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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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von den armseligen Lumpen, die sie am Leib trug.
    Aus der Nähe bemerkte Tyler jedoch, daß sie
gründlich gewaschen und ordentlich frisiert war. Das verwahrloste Mädchen
hatte sich zu seiner Überraschung in eine hübsche junge Frau verwandelt. Ihre
helle Haut duftete frisch, die Wangen waren rosig angehaucht, und ihre wohl
geformten Lippen wirkten sehr verführerisch. Die üppigen dunklen Locken, die
unter dem Hut hervorquollen, schimmerten verspielt und schienen überhaupt nicht
zu einem Mädchen aus so ärmlichen Verhältnissen zu passen.
    Delia seufzte noch einmal und schob sich eine Locke aus der Stirn.
»Dieser verfluchte Portier. So wie der sich benimmt, könnte man glauben, das
hier sei ein Schloß der Königin von England.« Sie schwieg und sah ihr Gegenüber
aufmerksam an, dann lächelte sie plötzlich strahlend und sagte mit dieser
ungewöhnlich rauhen Stimme: »Guten Morgen!«
    Tyl erwiderte nichts. Er leerte seinen Bierkrug und stellte ihn
mit Nachdruck auf den Tisch. Sein Blick richtete sich unwillkürlich auf das
viel zu knappe Mieder. Nicht nur ihre sinnliche Stimme hatte ihn in der Nacht
nicht schlafen lassen.
    Sein eindeutig erotisches Interesse an diesem Mädchen aus dem
Hafenviertel beunruhigte ihn. Sie war schließlich seine Patientin. Diese
Gefühle waren unprofessionell und für ihn ungewöhnlich. Wie stolz war er
bislang auf seine Selbstbeherrschung gewesen! Er konnte sich das alles nur
damit erklären, daß er am Abend zuvor halb betrunken und enttäuscht über die
unterbrochene Liebesnacht ins Bett gesunken war. Und daran war nur dieses
seltsame Mädchen schuld, das ihm jetzt gegenübersaß.
    Er sah sie finster und mit zusammengekniffenen
Augen an. »Sie scheinen schlechte Laune zu haben«, meinte Delia unbekümmert.
    »Ein Mann von Geschmack und Kultur, wie ich es bin«, brummte er,
»sollte sich nie darauf einlassen, Rum zu trinken, der mit Arrack, Tee und
Zitronensaft gepantscht ist.«
    »Wie?«
    »Ich habe gestern auf dem Fest des Gouverneurs zuviel von diesem
schrecklichen Punch getrunken. Mein Kopf scheint zu platzen, und du krakeelst
hier herum, als würde die Welt untergehen.«
    »Sie haben sich gestern betrunken?« Delia blickte hungrig auf den
Stockfisch, und Tyl dachte: Wenn sie ein Hund wäre, würde sie jetzt knurren. »Das ist erstaunlich! Man hat
Ihnen nämlich nichts angemerkt. Meinem Vater sehe ich es immer schon von weitem
an, wenn er einen über den Durst getrunken hat. Essen Sie das nicht?«
    Tyl schob ihr Teller und Löffel über den Tisch. »Bitte, bedien
dich. Was machen deine Rippen?«
    Sie lächelte ihn an. »Sie haben heilende Hände, Doktor! Ich habe
kaum noch Schmerzen.«
    Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und schob sich einen Löffel
voll Fisch in den Mund. Sie kaute nur flüchtig, schluckte und nahm sofort den
nächsten Bissen. Die Sauce rann ihr über das Kinn, und sie wischte sie mit dem
Handrücken ab.
    »Sie waren gestern also wirklich betrunken? Kaum zu glauben!«
sagte sie mit halbvollem Mund und lachte. Tyls Magen begann zu revoltieren.
    »Du meine Güte, sprich nicht mit vollem Mund und kau wenigstens
das Zeug richtig, bevor du schluckst«, meinte er angewidert.
    Ihr Lächeln gefror. Sie preßte die Lippen zusammen. Flammende
Röte überzog ihr Gesicht, und sie schluckte. Sie schluckte so heftig, daß er
den letzten Bissen in ihrem Hals zu sehen glaubte. Der Löffel, den sie
umklammerte, zitterte leicht.
    Dann hob sie das Kinn. Sie nahm sich langsam mit dem Löffel ein
winziges Stück Fisch und führte den Löffel ebenso langsam zum Mund. Sie öffnete die Lippen kaum und aß den winzigen Bissen vorsichtig
vom Löffel. Sie kaute langsam, ganz langsam und hielt dabei die Augen
unverwandt auf ihn gerichtet. Es wurde plötzlich sehr still im Raum.
    Um Himmels willen, dachte Tyl, und ein Schauer lief ihm über den
Rücken. Was habe ich getan? Er trommelte unruhig mit den Fingern auf dem Tisch.
Habe ich mich wirklich dazu bereit erklärt, diese Wilde mit nach Merrymeeting
zu nehmen, damit sie Nats Frau wird und sich um die zwei mutterlosen Kinder
kümmert?
    Der ehrliche und einfache Nathaniel Parker
las am Sabbat den Psalm für die Gemeinde. Er hatte Tyl einmal verlegen
gestanden, daß er im biblischen Sinn nur eine einzige Frau gekannt hatte. Und
mit dieser Frau war er zehn Jahre verheiratet gewesen. Jetzt war Nat seit zwei
Monaten Witwer. Tyl versuchte, sich Nat mit diesem Mädchen vorzustellen, und er
schüttelte langsam den Kopf.
    Er unterdrückte

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