Pension der Sehnsucht
Percy ab, der sie zurückdrücken wollte. »Mr. Reynolds, bin ich noch Managerin dieses Hotels?«
»Jawohl, Miss Clark.«
Seine Stimme klang wütend, aber Nelly achtete nicht darauf. »Großartig, Miss Trainor, ich entscheide, wer hier eingestellt oder entlassen wird. Wenn Sie sich beschweren wollen, tun Sie das bitte schriftlich. Ich möchte Sie jedoch gleich darauf hinweisen, dass Sie für jeden Schaden, den Sie in diesem Zimmer oder sonst wo anrichten, aufkommen müssen. Und nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass Louise in diesem Fall die volle Unterstützung des Hauses genießt.«
»Percy!« Eliza schäumte vor Zorn. »Muss ich mir das gefallen lassen?«
»Mr. Reynolds«, schnitt Nelly ihr das Wort ab, während sie sich nach einem Aspirin und Ruhe sehnte, »bringen Sie Miss Trainor bitte in den Aufenthaltsraum und bieten Sie ihr auf Kosten des Hauses etwas zu trinken an. Ich schlage vor, wir setzen diese Diskussion später fort.«
Percy nickte zögernd. »In Ordnung, wir reden zu einem anderen Zeitpunkt weiter. Und du bleibst heute den ganzen Tag im Bett, Nelly. Ich sorge dafür, dass du nicht gestört wirst.«
Erst nachdem Eddie und Louise sich mitfühlend bei Nelly bedankt hatten, konnte sie sich in ihr Zimmer zurückziehen. Sie stieg über die verstreut herumliegenden Rechnungen und Lieferscheine hinweg, holte sich das so dringend notwendige Aspirin und rollte sich dann auf ihrer Bettdecke zusammen. Vage bekam sie noch mit, dass die Tür aufging, und dann spürte sie, wie eine Hand über ihr Haar strich. Doch sie schlief schon halb und wusste nicht, ob der auf ihre Lippen gehauchte Kuss Traum oder Wirklichkeit war.
Als Nelly aufwachte, hatte das heftige Pochen in ihren Schläfen nachgelassen. Der Schmerz war zumindest erträglich geworden. Sie richtete sich auf und betrachtete staunend den ordentlichen Papierstapel auf ihrem Schreibtisch. Vielleicht habe ich nur geträumt, vermutete sie, als sie sah, dass auf dem Boden kein einziges Blatt mehr lag. Oder ich habe das alles selbst aufgehoben und weiß es jetzt nicht mehr.
Sie betastete ihren Hinterkopf und zuckte zusammen, als ihre Finger die Beule berührten. Wer einen Streit schlichten will, kriegt immer die meisten Prügel ab, dachte sie entrüstet. Sie beschloss, nach unten zu gehen und mit Percy zu sprechen.
In der Eingangsdiele begegnete sie Eddie, Maggie und Louise, die sich leise, aber dennoch heftig miteinander stritten. Seufzend ging Nelly zu ihnen, um wieder einmal Frieden zu stiften.
»Ach, du bist es, Nelly«, wunderte sich Maggie. »Mr. Reynolds sagte, du dürftest nicht gestört werden. Wie geht es dir? Louise hat uns gesagt, Miss Trainor hätte dir einen Kinnhaken versetzt.«
»Alles halb so schlimm.« Nellys Blick wanderte von einem ernsten Gesicht zum anderen. »Weswegen habt ihr euch gezankt?«
Die drei schwatzten gleichzeitig los. Mit einer Hand berührte Nelly den immer noch schmerzenden Kopf, die andere hob sie gebieterisch. »Eddie, du erzählst«, entschied sie.
»Es ging um den Architekten«, begann er, worauf sie fragend die Brauen hochzog.
»Welchen Architekten meinst du?«
»Na, den, der hier war, als du so plötzlich nach Florida abreisen musstest. Nur wussten wir natürlich nicht, dass er Architekt war. Liz meinte, er sei Künstler, weil er immer mit Block und Bleistift durch die Gegend lief und Skizzen machte.«
Nelly machte sich auf einen unzusammenhängenden Bericht gefasst, seufzte und fragte: »Wovon hat er denn Skizzen gemacht?«
»Vom Hotel natürlich«, rief Eddie nachdrücklich. »Aber er war gar kein Künstler.«
»Er war nämlich Architekt«, mischte sich Maggie ein, die sich nicht länger zurückhalten konnte. Eddie warf ihr einen tadelnden Blick zu.
»Und woher weißt du, dass er Architekt war?« Nelly fragte sich, warum sie sich trotz ihrer Kopfschmerzen überhaupt mit dieser lächerlichen Angelegenheit befasste.
»Weil Louise hörte, wie er mit Mr. Reynolds am Telefon sprach.«
Nelly wandte sich an das Zimmermädchen und spürte ein flaues Gefühl in der Magengrube. »Du hast doch nicht etwa das Gespräch belauscht, Louise?«
»Ich habe nicht gelauscht«, verteidigte sich Louise würdevoll. Nelly blickte sie strafend an, und schließlich gab sie kleinlaut zu: »Na ja, ich wollte nicht horchen, bis ich hörte, dass es um das Hotel ging. Ich hatte nämlich vor, im Büro Staub zu wischen, und weil Mr. Reynolds telefonierte, wartete ich so lange draußen. Als er etwas von einem Neubau sagte und der Name
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