Pendragon - Der Anfang
sagte sie und hielt den verschimmelten Käse mit spitzen Fingern in die Höhe, als wäre er verseucht. Was er sicher auch war. Schnell nahm Mark ihn entgegen.
»Hey, danach habe ich schon lange gesucht«, murmelte er.
Wieder verdrehte sie die Augen und griff nach dem Telefonbuch. Der Plan war, Bobbys Eltern am Arbeitsplatz anzurufen. Mr. Pendragon war Journalist bei der örtlichen Tageszeitung, seine Frau Bibliothekarin in der Stadtbücherei. Courtney fand beide Telefonnummern und rief an. Leider erhielt sie jedes Mal die gleiche beunruhigende Auskunft. Keiner der Pendragons war zur Arbeit erschienen oder hatte sich krankgemeldet. Das war nicht gut. Anschließend telefonierte sie mit der Glenville Schule, wo Bobbys Schwester Shannon in die dritte Klasse ging. Wieder erhielt
sie die gleiche Antwort. Shannon war nicht zum Unterricht erschienen. Nach diesem Anruf legte Courtney den Hörer nachdenklich wieder auf und sah Mark an.
»Sie sind alle verschwunden«, sagte sie ernst.
Hastig griff Mark nach dem Hörer und wählte eine Nummer.
»Wen rufst du an?«, erkundigte sich Courtney.
»Ich habe Bobbys Nummer gewählt.« Mark vernahm eine Tonbandstimme, die sagte: »Kein Anschluss unter dieser Nummer.« Wütend knallte er den Hörer auf die Gabel.
»Das ist unmöglich!«, rief er. »Ich habe ihn gestern noch angerufen. Eine ganze Familie kann doch nicht einfach verschwinden!«
Courtney hatte einen Geistesblitz und blätterte im Telefonbuch. Sie fand den Buchstaben »P« und suchte nach »Pendragon«. Sie las, las noch einmal, dann ein drittes Mal und sagte schließlich: »Sie stehen nicht drin. Der Name ist nicht mehr da.«
Mark riss ihr das Buch aus der Hand und überzeugte sich davon, dass sie recht hatte; es gab keinen Eintrag »Pendragon«.
»Haben sie eine Geheimnummer?«, fragte sie.
»Nein«, antwortete er bestürzt. Mark war völlig verunsichert. »Weißt du was? Vor ungefähr einem Jahr haben Bobby und ich in genau diesem Telefonbuch nach seiner Nummer gesucht. Wir alberten herum, und neben den Namen Pendragon schrieb ich ›… ist doof‹. Ich weiß, ganz schön kindisch, aber ich hab’s getan. Und jetzt … ist es weg. Nicht ausradiert, nicht ausgeschnitten, einfach … weg, als hätte es nie dort gestanden!«
Allmählich wurde das Ganze unheimlich. Eine ganze Familie verschwand. Ihnen blieb nur eines übrig: Sie mussten zur Polizei gehen. So etwas erledigte man nicht per Telefon, und so gingen die beiden zum Polizeirevier von Stony Brook.
Stony Brook war eine Kleinstadt in Connecticut, in der nicht gerade viele Verbrechen geschahen. Hin und wieder las man von einem Einbruch oder einer Schlägerei, aber die meiste Zeit verbrachten die
Beamten damit, Strafzettel für Verkehrsdelikte auszustellen und die Einwohner zu ermahnen, den Kot ihrer Hunde zu beseitigen.
Als Courtney und Mark die Wache betraten, waren sie nicht sicher, was sie sagen sollten. Sie beschlossen, sich an die offenkundigen Tatsachen zu halten. Bobby und seine Familie waren nirgendwo zu finden, und das Haus stand nicht mehr am gewohnten Ort. Wenn sie von dem Ring, den Pergamenten und der wilden Geschichte erzählten, die anscheinend von Bobby stammte, wäre das wohl zu viel gewesen. Sie wandten sich an einen Polizisten namens Sergeant D’Angelo, der hinter dem Tresen stand. Courtney übernahm die Rolle der Sprecherin, denn Mark war viel zu nervös. Sie erklärte, dass Bobby gestern Abend nicht zum Spiel und heute nicht in der Schule erschienen war. Dann berichtete sie, wie sie mit Mark zum Haus der Pendragons gegangen war, dass es verschwunden war und sie auch keines der übrigen Familienmitglieder ausfindig gemacht hatten. Sergeant D’Angelo hörte zu und machte sich Notizen auf einem Formular. Courtney hatte das sichere Gefühl, dass er ihr kein Wort glaubte, aber er musste sie anhören, denn das war schließlich sein Job. Als er das Formular ausgefüllt hatte, drehte er sich um und ging zu seinem Computer hinüber. Er tippte auf der Tastatur herum, schaute auf den Bildschirm und warf Mark und Courtney vereinzelte Blicke zu. War er wütend? Endlich erhob er sich und kam zum Empfangstisch zurück.
»Hört mal«, sagte er mit gerunzelter Stirn. »Ich weiß nicht, was das Ganze soll, aber ihr verschwendet meine Zeit und das Geld der Steuerzahler.«
Mark und Courtney sahen ihn entgeistert an.
»Wie meinen Sie das?«, fragte Courtney. »Haben Sie nicht verstanden? Eine ganze Familie wird vermisst. Sollte sich die Polizei nicht um
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