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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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fehlte.
    »Nein ...
nein ... das war nicht mein Sohn. Es war der Junge der armen Mrs. Cartwright.
Sie hat in diesem einen Jahr ihren Mann und ihren Sohn verloren und war nicht
mehr in der Lage, sich um die Totenwache und die Beerdigung zu kümmern. Aber
der kleine Padraic hätte mein Kind sein können ... ich meine, das Unglück
hätte ebensogut eine meiner Töchter treffen können.«
    Sie hielt noch immer Emmas Hand
und wollte sich aufsetzen. Eine blaue Ader schlug heftig an ihrer Schläfe.
    »Verstehen
Sie, das war eigentlich nicht ich, die den toten Jungen zu der Jagdgesellschaft
gebracht hat ... es war eine Art Wahnsinn, geboren aus der Verzweiflung des
Augenblicks ... verstehen Sie mich? Es war nicht ...« Sie blickte Emma
forschend ins Gesicht. »Das war nicht ich ...«
    »Nein, das
waren Sie nicht«, flüsterte Emma. »Ich verstehe. Ich ...« Ich weiß.
    Bria
McKenna sank keuchend in die Kissen zurück. Ihr Atem ging schwer und flach, und
sie ließ Emmas Hand los. »Ich würde jetzt gerne den Tee trinken ... wenn Sie so
freundlich sind ...«
    Emma wußte eigentlich nicht,
warum sie plötzlich lächelte, aber sie tat es. Und als Bria McKenna das Lächeln
erwiderte, spürte sie eine seltsame Wärme.
    »Meine
Mutter hat einmal einen ganzen Sommer damit verbracht, mir zu zeigen, wie man
den Tee richtig serviert«, sagte sie. »Und jetzt, wo es wirklich einmal darauf
ankommt, scheine ich alles vergessen zu haben.«
    Doch Emma
staunte über ihre Geschicklichkeit, die Unbefangenheit und die fehlende
Schüchternheit, als sie der Frau die Kissen richtete. Sie dachte flüchtig
daran, daß die Krankheit der Frau angeblich ansteckend war. Aber sie konnte
sich nicht so benehmen, als sei das der Fall und gleichzeitig die guten
Umgangsformen wahren. Mit leisem Triumph dachte sie an Bethel. Denn
Umgangsformen, so hatte ihre Mutter immer wieder betont, waren wichtiger als
alles andere. Emma füllte die Tasse noch einmal und hielt sie der Frau an die
Lippen. Bria McKenna trank vorsichtig. Dann sah sie Emma lange an. Emma wich
ihrem traurigen, aber auch dankbaren Blick nicht aus. Zum ersten Mal im Leben
blickte sie jemanden unbefangen an.
    »Es tut
mir leid, was ich damals gesagt habe«, erklärte Bria schließlich. »Ich habe
mich schrecklich geirrt, denn Sie haben ein gutes Herz. Sie bringen mich in Ihr
Haus und Sie sorgen sich um mich ...« Emma errötete leicht und senkte den
Blick. »Ich habe gesehen, wie Sie auf die Straße gefallen sind. Ich konnte Sie
wohl kaum dort liegen lassen. Außerdem haben Sie die Hilfe zum Teil Ihrer
kleinen Tochter zu verdanken. Ich wollte mit Ihnen eigentlich zu dem Arzt in
Warren fahren, aber sie hat darauf bestanden, daß ich Sie hierher bringe ... in
mein >silbernes Haus<, wie sie es genannt hat. Sie hat gesagt, >die
Feen< wollten es so.«
    »Wo ...«
Bria konnte nicht weitersprechen. Ein neuer Hustenanfall schüttelte sie. Etwas
Blut lief ihr aus dem Mundwinkel. »... ist sie?«
    »Ihre
kleine Tochter ist nicht hier bei uns«, sagte Emma und stellte die Tasse mit
der Untertasse ab. Sie reichte Bria ein frisches Taschentuch und half ihr,
sich wieder in die Kissen zu legen. »Aber Sie müssen sich ihretwegen keine
Sorgen machen. Sie hat mir erklärt, sie wolle ihrem Vater sagen, wohin ich Sie
gebracht habe. Sie ist davongelaufen, um ihn zu suchen.«
    Bria seufzte. Vor Erschöpfung
fielen ihr die Augen zu. Emma dachte, sie sei wieder eingeschlafen.
    Aber
dann hob sie langsam und mit großer Mühe die Hand, als laste das Gewicht der
ganzen Welt auf ihr.
    »Schon wieder die Feen ...« Sie
gab einen Laut von sich. Es klang fast wie ein Lachen, aber es wurde sofort
wieder ein neuer Hustenanfall daraus. Danach sagte sie keuchend: »Aber es ist
merkwürdig, daß Noreen so etwas sagt.«
    Emma erhob sich, zog die Laken glatt, richtete die Kissen
und hätte am liebsten Bria die Haare aus der Stirn gestrichen. Aber das wagte
sie nicht, denn so etwas tat nur eine Freundin und keine Fremde. »Ein hübsches
Mädchen mit kupferroten Locken? Die Kleine hat mir gesagt, sie heiße Merry ...«
    »Das kann nicht meine Merry
gewesen sein ...«, murmelte Bria, und die Augen fielen ihr wieder zu. »Merry
ist stumm wie ein Fisch.«
    Emma betrachtete die schlafende Frau.
    Bria
McKenna ...
    Der Name gefiel ihr. Er hatte
etwas Mutiges, etwas Leuchtendes, so wie ihre Haare.
    Bria
McKenna ...
    Die klar
gezeichneten dichten Augenbrauen verrieten ein kompromißloses Wesen. Sie hatte
einen großen Mund und etwas zu volle

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