Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
Vom Netzwerk:
einen Seufzer und fragte vorsichtig: »Sag mal, die
Kneipe, in der du arbeitest ...«
    »Der Goldene Löwe.« Sie verzog verächtlich den Mund. »Ich arbeite
nicht mehr dort. Die Wirtin hat mich hinausgeworfen, weil ich dem alten Jake
Steerborn ein Glas Rum über den Kopf geschüttet und ihm mit dem Tablett eins
auf die Nase gegeben habe, damit er seine dreckigen Finger von mir läßt.« Sie
lachte plötzlich laut auf. Dabei tropfte die Buttersauce vom Löffel auf den
Tisch. Tyl verdrehte die Augen.
    »Mein Gott, Delia,« murmelte er. »Du benimmst dich wie ein
Schwein!«
    »Verzeihung, Verzeihung!« fauchte sie, aber seine Worte hatten sie
gekränkt. Sie ließ den Löffel klirrend auf den Teller fallen und starrte wütend
auf den Boden.
    Tyl bedauerte seine Bemerkung sofort. »Es tut mir leid.« Begütigend
griff er über den Tisch und berührte ihre Hand. Sie wirkte auf dem schweren
dunklen Holz der Tischplatte zierlich und zart, und Tyl erkannte plötzlich, wie
verletzlich und empfindlich Delia im Grunde war.
    Du liebe Zeit, dachte er betroffen, was bin ich nur für ein arroganter
Esel, sie ist halb verhungert, und ich rege mich über ihre Tischmanieren auf
...
    »Wann hast du das letzte Mal etwas Richtiges gegessen?« fragte er
teilnahmsvoll.
    Sie zuckte die Schultern. »Gestern ... ein Stück Brot mit etwas
kaltem Schweinefleisch.«
    Er nickte und sagte mit einem Blick auf den Teller: »Du kannst das
alles essen. Möchtest du vielleicht noch etwas haben?«
    Sie schob den Teller über den Tisch. »Nein danke, ich bin satt.«
    Nein danke, ich bin satt!
    Es klang, als habe sie diesen Satz stundenlang vor dem Spiegel
geübt und auf eine Gelegenheit gehofft, ihn eines Tages anwenden zu können. Tyl
dachte an ihr Kinn, das sie bei der geringsten Herausforderung selbstbewußt
hob. Ihr Stolz amüsierte und rührte ihn.
    Ja, das Mädchen besaß Stolz und eine
natürliche Würde trotz der armseligen Kleidung und der schlechten Manieren. Im
Grunde hatten ihn gerade Delias Stolz und Würde dazu bewogen, sie im Gegensatz
zu allen anderen Frauen, die sich bei ihm auf die Anzeige hin gemeldet hatten,
in Betracht zu ziehen. Es waren Huren und verwahrloste Frauen gewesen, die sich
als Lohn für die harte Arbeit auf der Farm und als Sklavin im Bett eines Mannes
warme Mahlzeiten und ein Dach über den Kopf erhofft hatten. Delias Stolz und
später der Anblick der schrecklichen Prellungen hatten Tyl davon überzeugt, daß
seine Entscheidung richtig war. Wenn er das Mädchen mit nach Merrymeeting nahm,
würde er sie wenigstens vor den Schlägen ihres betrunkenen Vaters retten.
    Tyl stellte plötzlich fest, daß sie etwas gesagt hatte, und fragte
nach: »Wie bitte?«
    »Ich habe gefragt, wie das Fest des Gouverneurs gewesen ist.
Bestimmt haben Sie getanzt, Karten gespielt und ...« Sie seufzte, und Tyl fiel
plötzlich auf, daß sie schöne Augen hatte – leuchtend goldbraune Augen mit
winzigen grünen Punkten in den Pupillen. Sie strahlten ihn an. »Ach, was würde
ich dafür geben, auch auf diesem Fest gewesen zu sein.«
    o Tyl stellte sich Delia McQuaid auf dem Fest des Gouverneurs vor
und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    Sie blinzelte, und das Leuchten verschwand aus ihren Augen. Sie
wurde ernst und traurig. Tyl vermochte ihrem Blick nicht auszuweichen. Sie sah
ihm direkt in die Augen, bis ihm unbehaglich wurde. Plötzlich fuhr sie fort:
»Sie können wirklich nett lächeln, Doktor Savitch. Mir gefällt Ihr Lächeln.«
    Tyl murmelte verlegen: »Danke ...«
    »Und Sie sind ein guter Liebhaber. Ich glaube, im Bett haben Sie
etwas los!«
    »Mein Gott!« Er wurde rot, und seine wachsende Verlegenheit machte
ihn wütend. »Delia, ich weiß, daß du keine Dame bist, und deshalb kann ich kaum
von dir erwarten, daß du dich wie eine Dame benimmst. Trotzdem bestehe ich
darauf, daß du in meiner Gegenwart die Grundregeln des Anstands wahrst.«
    Sie wurde über und über rot, aber sie hob trotzig das Kinn, und
Tyl machte sich auf den nächsten Angriff gefaßt.
    Sie ließ den Kopf sinken, ballte die Hände im
Schoß und starrte auf den Boden. »Tyl, es tut mir leid. Ich hätte das nicht
sagen dürfen. Bitte vergessen Sie alles. Aber wenn es mich packt, dann bleiben
alle meine guten Vorsätze auf der Strecke, und ich gerate immer wieder in
Schwierigkeiten.« Sie sah ihn ängstlich an. »Werden Sie es sich jetzt anders
überlegen und mich nicht mitnehmen?«
    »Sei doch nicht albern«, erwiderte er ungeduldig und stand

Weitere Kostenlose Bücher