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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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werde ihm die
Auszeichnung vorenthalten, es einen Salon zu nennen) und Dir schreibe, sehnen sich
meine Arme am schmerzlichsten danach, Dich zu halten. Ich kann es kaum
erwarten, bis ich Dich voll Stolz und aufrichtig >meine Frau<
nennen kann.«
    Näher war
er einer Liebeserklärung bisher nie gekommen. Emma wußte, sie hätte sich über
den Brief freuen sollen, doch sie fühlte sich von schweren Schuldgefühlen
niedergedrückt. Sie hatte Geoffrey versprochen, ihn zu heiraten. Sie ließ zu,
daß er sich in sie verliebte, und dabei liebte sie die ganze Zeit einen anderen
– jemanden, den sie nicht haben konnte.
    In dem Winkel ihres Herzens, wo
Geheimnisse bewahrt werden, wo man richtig von falsch unterscheiden kann, gut
von böse und Ehre von Ehrlosigkeit, in diesem Winkel wußte sie, daß sie ein
Ende finden mußte. Das eine oder das andere mußte ein Ende nehmen.
    Eines Dienstagnachmittags, als
sie in die Thames Street zur Haustür kam, sah sie, daß die Veilchen, die sie
und Bria gepflanzt hatten, vertrocknet waren.
    Sie kniete
nieder und begann, die verdorrten Blüten zu pflücken, eine nach der anderen,
als könnte sie einen Strauß daraus machen. Und doch, sie waren verwelkt. Sie
wußte es, pflückte sie aber trotzdem verzweifelt weiter. Sie riß die Pflanzen
mit den Wurzeln aus, ließ sie in ihren Schoß fallen und machte sich dabei über
und über schmutzig. Ihre Hände hingen schlaff an den Seiten herab, und sie
schloß die Augen. Eine Träne fiel auf die vertrockneten und verblaßten lila
Blüten in ihrem Schoß. Es folgte eine zweite, eine dritte, und dann mußte sie
die Hände vor ihr Gesicht schlagen, um ihr lautes Schluchzen zu unterdrücken.
    Nach einer
Weile legte sie den Kopf in den Nacken und blickte mit schmerzenden Augen in
den Himmel, über den der Wind zerzauste Wolken trieb. Sie hatte das Gefühl,
sich von der Erde losgerissen zu haben und einsam, traurig und verängstigt dort
oben zu fliegen. Dann wurde ihr bewußt, daß es merkwürdig aussehen mußte, wie
sie mit Erde und abgestorbenen Veilchen im Schoß vor dem Haus saß, wo die ganze
Thames Street sie sehen und hören konnte. Deshalb stand sie auf und ging ins
Haus. Doch es war niemand da, und es würde noch eine ganze Weile
dauern, bis die Sirene das Ende der Schicht ankündigte.
    Sie
bereitete einen Krug Limonade vor, damit die Mädchen zu der Biskuitrolle, die
sie mitgebracht hatte, etwas zu trinken haben würden. Sie trat an die leere
Wiege des kleinen Jacko, der drüben bei Mrs. Hale war. Sie nahm die Decke hoch,
drückte sie an ihre Wange und atmete den Kleinkinderduft ein. Doch sie legte
die Decke schnell wieder zurück, denn sie weckte in ihr eine schmerzliche
Sehnsucht nach Dingen, die sie nicht verstand.
    Sie ging
unruhig durch das Haus. Vor dem Waschgestell blieb sie stehen und dachte: Hier
hat er erst vor wenigen Stunden gestanden und das Rasiermesser und das Handtuch
in den Händen gehalten. Doch die Sehnsucht erfaßte sie von neuem, und deshalb
wandte sie sich ab.
    Dann sah
sie Bria.
    Sie stand wieder am Herd und
trug das Nachthemd, das Emma ihr geschenkt hatte. Doch anstatt nach dem
Teekessel zu greifen, so wie beim ersten Mal, hatte sie das Gesicht dem Fenster
zugewandt und blickte hinaus. Ihre Augen waren dunkel, weit aufgerissen, und
das nackte Entsetzen stand darin.
    »Bria!«
rief Emma, doch im selben Augenblick war sie verschwunden.
    Jedoch die Kohlen im Herd, der
seit dem Morgen kalt war, begannen plötzlich lichterloh zu brennen.
    Emma sah die rote Glut durch
den Spalt um das Türchen und roch die brennenden Kohlen.
    Das ist unmöglich, dachte sie,
und im selben Augenblick ging das Feuer wieder aus.
    Emma ging mit weichen Knien zum
Herd und berührte vorsichtig die Herdplatte, aber sie war kalt. Sie öffnete das
Türchen. Die Kohlen im Herd waren zu grauer kalter Asche verbrannt.
    Sie
blickte aus dem Fenster. Sie sah, daß Wind aufgekommen war, aber das war alles.
Er wehte stürmisch, so stürmisch wie an dem Tag, als Merry  ...
    »Die
Spinnerei brennt ... 0 Gott, die Spinnerei brennt!«

Vierundzwanzigstes Kapitel
    Emma lief so schnell aus dem Haus, daß sie mit dem Absatz an
der letzten Treppenstufe hängenblieb und stürzte. Sie rutschte über die Erde,
zerriß ihr Kleid und schürfte sich Hände und Knie auf. Mühsam kam sie wieder
auf die Beine, hob die Röcke bis zu den Waden und rannte um das Haus herum zum
Strand, an dessen Ende sich der Hafen befand. Der Wind peitschte das Wasser in
die Bucht. Yachten und

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