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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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allein miteinander zu
sprechen.
    Delia brach das Schweigen und sagte: »Ich habe mich auf die
Anzeige gemeldet, in der Sie eine Frau suchen.«
    Nat nickte und räusperte sich. »Es ist sehr gütig von Ihnen, daß
Sie für meine Lage Verständnis haben.«
    »Nicht Ihre Lage hat mich dazu bewogen, Mr. Parker«, entgegnete
Delia, »sondern meine.«
    Nat blinzelte überrascht und hätte beinahe gelächelt, aber statt
dessen nickte er noch einmal nachdenklich. »Ja, dann sieht es ja ganz so aus, als seien wir zusammengekommen,
um uns gegenseitig zu retten.« Er blickte auf das etwa neunjährige Mädchen an
seiner rechten Hand. »Das ist meine Älteste. Sie heißt Margaret, aber wir
nennen sie Meg.«
    »Guten Tag, Meg.« Delia lächelte das Mädchen an, aber Meg hob das
kleine spitze Kinn und starrte finster geradeaus. Sie schien sich alle Mühe zu geben, auf Delia keinesfalls liebenswert zu wirken.
Delia reagierte verständnisvoll auf die Herausforderung und hatte die Kleine
auf der Stelle ins Herz geschlossen.
    In ihrem Alter war ich ganz genauso, dachte Delia. Ich war unbeholfen
und schlaksig, und die dunklen Zöpfe hingen mir ebenso schlaff um das magere
Gesicht.
    Meg war aus ihren Sachen herausgewachsen, und so sah man deutlich
die dünnen, zerkratzten und zerstochenen Beine unter dem Rock.
    Delia wußte genau, was Meg in diesem Augenblick dachte: Sie mag
mich nicht, und ich werde es ihr heimzahlen, weil ich sie auch nicht mag.
    »Das ist meine kleine Tildy«, sagte Nat voll Stolz. Tildy war in
der Tat ein bezauberndes Kind mit einem blonden Lockenköpfchen und Grübchen in
den rosaroten Wangen. Sie trug über ihrem Kleid ein Jäckchen mit zwei Bändern
am Rücken, die dazu da waren, dem Kind das Gehen lernen zu helfen.
    »Ich bin drei Jahre und ein halbes Jahr alt«,
erklärte Tildy.
    »Du meine Güte, bist du mit deinen drei Jahren schon groß!«
    »Drei Jahre und ein halbes!« verbesserte sie Tildy.
    Delia lachte. »Dreieinhalb!«
    Tildy hielt in der anderen Hand eine Strohpuppe, die sie Delia
entgegenstreckte.
    Delia kniete nieder und schüttelte der Puppe vorsichtig die winzige
Hand. »Und wer ist das?«
    »Das ist Gretchen«, rief Tildy stolz.
    »Guten Tag, Gretchen. Du bist ein wirklich
hübsches Fräulein.« Tildy lachte glücklich und sah ihren Vater an. »Gretchen
gefällt ihr.«
    »Ja, ihr gefällt Gretchen«, sagte Nat. Er sprach so förmlich und
ernst, daß Delia sich etwas unwohl fühlte.
    Tildy sah Delia mit ihren Pausbäckchen an und fragte: »Bist du unsere
neue Mama?«
    »Sie kann nicht unsere Mama sein!« erklärte Meg mit Nachdruck.
»Selbst wenn Papa sie heiratet, bedeutet es nicht, daß sie unsere Mama wird,
weil nämlich unsere richtige Mama tot ist!«
    »Meg ...«, Nat schüttelte ernst den Kopf,
aber ehe er seine Tochter tadeln konnte, sagte Delia: »Natürlich werde ich
eure Mama nicht ersetzen können.« Sie stand wieder auf und sah das kleine
Mädchen ernst an. »Ich werde die neue Frau eures Papas sein. Und das ist etwas
völlig anderes, nicht wahr?«
    Meg erwiderte nichts, sondern starrte Delia nur feindselig an. Sie
wird sich nicht so leicht umstimmen lassen, dachte Delia und mochte sie deshalb
noch viel mehr.
    »Sie werden zunächst bei den Bishops wohnen«, sagte Nat. »Ich
werde mich um alles kümmern.« Er sah sich auf dem Kai um. »Wo sind Ihre
Sachen?«
    Delia fiel ein, daß sie den Sack mit ihren Habseligkeiten an Bord
der Sagadahoc Maiden gelassen hatte. Vielleicht würde Tyl veranlassen,
daß man ihn ihr später brachte. Wenn nicht, wäre es nicht weiter schlimm, denn
die paar Lumpen halfen ihr auch nicht viel weiter. Da war natürlich auch noch
die Stute, die er für sie gekauft hatte. Aber das Pferd gehörte ihm, und sie
würde es sich unter keinen Umständen von ihm schenken lassen.
    Sie lächelte deshalb Nat fröhlich an, breitete die Arme aus und
sagte: »Ich habe nicht mehr als das, was Sie sehen, Mr. Parker.«
    Delias Lächeln erstarb, als er sie leicht mißbilligend ansah.
Offenbar gefiel ihm das nicht besonders, was sie zu bieten hatte.
    »Ach, ich finde, Sie sollten Nat zu mir sagen«, murmelte er
schließlich.
    »Nat«, wiederholte Delia gehorsam, und ihre Stimme klang plötzlich
rauh und unsicher.
    Er musterte sie stumm mit einer tiefen nachdenklichen Falte auf
der Stirn. Delia mußte sich zusammennehmen, um nicht davonzulaufen.
Schließlich seufzte er und sagte: »Also gut ... die Bishops wohnen dort
drüben.«
    Sie gingen langsam den Kai entlang. Die zwei
Mädchen

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