Pension der Sehnsucht
hob die Schultern. Dabei streiften ihre Lippen unabsichtlich seinen Hals. »Bisher habe ich noch nie einen Reisepass benötigt.«
»Aber du brauchst einen, wenn du nach Rom fliegst.«
»Ja, wenn ich demnächst meine Weltreise antrete, werde ich mich um einen Pass kümmern müssen. Dann unterschreibe ich natürlich mit Petronella.« Sie amüsierte sich köstlich, weil er nicht merkte, dass sie ihm ihren ursprünglichen Namen verraten hatte. Spitzbübisch lächelnd blickte sie ihn an, und er gab ihr einen Kuss.
»Nelly«, flüsterte er und presste sie an sich. »Ich möchte …«
»Küss mich noch einmal, Percy.« Champagner und Liebe umnebelten ihre Sinne. »Küss mich richtig«, flüsterte sie. Ohne auf die warnende Stimme der Vernunft zu achten, schloss sie die Augen.
Erneut flüsterte er ihren Namen. Dann stöhnte er leise und riss sie heftig an sich.
Nelly taumelte, als er sie leidenschaftlich wie nie zuvor küsste. Der Raum schien zu kreisen, und dann bettete Percy sie auf den weichen Teppich.
Während er ihr Gesicht und ihren Hals liebkoste, schob sich seine Hand unter die kühle Seide ihres Rocks und streichelte ihre glühende Haut.
Nelly erwiderte seine Zärtlichkeiten. Scheu tastete sie über seinen muskulösen Rücken. Er begehrte sie fordernd, seine Lippen und Hände erregten sie und erweckten ihre Sehnsucht und Erwartung.
Unvermittelt hob Percy den Kopf und sah ihr in die Augen, in denen sich ihre Wünsche, aber auch ihre Angst widerspiegelten. Dann stand er auf und zog sie mit sich.
»Geh jetzt ins Bett«, befahl er rau. Er trat an die Bar und schenkte sich noch einen Cognac ein.
Nelly erstarrte. Sie begriff nicht, dass er sie zurückstieß.
»Hast du mich nicht gehört? Ich sagte, du sollst jetzt ins Bett gehen.« Mit einem Zug leerte er das Glas und zog dann eine Packung Zigaretten aus der Tasche.
»Percy, das verstehe ich nicht. Ich dachte …« Vor Scham und Enttäuschung kamen ihr beinahe die Tränen. »Ich dachte, du begehrst mich.«
»Das stimmt auch.« Er inhalierte den Rauch der Zigarette. »Und jetzt geh schlafen.«
»Percy.« Sie prallte vor seiner Wut zurück.
»Geh, sonst vergesse ich alle Anstandsregeln.«
Nelly straffte die Schultern und schluckte ihre Tränen mühsam herunter. »Na schön, du bist der Boss.« Ohne Rücksicht auf seinen Zorn fuhr sie fort: »Aber etwas solltest du dir merken. Was ich dir eben anbot, wird sich nicht wiederholen. Nie wieder lasse ich mich von dir in die Arme nehmen. Von jetzt an ist unsere einzige Verbindung das ›Lakeside‹.«
»Darüber reden wir später«, entgegnete er kurz und wandte sich ab, um sich den nächsten Cognac einzugießen. »Mach jetzt, dass du ins Bett kommst.«
Nelly lief hinaus und schloss die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich ab.
12. K APITEL
Wie ein verletztes Kind, das sich in die Arme der Mutter wirft, flüchtete Nelly sich in die Arbeitsroutine. Auf dem Rückflug hatte sie mit Percy kaum drei Worte gewechselt. Er beschäftigte sich mit irgendwelchen Papieren, und sie vergrub sich hinter einer Zeitung.
Für sie war es kein Problem, Percy während der nächsten drei Tage aus dem Weg zu gehen. Und auch er mied jede Begegnung.
Hingebungsvoll baute Nelly um sich herum einen Schutzwall aus Hass und Groll auf, hinter dem sie sich verschanzen konnte, wenn Percy sie und das Hotel verlassen würde.
Zu ihrem größten Verdruss hielt Eliza sich immer noch im »Lakeside« auf. Obwohl Nelly bemerkte, dass Percy sich Eliza nur selten widmete, wirkte die Anwesenheit dieser Frau auf sie wie Salz in einer offenen Wunde. Jedes Mal, wenn sie Eliza sah, erinnerte sie sich kläglich und verwirrt an ihre Beziehung zu Percy.
Nelly begriff Percys Verhalten nicht. Sie war fest davon überzeugt, dass er sie in der letzten Nacht in seinem Hotel begehrt hatte. Aber er war wohl von ihrer Unerfahrenheit enttäuscht.
Um jeden unnötigen Kontakt mit ihm zu vermeiden, richtete Nelly sich für die Dauer seines Aufenthalts im Familienhotel »Lakeside« ein Büro in ihrem Zimmer ein. Eines Nachmittags, als sie sich mit den Papieren beschäftigte, wurde sie plötzlich aus ihrer Arbeit gerissen.
Erschrocken sprang sie auf. Rechnungen und Lieferscheine fielen zu Boden. Über ihrem Zimmer hörte sie Schreie und trampelnde Schritte. Blitzartig stürmte Nelly in das dritte Geschoss. Die Geräusche kamen eindeutig aus Zimmer 314. Sie riss die Tür auf und schnappte entsetzt nach Luft. Im ersten Moment blieb sie wie gelähmt auf der Schwelle
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