Pension der Sehnsucht
auf die angenehmen Dinge des Lebens zu lenken. Flackerndes Kerzenlicht, das gedämpfte Klirren von Kristall und Silber, leises Stimmengemurmel, dazu Percys verliebte Blicke … Nelly wusste, dass sie diesen Abend nie vergessen würde.
»Lass uns einen Spaziergang machen.« Percy stand auf und zog ihren Stuhl zurück. »Sonst schläfst du noch über deinem Champagner ein.« Hand in Hand gingen sie zum Strand.
Sie schwiegen, genossen ihr Beisammensein und die laue Nacht. Orangenblüten dufteten betörend. Dieser Duft würde Nelly immer an den Mann erinnern, dessen Hand sie jetzt hielt. Konnte sie jemals wieder den Mond anschauen und im Sternenlicht spazieren gehen, ohne an ihn zu denken?
Morgen, dachte Nelly, dreht sich alles wieder ums Geschäft, und in ein paar Tagen wird Percy abreisen. Für mich ist er dann nur noch ein Name auf einem Briefkopf. Aber das »Lakeside« darf ich behalten, tröstete sie sich. Von irgendwelchen Änderungen war nicht mehr die Rede gewesen. Sie hätte dann ihre Heimat, ihre Arbeit und ihre Erinnerungen, was schon mehr wäre, als manche Menschen je besessen hatten.
»Frierst du?« fragte Percy, weil sie erschauerte. Hatte er ihre Gedanken gelesen? »Du zitterst.« Er legte den Arm um ihre Schultern. »Dann gehen wir lieber zurück.«
Sie nickte stumm und zwang sich, nicht mehr an den nächsten Tag zu denken. Ihre Spannung löste sich. Der Champagner tat seine Wirkung, und sie beschloss, ihrer beschwingten Laune nachzugeben.
»Ach, Percy«, flüsterte sie, als sie das Foyer durchquerten. »Da ist eine der Frauen, die ich heute bei der Massage belauscht habe.« Nelly deutete auf die dunkelhaarige Dame, die sie mit unverhohlener Neugier musterte.
»Soso.« Percy drückte auf den Knopf, um den Aufzug herbeizuholen.
»Ob ich ihr zuwinken soll?« fragte Nelly übermütig.
»Nein, ich habe eine viel bessere Idee.«
Ehe sie seine Absicht erkannte, zog er sie in die Arme und küsste sie mit einer Glut, die ihr beinahe den Atem nahm. Als Percy sie wieder losließ, sah Nelly, wie die Brünette die Augen weit aufriss und staunend hinter ihr hersah.
Als die Tür der Suite hinter ihnen zufiel, lachte Nelly Percy an. »Wirklich schade, dass ich keine ruchlose Vergangenheit habe, die sie ausgraben könnte.«
»Mach dir darüber keine Gedanken. Sie wird dir schon eine andichten. Möchtest du einen Cognac?« Er trat an die Bar und ließ die Spiegelwand zurückgleiten.
»Nein, meine Nase ist ganz taub.«
»Ach so. Ist das ein Geburtsfehler oder ein vorübergehender Zustand?«
»Das ist«, erklärte Nelly, während sie sich auf einen Barhocker schwang, »das Signal, keinen Alkohol mehr zu trinken. Wenn meine Nase taub wird, habe ich schon mehr getrunken, als ich vertrage.«
»Aha.« Percy schenkte sich einen Cognac ein. »Dann wird also nichts aus meinem Plan, dich erst unter Alkohol zu setzen und dann zu verführen.«
»Leider nein.«
»Wofür hast du eine besondere Schwäche, Nelly?«
Für dich, hätte sie beinahe geantwortet. Doch sie besann sich noch rechtzeitig. »Ich habe eine Schwäche für schummrige Beleuchtung und sanfte Musik.«
»Tatsächlich?«
Ein Zauber tauchte den Raum plötzlich in gedämpftes Licht und leise Musik.
»Wie hast du das gemacht?«
Er setzte sich neben sie. »Hinter dem Regal befindet sich eine Schaltanlage.«
»Wunder der Technik.« Nellys Sinne waren hellwach, als Percy die Hand auf ihren Arm legte.
»Ich möchte mit dir tanzen.« Er zog sie vom Barhocker. »Dein Haar duftet nach Wiesenblumen. Lass es fallen, damit ich es berühren kann.«
»Percy, ich …«
»Pst.« Vorsichtig zog er eine Haarnadel nach der anderen heraus, bis die Locken weich über die Schultern fielen. Er streichelte ihr Haar, ehe er Nelly in die Arme schloss.
Langsam bewegten sie sich zum Rhythmus der Musik, wobei er Nelly fest an sich zog. Ihre anfängliche Nervosität legte sich, und sie fühlte sich beinahe schläfrig und wohlig entspannt. Zärtlich schmiegte sie die Wange an seine Schulter.
»Willst du mir nicht endlich verraten, wie du mit vollem Namen heißt?« flüsterte er ihr ins Ohr.
»Das weiß keiner außer mir«, antwortete sie verträumt. »Selbst das FBI rätselt daran herum.«
»Dann werde ich mich wohl an deine Mutter wenden müssen.«
»Auch sie erinnert sich nicht mehr«, seufzte Nelly.
»Wie unterschreibst du denn amtliche Dokumente?« Er streichelte ihre Hüfte.
»Mit Nelly Clark.«
»Aber in deinem Reisepass muss doch der richtige Name stehen.«
Sie
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