Pendragon - Der Anfang
zu bleiben. »Ich hätte alles getan, um sie zu retten. Aber du … Ich verstehe nicht, wieso du nur an dich denkst, wenn dein Onkel dem Tod ins Auge sieht.«
Die Worte trafen mich hart. Sie hatte recht. Onkel Press steckte in Schwierigkeiten. Das wusste ich, seit wir vom Schlitten gefallen waren. Trotzdem plante ich meine Flucht, ohne auch nur den Versuch zu starten, ihm zu helfen. Ich hatte mir so viele Sorgen um meine eigene Rettung gemacht, dass ich keine Sekunde lang an ihn gedacht hatte. Loor hatte recht, und ich schämte mich fürchterlich.
»Deshalb bist du hier fehl am Platz, Pendragon«, meinte sie bestimmt. »Die Milago müssen an einen Anführer glauben. Du bist der Falsche.« Sie wandte sich zum Gehen, aber ehe sie den Raum verließ, fügte sie noch hinzu: »Wenn du ein wenig geschlafen hast, bringe ich dich zurück. Du kannst das Leben, das du so schmerzlich vermisst, wieder aufnehmen und alles, was hier geschah, vergessen. Nach einer Weile hast du sicher auch Press vergessen.« Dann ging sie fort.
Gerade hatte ich etwas Neues über mich erfahren, und es gefiel mir gar nicht. War ich wirklich so egoistisch? Loor hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Klar, ich mochte Onkel Press sehr gern, hatte mir aber eingeredet, ich könnte ihm nicht helfen. Stimmte das? Oder war es nur der einfachste Weg, um es nicht versuchen zu müssen? Hatte ich überhaupt richtig darüber nachgedacht? In den folgenden Stunden stellte ich mir viele Fragen. Die Ereignisse der letzten Tage liefen wie ein Film immer wieder in meinem Kopf ab. Das Bild des Milago, der kaltblütig umgebracht wurde, weil nicht genügend Glaze vorhanden war, verfolgte mich.
Wieder und wieder sah ich Osa vor mir, die um ihr Leben kämpfte und in einem Pfeilhagel starb. Ich dachte an Loors Gesichtsausdruck,
die ihrer Mutter nicht helfen durfte und stattdessen mich beschützt hatte.
Doch am meisten dachte ich an Onkel Press. Ich rief mir die ersten Erinnerungen an ihn ins Gedächtnis zurück. Er war immer für mich da gewesen. Wie schrecklich, dass unsere letzte Begegnung damit endete, dass ihn Kagans Ritter fortschleppten. Das war nicht richtig. So sollte es nicht enden. Und darum brauche ich deine Hilfe, Mark.
Wenn ich dieses Journal beendet habe, schreibe ich ein paar Anweisungen auf ein separates Blatt Pergament. Dann kannst du es immer bei dir tragen. Meine Tagebücher solltest du an einem sicheren Ort verwahren. Es ist wichtig, dass ich alles aufschreibe, was ich erlebe. Falls ich nie mehr zurückkomme, sind diese Seiten der einzige Beweis für das, was mir zugestoßen ist. Behandele sie, als wären sie aus reinem Gold, Kumpel.
Ich weiß nicht, ob es fair ist, dich darum zu bitten. Allmählich glaube ich, ich verdiene es nicht. Wenn du mir nicht helfen kannst, verstehe ich das. Kein Problem. Trotzdem tue ich, was ich tun muss. Ich weiß nicht einmal, ob mir das, worum ich dich bitte, irgendwie hilft. Vielleicht lässt sich etwas improvisieren. Vieles hängt von Loor ab. Vermutlich gibt sie mir keine Chance, und ohne ihre Hilfe sieht es mies für mich aus. Ach, weißt du, eigentlich ist es egal. So oder so, mit oder ohne Loor, ich habe mich entschieden.
Morgen suche ich Onkel Press.
(ENDE DES ZWEITEN JOURNALS)
Zweite Erde
C ourtney hatte Bobbys unglaubliches zweites Journal zu Ende gelesen und legte es auf den Tisch. Mark war ein paar Minuten schneller gewesen und starrte schon auf die Extraseite, die Bobby seinem letzten Bericht beigefügt hatte. Es dauerte einige Zeit, bis Courtney etwas sagte. Das, was Bobby ihnen auf diesen Blättern mitteilte, wurde mit jedem neuen Satz unbegreiflicher, und sie musste erst einmal darüber nachdenken. Endlich schaute sie Mark an und sagte: »Was sollst du für ihn tun?«
Mark stand auf und ging im Hobbykeller von Courtneys Vater auf und ab. Bobbys Bitte war einfach zu erfüllen, aber trotzdem gefährlich.
»Es ist eine Liste«, erklärte er. »Er will, dass ich ein paar Sachen zusammensuche und ihm schicke.«
Courtney riss das Blatt an sich und wollte es durchlesen. »Ihm schicken?«, wiederholte sie. »Wie denn?«
Mark nahm das Pergament wieder an sich. »D…d…das ist eben das Gefährliche«, stammelte er nervös. »Er hat genaue Anweisungen gegeben. Zuerst soll ich versuchen, den Ring so zu benutzen, wie Osa es gemacht hat. Wenn das nicht funktioniert, was sicher der Fall sein wird, da ich kein Reisender bin, soll ich das Tor zum Flume in der U-Bahn-Station suchen.«
»Redest du von dem
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