nicht. Er hing mit dem Ring zusammen und der Tatsache, dass Bobby ihm diese Seiten geschickt hatte. Die Frage, die sich Mark fortwährend stellte, lautete: »Warum?« Wenn alles stimmte, was Bobby schrieb, und er wirklich ein unglaubliches Abenteuer erlebte, warum nahm er sich dann die Zeit und schrieb alles auf? Natürlich waren sie die besten Freunde, und Bobby hatte geschrieben, er hoffe, der Bericht werde eines Tages beweisen, dass er die Wahrheit sagte. Das allein reichte aber nicht aus. Mark glaubte, es gab noch einen wichtigeren Grund dafür, warum er alles erfuhr, was Bobby erlebte.
Im Moment war er zufrieden, sich auf die Suche nach dem Sinn und Zweck der ganzen Angelegenheit zu begeben. Es war logisch, bei Bobbys Eltern anzufangen und sie zu fragen, was mit dem Haus passiert war. Also wandte Mark dem Grundstück den Rücken zu und lief los, um Courtney einzuholen. Beide waren sicher, bald Antworten auf ihre Fragen zu bekommen, Bobby zu finden und am nächsten Tag wie gewohnt zur Schule zu gehen, nachdem das Rätsel gelöst war.
Mehr hätten sie sich kaum irren können.
Zuerst gingen sie zu Marks Haus, denn sie nahmen an, es würde einfacher sein, Bobbys Eltern per Telefon aufzustöbern, als auf ihren Fahrrädern oder mit dem Bus die Stadt zu durchstreifen. Mark lebte in einer Straße, die ungefähr anderthalb Kilometer von Bobbys Haus entfernt lag. Besser gesagt von dem Platz, an dem Bobbys Haus einmal gestanden hatte. Natürlich hatte Mark,
als er an diesem Morgen zur Schule ging, noch nicht geahnt, dass die tolle Courtney Chetwynde nachmittags in seinem Zimmer auftauchen würde. Die Chancen, so etwas zu erleben, standen etwa so hoch wie die, dass sein bester Freund quer durchs Universum katapultiert wurde.
»Warte hier«, befahl Mark, rannte in sein Zimmer und knallte Courtney die Tür vor der Nase zu. Sie verdrehte die Augen, respektierte aber seine Privatsphäre.
Mark warf einen Blick in sein Zimmer und wäre am liebsten ohnmächtig geworden. Er war unsicher, was am peinlichsten war: die schmutzigen Unterhosen und Socken, die überall herumlagen, die Poster der Cartoon-Superhelden, die immer noch an den Wänden hingen, oder der faulige Gestank, der über der ganzen Unordnung lag. Mark übertraf sich selbst. Er riss das Fenster auf, sammelte die peinlichen Boxershorts vom Boden auf und stopfte sie hinter das Kopfkissen des ungemachten Bettes.
Dann öffnete sich die Tür, und Courtney stürmte ins Zimmer.
»Hör mal, ich habe zwei ältere Brüder. Es ist unmöglich, mich zu schock…« Sie sah sich um und hielt abrupt inne. Mark stand wie erstarrt und hielt einen Haufen grauer Socken in der Hand, die in einem früheren Leben weiß gewesen waren. Courtney sog prüfend die Luft ein und unterdrückte ein Würgen. »Ich habe mich geirrt. Ich bin total geschockt«, brachte sie heraus. »Ist hier jemand gestorben?«
»T…t…tut mir leid«, stammelte Mark. »Ich muss öfter mal … lüften.«
»Du musst die Bude ausräuchern. Öffne sofort das andere Fenster, ehe ich das Bewusstsein verliere.« Sie würgte angewidert.
Mark schleuderte die Socken aus dem einen Fenster und riss das andere auf. Courtney musterte zwei Poster, die nebeneinander an der Wand hingen. Auf dem ersten war ein quietschbunter Cartoon-Actionheld abgebildet, auf dem zweiten eine Traumfrau,
die in einem Stringtanga mit Leopardenmuster an einem tropischen Strand lag.
Courtney bemerkte: »Sieht so aus, als kämpft bei dir der Kindergarten mit der Pubertät.«
Mark baute sich vor den Postern auf. »Können wir uns b-b-bitte um die wichtigen Probleme kümmern?«, fragte er unwirsch.
Courtney begriff. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um Mark zu ärgern. Sie setzte sich an seinen Schreibtisch, während er hastig das Modell einer F-117 wegräumte, an dem er zurzeit bastelte.
»Telefonbuch«, sagte sie. Jetzt war ernsthafte Arbeit angesagt.
Mark ging zum Schrank, um danach zu suchen. Courtney fand einen Notizblock und öffnete auf der Suche nach einem Stift eine Schreibtischschublade. Ein großer Fehler.
»Nun, ein Rätsel habe ich gelöst«, verkündete sie.
»Welches?«, fragte er hoffnungsvoll.
Courtney griff in die Schublade und zog einen eklig aussehenden, schmierigen gelben Klumpen hervor.
»Ich weiß jetzt, warum dein Zimmer wie ein alter Schuh stinkt«,
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