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Pennäler contra Pauker

Pennäler contra Pauker

Titel: Pennäler contra Pauker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Zak
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ungewandt aus. Wohin gaffen Sie wieder, Schreier, Sie Maulaffe?»
    «Bitte, dort fliegt ein Äro.»

    «Erstens sagt man nicht Äro, sondern Flugzeug, und zweitens bleiben Sie eine Weile stehen zur Strafe, daß Sie nicht aufpassen. Wo haben wir aufgehört?»
    Auf der Stirn des Lehrers perlt der Schweiß, doch die erste Strophe widersteht immer noch seinen verzweifelten Anstrengungen. Und dabei handelt es sich doch hier um ein ganz einfaches Gedicht. Man stelle sich ein modernes Gedicht vor, irgendeine bunte Vision eines verzückten Dichters. In diesem Falle könnte man für einen Pauker, der eine solche übermenschliche Aufgabe zu lösen hätte, sogar eine gewisse Sympathie aufbringen.
    Aus den angeführten Beispielen der Sprachstunden geht klar hervor, daß viele Pauker den Schülern in der Stunde nach der anstrengenden Pausenarbeit keine Ruhe gönnen. Daher die Klagen wegen Überlastung der Schuljugend. Diesem brennenden Problem, namentlich was die Ernährung der lernenden Jugend betrifft, soll ein selbständiges Kapitel gewidmet werden.

Der Imbiß des Pennälers

    Die unmenschlichen Lehrer erlauben den Schülern nicht einmal, während des Unterrichts zu frühstücken, so daß diese gezwungen sind, verstohlen hinter den Rücken der Nachbarn ihr Frühstücksbrot, Obst oder andere Leckerbissen zu kauen. Hier liegt die Erklärung für die überraschende Tatsache, warum bisweilen auch ein Musterschüler, der unerwartet aufgerufen wird, hartnäckig schweigt, aus dem einfachen Grund, weil er außerstande ist, den Riesenbissen im Mund auf einmal hinunterzuwürgen. Das bringen nur ungewöhnlich begabte Schluckkünstler zuwege. Es gibt allerdings auch Meister, die an einem tüchtigen Bissen kauen können, ohne dabei die Kinnbacken zu bewegen, so daß der forschende Blick des Paukers keinerlei auffällige Bewegung in dem Gesicht des betreffenden Schülers wahrnimmt. Die übrigen Jungen müssen dafür büßen, daß ihr Körper häufig nach einer zusätzlichen Nahrung verlangt.
    «Was kauen Sie dort, Sie ungezogener Lümmel?» brüllt der aufgebrachte Pauker, der ein hungriges Kind dabei ertappt hat, wie es an einem Stück Kuchen lutscht. Es folgt eine Eintragung in das Klassenbuch, wonach «Kügler, Wilhelm, ostentativ bei der Erläuterung der Aushungerung Karthagos durch Scipio Africanus kaut».
    Wobei doch zu berücksichtigen wäre, daß die Aushungerung der belagerten Karthager im Kind suggestiv die Sehnsucht nach Nahrungszufuhr weckt. Wahrscheinlich regt sich in dem hungrigen Pauker beim Anblick eines kauenden Schülers ein Gefühl von Neid und physischer Verdrossenheit.

Ars mathematica

    Der Verfasser ist sich dessen bewußt, daß es fast an Gotteslästerung grenzen würde, wenn ein bloßer Philologe es wagte, eine wissenschaftliche Abhandlung über so erhabene Begriffe zu schreiben wie Algebra, Trigonometrie, Geometrie, Planimetrie, Goniometrie, Rechnen und Raumlehre, die er zudem noch alle durcheinanderbringt. Was ist denn schon das gewagteste irreale, indirekt vom Verbum dicendi abhängige Satzgefüge Cäsars im Vergleich mit der drohenden Pracht der irrationalen Zahlen, was ist überhaupt der ganze Cäsar samt seinem transalpinen Gallien, verglichen mit Plus und Minus unendlich? Da man also von einem Mann, der aus der Mutterbrust der philologischen Wissenschaft gestillt wurde, nicht verlangen kann, daß er ein anschauliches Bild von dem Kampf des Schülers mit Minus unendlich liefere, wollen wir nicht die Mathematik als abstrakten Gegenstand schildern, sondern möglichst getreu ihre materielle Verkörperung, nämlich den Mathematiker beschreiben. Der Mathematiker ist ein Wesen, das einen bemoosten Frack von unbestimmter Farbe trägt, zehn Minuten nach dem Bimmeln wild schnaufend in die Klasse gestürzt kommt, auf dem Podium einen ausgestopften Orang-Utan erblickt und sich bewußt wird, daß er die Sekunda B mit der Sekunda A verwechselt hat.

    Nachdem er sich vor dem Orang-Utan verlegen entschuldigt hat, rast er ein Stockwerk höher. In der Sekunda A stößt er mit dem Herrn Direktor zusammen, der dort die Zahlkarten für das Schulgeld verteilt; sein präzis arbeitendes Mathematikergehirn kommt zu dem Schluß, daß heute nicht Montag, sondern Mittwoch ist und er in der Sekunda erst von zehn Uhr ab Mathematik hat. Er trabt also eilig ins Lehrerzimmer, um seine Deduktion an dem Stundenplan zu beglaubigen. Dort sieht er irrtümlich unter Donnerstag nach und stellt fest, daß er heute doch in der Sekunda B Stunde hat

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