Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Auszeichnung zum Weltfußballer des Jahres ausgebildet worden waren: Andrés Iniesta, Lionel Messi und Xavi Hernández standen Seite an Seite auf dem Podium.
»In La Masía erlebte ich die besten Jahre meines Lebens«, erinnert sich Pep. »Es war eine Zeit, in der alles dem einzigen, durch nichts zu ersetzenden Traum untergeordnet war, den ich jemals geträumt habe: für Bar Ç as erste Mannschaft zu spielen. Dieser unbedingte Wille, so gut zu werden, dass Johan Cruyff auf uns aufmerksam wurde, ist mit Worten nicht wiederzugeben. Ohne diesen Wunsch wäre keiner von uns zu dem geworden, der er heute ist. Ein Triumph ist etwas anderes. Ich rede hier von der Liebe zum Fußball und dem Wunsch, gebraucht zu werden.«
Pep gelang es zwar, seinen Mangel an Körperkraft zu überwinden und auf sich aufmerksam zu machen, aber der letzte Schritt fehlte noch: die Aufnahme in die erste Mannschaft. Als Johan Cruyff jedoch einen »Sechser« brauchte, einen Spieler, der vor der Abwehr agierte und aus dieser Position heraus die Mannschaft dirigierte, ließ er sich von Peps hagerer Gestalt nicht abschrecken. Er holte ihn ins Team, weil er spürte, dass Pep das Spiel ordnen und die Bälle verteilen konnte.
An jenem Tag im Mai 1989 musste Pep alles andere ausblenden – auch ein Mädchen, das er eben erst näher kennenlernte –, seine Sportsachen schnappen und mit der ersten Mannschaft zu einem Freundschaftsspiel nach Banyoles fahren. Plötzlich und unerwartet gab er sein Debüt in der ersten Mannschaft. Er war 18 Jahre alt. Pep hatte vielleicht gehofft, dass das Mädchen von seinem neuen Status beeindruckt sein würde, aber von Cruyff, der von Peps erstem Auftritt alles andere als begeistert war, konnte man das nicht sagen. »Du warst langsamer als meine Großmutter«, sagte ihm der Coach in der Halbzeitpause. Aber Pep entwickelte ein Verständnis für Cruyffs Methoden, wenn es galt, die Spieler hart zu kritisieren: »Wenn er dich am heftigsten angriff und wenn du ein besonders schlechtes Spiel machtest, half er dir am meisten. Aber weil das meine erste Erfahrung mit einem Trainer war, der für mich so wichtig wurde, hinterließ das bei mir einen solchen Eindruck, dass ich die Szene niemals vergaß.«
»Langsamer als meine Großmutter« – diese Worte markierten den Anfang einer der dauerhaftesten und folgenreichsten Fußballbeziehungen in der Geschichte dieser Sportart.
Training im Camp Nou, vormittags, Winter 1993
Trainer sollten nach den von Johan Cruyff in Barcelona eingeführten Grundsätzen durch ihr eigenes Vorbild führen: Sie sollten Fußball spielen, während des Trainings auf dem Platz sein und unterrichten, weil es nichts Besseres gibt, als das Spiel anzuhalten, zu korrigieren, Anweisungen zu geben und zu erklären, warum jemand einen Pass zu einem bestimmten Mitspieler hätte spielen, eine bestimmte Position einnehmen oder ein technisches Element hätte ändern sollen. Carles Rexach, der in Barcelona acht Jahre lang Cruyffs Assistent war, erklärt das so: »Ein Wort von Johan bei einer Übung im Training ist mehr wert als hundert Stunden Redezeit an der Tafel.«
Pep orientiert sich heute noch an diesem Trainingsstil und praktiziert ihn bei seiner eigenen Arbeit. Aber Cruyff konnte einen jungen Spieler so stark beeindrucken, dass es schwerfiel, mit ihm zu sprechen. Sein Status als Ikone und seine absolute Überzeugtheit von den eigenen Methoden und Ideen sorgten oft für eine quasiautoritäre Art der Kommunikation.
An einem sonnigen, kalten Tag beschloss Cruyff, sich Guardiola einmal vorzunehmen. Das Ganze spielte sich auf dem Platz ab, der zwischen La Masía und dem Camp Nou liegt. »Zwei Beine!«, rief er seinem Schützling zu. Laudrup und die anderen lachten. »Zwei Beine, zwei Beine!« Der Coach wollte Pep die Angst vor seinem linken Fuß nehmen. Wenn er den Ball mit dem linken Fuß annahm, konnte er ihn mit einer leichten Berührung auf den rechten Fuß legen und dann einen Pass spielen. Und umgekehrt. Das Problem für Pep war, dass er sich dabei nicht sicher fühlte. »Zwei Beine, Junge!«, rief Cruyff immer wieder.
Johan Cruyff war die Person, die den größten Einfluss auf Guardiola ausübte. Er war der Trainer, mit dem Pep am längsten zusammenarbeitete (sechs Jahre), und für ihn empfand er die größte Zuneigung und den meisten Respekt. Cruyff war außerdem der Mann, der ihm die Chance gab, in Barcelonas erster Mannschaft zu spielen, der Mann, der zu einer Zeit an ihn glaubte, als er nach genau dem
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