Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Rexach. Rosells Stärke wurde auf die Probe gestellt, Guardiolas Schritte wurden kontrolliert. Alle möglichen Gerüchte machten die Runde: Auseinandersetzungen zwischen Valdés und Messi, sodass Keita dazwischengehen musste; Gerüchte über Wutausbrüche des argentinischen Stars; ein angebliches Zerwürfnis zwischen Pep und Tito Vilanova, ja sogar zwischen Pep und Andoni Zubizarreta.
Ging Guardiola zum richtigen Zeitpunkt? Wären diese Dinge auch passiert, wenn er noch ein weiteres Jahr geblieben wäre? Luis Aragonés war der einzige Fußballexperte, der Peps Gründe für den Abschied infrage stellte. »Ich verstehe ihn nicht«, sagte der ehemalige spanische Nationaltrainer der Zeitung AS. »Ich glaube ihm nicht, wenn er sagt, dass er müde sei. Ich teile Mourinhos Ansicht. Er arbeitet erst seit vier Jahren in diesem Beruf, er hat gerade mal angefangen. Es muss einen anderen Grund haben. Verstehen Sie mich nicht falsch – er hat Enormes geleistet. Aber ich weiß nicht, warum er geht. Die Menschen werden sehr schnell vergessen, was er getan hat.«
Xavi Hernández hat Pep gedrängt, sich mit Aragonés zu treffen, weil beide für ihn zu den klügsten Köpfen im Fußballgeschäft zählen, und falls die beiden das tun, würde Pep auf der Zuhörerseite sein und von Aragonés ein paar ernste Worte und unbequeme Wahrheiten entgegennehmen.
Aber war Peps Entscheidung, das Traineramt aufzugeben, wirklich gut für den Klub? Einige Leute könnten sagen, dass er seine Spieler und Kollegen zu einem Zeitpunkt im Stich ließ, als sie ihn am meisten brauchten. Schließlich war sein Gegenspieler gerade obenauf. Der Film endet normalerweise nicht mit dem Sieg des Erzfeindes – sofern man uns damit nicht auf eine Fortsetzung einstimmt. Und die Vermutung lautet, dass Peps Vermächtnis, die Übergabe seiner Befugnisse an seinen langjährigen Assistenten Tito Vilanova, uns eine Fortsetzung bescheren könnte. Aber hat er seinem Nachfolger wirklich eine ideale Ausgangsposition hinterlassen – oder eher eine äußerst undankbare Aufgabe, in der jeder Sieg zum weiteren Erfolg für Pep erklärt wird, während jede Niederlage der Fehler des Nachfolgers sein wird, wer immer das sein mag?
Man kann diese Fragen beantworten, wie man will, aber niemand in Katalonien war darauf eingestellt, Peps Motive oder sein Timing zu hinterfragen. Die Presse schützte ihn – was José Mourinho immer behauptet und worum er ihn beneidet hat –, sie hatte seine erfolgreiche Ära mit jener oft Hand in Hand auftretenden Mischung aus Verehrung und Blindheit genossen.
Eines ist allerdings gewiss: Ohne Guardiola, ohne den geistigen Anführer, steht Barcelona vor einer neuen Situation und Tito Vilanova, Guardiolas bester Freund, vor einer gewaltigen Aufgabe. Ist der Guardiolismus eine sinnvolle Sache ohne den charismatischen Anführer, ohne Guardiola? Wird Vilanova die Fäden so in die Hand nehmen können, wie Pep das vier Jahre lang getan hat?
Das ist jedoch eine andere Geschichte, die noch zu schreiben ist.
»Heute habt ihr mich alle im Stich gelassen.«
Das sagte Pep Guardiola nach dem letzten Punktspiel dieser Saison, einem Auswärtsspiel bei Betis Sevilla. Barcelona hatte nach einer schwachen Leistung in letzter Sekunde ein 2:2-Unentschieden gerettet. Es war wie eine Erinnerung an die schlechtesten Abstecher in dieser Saison, vor allem in der zweiten Halbzeit, in der die Mannschaft weniger lief, weniger arbeitete, weniger Pressing zustande brachte und weitgehend teilnahmslos wirkte.
In fünfzehn Tagen stand noch das spanische Pokalfinale an, und eine solche Leistung und Einstellung konnte man nicht akzeptieren.
Als die Spieler in die Kabine kamen, bat der Trainer darum, hinter dem letzten Mann die Tür zu schließen. »Ruhe! Heute habt ihr mich im Stich gelassen.« Das klang bitter und entwickelte sich zur möglicherweise strengsten Kabinenpredigt seiner gesamten Amtszeit. Er wollte die Fehler nicht einem oder zwei Spielern persönlich zuordnen, aber die Signale konnte er nicht ignorieren.
Die Abschiedsfeiern, die endlosen Gerüchte über Streitigkeiten, die Spekulationen über die Zukunft bestimmter Stars hatten seine Mannschaft abgelenkt und weich gemacht. Er fühlte sich verantwortlich.
Zunächst reagierte niemand. Alle hörten schweigend zu, sie sahen zu Boden wie Kinder, die getadelt werden. Er hatte sie daran erinnert, dass die Saison noch nicht beendet war.
Dann bat Dani Alves darum, etwas sagen zu dürfen.
Der Brasilianer hatte im Lauf der
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