Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
er Italienisch, natürlich auch Katalanisch und Spanisch und, oh, auch noch Französisch.
In der La-Salle-Schule zeigten und entwickelten sich nach und nach seine Charaktereigenschaften: Er stellte hohe Ansprüche an sich selbst, war mit einem natürlichen Charme ausgestattet und fußballverrückt. Vor allem aber erwies sich Pep als hervorragender Zuhörer, der wie ein Schwamm das Wissen der Menschen in seinem Umfeld aufsaugte, vor allem das, was es von den älteren Familienmitgliedern zu lernen gab. Er war etwas größer und dünner als die meisten anderen Gleichaltrigen, wobei Letzteres vielleicht daran lag, dass er niemals stillstand – das dachte jedenfalls seine Mutter –, und er war nach wie vor der erste Spieler, den die Kapitäne für ihre Mannschaft wählten, und oft der einzige Teilnehmer beim Balljonglieren, einem seiner Lieblingsspiele. Das spielte er allein, weil ein Wettkampf keinen Sinn hatte: Er war nicht zu schlagen.
Bei einem der Spiele in La Salle erregte er die Aufmerksamkeit von Scouts des Club Gimnàstic de Manresa – die Führungs- und Spielmacherqualitäten des »drahtigen Burschen« waren überaus auffällig. Mit dem Segen seines Vaters Valentí trainierte er bald zwei- oder dreimal pro Woche bei Gimnàstic, und einige wichtige Grundsätze hatte er schon bald verinnerlicht: »Trample auf niemandem herum, und lass auch keinen anderen auf dir herumtrampeln; behalte den Kopf oben; nur zwei Ballberührungen; halte den Ball flach.« Wenn das Coaching der Königsweg zum Erfolg ist, hatte Pep in der idealen Schule angefangen.
Vielleicht lag es einfach auf der Hand, dass ein Junge aus Peps Heimatort Anhänger des FC Barcelona wurde, zumal es nur einen einzigen Fan des Lokalrivalen Espanyol gab. Jener Espanyol-Fan war zufällig Peps Großvater, und ihm zu Ehren hing sogar ein Espanyol-Poster im Haus der Familie. Aber die Vorliebe des Vorfahren beeinflusste Peps Auswahl eigener sportlicher Vorbilder nicht: »Mein Großvater war der netteste Mensch auf der Welt und besaß ein sehr großes Herz, das in seiner Brust kaum Platz fand. Er zeigte ein gewaltiges Mitgefühl und empfand deshalb fast zwangsläufig eine Verpflichtung, das kleinere Team zu unterstützen, den Underdog. In unserem Dorf gab es keinen einzigen Espanyol-Fan außer ihm.«
Einer seiner Mannschaftskameraden bei Gimnàstic hatte einen Verwandten, der eine Dauerkarte des FC Barcelona besaß, und Pep fragte seinen Mitspieler, ob er sich diese Karte eines Tages einmal ausleihen könne, um sich ein Spiel im Camp Nou anzusehen. Der zehn Jahre alte Pep betrat 1981 zum ersten Mal das imposante Stadion, um eine Erstligabegegnung des FC Barcelona mit Osasuna mitzuerleben. Auf der Straße, die zum Stadion führte, bewegte sich eine gewaltige, Barcelona-Fahnen schwenkende Menschenmenge, und Pep empfand »ein unglaubliches Gefühl« von Freude, von Aufregung darüber, ein Teil von etwas Großem zu sein – es war wie eine Erscheinung. Er saß in der siebten Reihe auf der Nordtribüne, ein kleines Stück seitlich vom Tor, und sagte zu seinem Freund, was wohl schon Tausende von Jungen vor ihm gesagt haben: »Ich würde Millionen dafür geben, eines Tages auf diesem Rasen spielen zu dürfen.«
Während seiner Zeit bei Gimnàstic war Pep bei ein paar Freundschaftsspielen gegen Jugendmannschaften des FC Barcelona im Einsatz, und daraus zog er ein paar wertvolle Lehren zu den eigenen Grenzen und den Möglichkeiten seines Teams: Er war zwar der beste Spieler bei Gimnàstic, aber er spürte, dass es im blau-roten Trikot des FC Barcelona viele Burschen gab, die genauso gut wie er oder sogar noch besser waren.
Valentí füllte etwa zu dieser Zeit (und ohne dass sein elfjähriger Sohn davon wusste) ein in einer Sportzeitung abgedrucktes Formular aus, über das Kindern die Teilnahme an einem von Bar Ç a organisierten Probetraining angeboten wurde.
»Du sollst bei Barcelona vorspielen«, sagte der Vater ein paar Tage später zu seinem erstaunten Sohn. Natürlich ging er zu diesem Probetraining. Er war nervös und immer noch ein Leichtgewicht. Er spielte schlecht und wusste das auch. Es folgte eine schlaflose Nacht. Man hatte ihn aufgefordert, zu einem zweiten Termin wiederzukommen, aber er spielte nicht besser. Bei diesem Probetraining setzte man Pep als Angreifer auf der Außenbahn ein, aber ihm fehlten die Schnelligkeit und die Kraft, um auf dieser Position glänzen zu können. Er erhielt eine weitere Chance und wurde zu einem dritten Trainingstag
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