Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Bestandteil war.«
Pep weiß das besser als jeder andere. Er hatte jetzt das Gefühl, dass es an der Zeit war, sich von all dem abzusetzen, und beschloss, ein Sabbatjahr einzulegen. Es begann mit Reisen nach Israel, Kroatien, Singapur und Indonesien, und schließlich ließ er sich mit seiner jungen Familie für ein paar Monate in New York nieder. Er weiß, wie man in Barcelona die Welt sieht, aber er musste, wie schon bei seinem Rücktritt vom aktiven Fußball, von Neuem entdecken, wie die Welt Barcelona sieht. Es stimmt und ist ganz gewiss, denkt er, dass diese Institution mehr ist als nur ein Klub. Und es stimmt definitiv, dass der Stil, von dem er überzeugt ist und zu dessen Verankerung im Klubmilieu er Entscheidendes beigetragen hatte, siegesorientiert ist – aber ist irgendetwas davon exportfähig?
In den letzten Monaten in Barcelona sprach er mit Bewunderung von der Bundesliga in Deutschland. Hier zeigte sich der Einfluss von Raúl, der mit Schalke 04 erfolgreich war und ihm alles über den schnellen, direkten Fußball, die großen Klubs, die Atmosphäre und die vollen Stadien erzählte (keines davon halb leer oder ohne Atmosphäre wie bei Auswärtsspielen in Getafe, Saragossa oder Mallorca).
Als der noch aktive Spieler Pep aus Barcelona wegging, rechneten viele Leute damit, dass er nach England oder Italien gehen würde. Nach Italien ging er zunächst auch, aber seine letzten Stationen waren Katar und Mexiko. Deshalb hätte niemand versuchen sollen, sein nächstes Ziel zu erraten. So äußerte er sich, bevor seine Einigung mit Bayern München bekannt wurde. »Ich lasse mich von der Leidenschaft an einen Ort tragen, an dem ich sie vermitteln kann. Ohne sie kann ich kein Trainer sein, das ist bei mir so. Vielleicht sollte ich irgendwohin gehen, wo ich keine Titel gewinnen kann. Vielleicht würde ich dadurch zu einem besseren Trainer. Ich lebe mit meinen Zweifeln und halte mich nicht für besser als andere, nur weil ich Titel gewonnen habe.«
Und Guardiola wollte, wie er selbst eingeräumt hat, gewonnen werden. Allerdings nicht mit Geld. Aber wie gelang es dem bayerischen Klub, sich seine Dienste zu sichern? Bevor diese Einigung besiegelt wurde, standen sehr viele Möglichkeiten im Raum.
Pep nutzte mitten in seiner letzten Saison eine kurze Lücke im Terminkalender für eine Reise nach Brescia, um dort Freunde zu treffen, und warf auch einen Blick ins Rigamonti-Stadion, wo er einst gespielt hatte. Eine Flagge mit einer Inschrift hing dort an der Wand: Pep, orgoglio del passato, sogno per il futuro (»Pep, Stolz der Vergangenheit, Traum für die Zukunft«). Brescia spielt inzwischen in der Serie B, aber Pep hatte keine Probleme mit dem Bekenntnis, dass er diesen Klub eines Tages liebend gerne trainieren würde. Er möchte den Leuten dort etwas zurückgeben für das Vertrauen, das sie ihm erwiesen, nachdem er von Juventus Turin und anderen Klubs abgelehnt worden war, und für all die Unterstützung, die er in Zeiten der Dopingbeschuldigungen erhalten hatte, als niemand in diesem bescheidenen italienischen Klub auch nur eine Sekunde an ihm zweifelte.
Italien gehört zu den Ländern, die Guardiola liebt. Und über die langen Sommertage hinaus, die Pep mit seinem Freund Manel Estiarte in Pescara verbrachte, hat Pep das Land in verschiedenen Phasen entdeckt. Seinen letzten Sommerurlaub als Trainer des FC Barcelona verbrachte er in Siena in der Toskana, und in der Winterpause davor aß er, ganz Tourist, nach einem Spaziergang über den Domplatz von Brescia dort mit dem Klubpräsidenten Gino Corioni zu Abend und traf sich mit dem Trainer Eduardo Pioviani, einem der besten Freunde, die er 2001 zurückließ.
Nach italienischen Presseberichten wollte Silvio Berlusconi, der Ehrenpräsident des AC Mailand, Pep während seines Sabbatjahrs einen Einjahresvertrag mit einem Gehalt von 15 Millionen Euro anbieten und ihm bei der Verpflichtung und beim Verkauf von Spielern freie Hand lassen. Der legendäre Klub kam nicht infrage.
Von der Premier League, einem unerfüllten Traum, geht eine unbestreitbare besondere Anziehungskraft aus. Das räumte Pep in einem Videofilm ein, den der englische Fußballverband aus Anlass seines 150-jährigen Bestehens produzierte. »In dieser Liga zu spielen hat etwas Einzigartiges an sich. Das Engagement der Fans, die Medien und die Art, wie dort gespielt wird. Als Spieler konnte ich mir meinen Traum, dort zu spielen, nicht erfüllen. Aber ich hoffe, dass ich in Zukunft einmal die Gelegenheit
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