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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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und warten, bis er satt sei, bevor sie selbst einen Bissen essen dürfe.
    Delia fand das ungerecht. Abgesehen von dem
Kürbisbrei, der so ähnlich schmeckte wie Sägemehl, hatte sie seit Tagen nichts
gegessen. Und nun sollte sie hier sitzen und zusehen, wie sich Tyl den Bauch
vollstopfen würde? Wahrscheinlich lief ihr dann wie einem halbverhungerten Hund
der Speichel aus dem Mund, und das wäre für ihn mit seinen »kultivierten
Manieren« bestimmt wieder ein Grund, sie wie schon einmal als »Schwein« zu
bezeichnen.
    Als die Frauen gegangen waren, nahm sie sich deshalb soviel von
dem Essen, um den schlimmsten Hunger zu stillen. Dann gab es jedoch nichts
mehr, um ihre Ungeduld erträglicher zu machen. Je länger sie warten mußte,
desto zorniger wurden ihre Gedanken.
    Nachdem man sie wie eine Kuh am Strick
hundert Meilen durch die Wildnis gezerrt hatte, nachdem man sie gezwungen
hatte, nackt zwischen einem Spalier schreiender Indianer hindurchzulaufen, und
nachdem zwei Männer um sie gekämpft hatten wie knurrende Hunde um einen Knochen,
kam sie sich wie ein Topf Wasser vor, der auf kleiner Flamme brennt. Das heißt,
es dauert lange, bis das Wasser kocht, aber trotzdem wird es heißer und heißer.
Sie hatte schon ein paar treffende Ausdrücke parat, um sie Dr. med. Tyler W.
Savitch an den Kopf zu werfen. Aber wie sie ihn kannte, würde er natürlich
keine Lust auf eine Unterhaltung haben, wenn er spät in der Nacht endlich
geruhen würde, hier aufzutauchen. Diesmal, so schwor sich Delia,
wollte sie sich von seiner charmanten und unwiderstehlichen Art nicht
beeindrucken lassen.
    Gewiß, nach Nats Tod konnten sie und Tyl heiraten. Aber wie sollte
sie sicher sein, daß er sie überhaupt fragen würde, ob sie seine Frau werden
wollte? Es war noch nicht lange her, daß er die Vorstellung, jemanden wie sie
zu heiraten, weit von sich gewiesen hatte. Dabei hatte sie in den letzten
Monaten alles daran gesetzt, das Stigma ihrer Vergangenheit loszuwerden.
Inzwischen war sie eine ehrbare Frau, beinahe sogar eine Dame. Sie
würde das alles nicht wegen einer leidenschaftlichen Liebesnacht aufs Spiel
setzen. Daß er diesen schrecklichen, albernen Kampf gewonnen hatte, gab ihm
noch lange kein Recht, sie wie eine Kriegsbeute für sich zu beanspruchen.
    Sie ging im Wigwam auf und ab und schlug mit
der geballten Rechten in die Handfläche der linken Hand, um ihren Gedanken
Nachdruck zu verleihen. Jawohl, sie hatte es, verdammt noch mal, satt, wie ein
Stück Vieh behandelt zu werden, das man sich nehmen, oder das man gewinnen oder besitzen konnte. Diesmal würde sie Tyl dazu zwingen, wie es
sich gehörte, respektvoll um sie zu werben. Daß er sich schließlich zu dem
Geständnis aufgerafft hatte, sie zu lieben, hieß nicht, daß sie jetzt in seine
Arme sank oder auf dieses Lager ...
      »Meine Frau hat er gesagt. Ha! Er wird bald
feststellen, daß er sich das Recht verdienen muß, mich so zu nennen!«
stieß sie wütend hervor. »Er wird sehr schnell lernen, daß ...«
    »Mit wem schimpfst du denn diesmal?«
    Als sie seine spöttische Frage hörte, schlug
Delia das Herz bis zum Hals. Sie drehte sich schnell um. Das Licht der
Kiefernfackeln vor der offenen Zeltklappe warf einen langen Schatten, und sie
konnte sein Gesicht nicht sehen. Aber sie hatte den vertrauten Spott in seiner
Stimme ebenso gehört wie seine Liebe.
    Sie standen sich wortlos gegenüber. Dann ließ
er die Lederklappe fallen und schloß die nächtlichen Geräusche und das
Fackellicht aus.
    »Tyl!« rief Delia überwältigt, warf sich in seine Arme und
bedeckte sein Gesicht mit Küssen.
    Er hielt ihren Kopf zwischen seinen Händen, damit auch er sie
küssen konnte. Aber sie waren beide nicht auf die Wirkung der ersten Berührung
ihrer Lippen vorbereitet. Das war wie Feuer auf Schießpulver, wie Wasser auf
ausgetrockneten Kehlen oder wie die Sommersonne, die im Osten ganz plötzlich
schnell und heiß am Himmel aufsteigt.
    Es war wie die Erfüllung ihrer Träume und Sehnsüchte, ihrer Liebe
und Leidenschaft.
    Sie versuchten, sich gegenseitig zu
verschlingen. Sie griff wie eine Ertrinkende nach seinen Haaren und zog seinen
Kopf tiefer, damit sie ihn besser küssen konnte, als wollte sie durch die Wärme
ihrer Lippen mit seinen verschmelzen. Sie bekamen beide keine Luft mehr, aber
sie wollten diesen Kuß nicht enden lassen. Schließlich löste er seinen Mund
von ihrem und drückte sein Gesicht an ihren Hals.
    Sein heißer Atem ging stoßweise, und er keuchte. Ihre

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