Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)

UEFA-Auszeichnungen für Vereinsmannschaften, August 2006
    Während Pep Guardiola nach seiner Bestimmung suchte und neue Dinge lernte, die ihm für seine Trainerlaufbahn nützlich waren, war sein geliebtes Bar Ç a zu dem angesagten Klub dieser Zeit geworden. Die Saison 2006/07 begann mit großer Anerkennung für Frank Rijkaards Mannschaft, die innerhalb von drei Spielzeiten zwei Meistertitel und im Mai 2006 in Paris gegen das von Arsène Wenger trainierte Team von Arsenal London mit Thierry Henry, Robert Pires und Cesc Fàbregas die Champions League gewonnen hatte. Viele Leute hatten den Eindruck, diese Mannschaft stehe kurz davor, zur größten Elf in der Klubgeschichte zu werden. Der einflussreiche katalanische Journalist Lluís Canut beschreibt in seinem Buch Els secrets del Bar Ç a (»Bar Ç as Geheimnisse«) die Ereignisse bei den UEFA -Auszeichnungen des Jahres 2006 für den Bereich des Vereinsfußballs. Am Vorabend des europäischen Supercups wurde Barcelonas Kapitän Carles Puyol als bester Abwehrspieler geehrt, Deco als bester Mittelfeldspieler, Samuel Eto’o als bester Stürmer, und Ronaldinho erhielt die Auszeichnung für den besten Spieler des gesamten Wettbewerbs.
    Die Krönung der Leistungen dieser Mannschaft bedeutete paradoxerweise den Anfang vom Ende für Rijkaards Barcelona, denn die ersten Anzeichen von Disziplinlosigkeit waren offensichtlich.
    Die Reise nach Monaco war ein typisches Beispiel für diese Entwicklung gewesen.
    Der Trainer hatte in dem Hotel, in dem Barcelona vor dem europäischen Supercupfinale gegen Sevilla residierte, zum Erstaunen vieler Beobachter am Abend vor dem Spiel eine holländische Popgruppe an seinen Tisch gebeten. Nach dem Essen verhängte Rijkaard keine Ausgangssperre, sondern überließ es den Spielern selbst, wann sie ins Bett gehen wollten, was bei den üblichen unberechenbaren Verdächtigen unweigerlich zu einer langen Nacht führte. »Am nächsten Tag, es war der Morgen vor dem Spiel«, schreibt Canut, »durfte Ronaldinho das Hotel für einen Fototermin mit einem seiner Sponsoren verlassen, während der Rest der Mannschaft diese Zeit nach Belieben gestaltete. Letztlich verbrachte man den Morgen mit einem Einkaufsbummel in den Designerboutiquen von Monaco.« Es war ein starker Kontrast zum Verhalten des Supercup-Gegners aus Sevilla, der den Tag unter der Leitung von Juande Ramos mit Vorbereitungen auf das Spiel verbrachte, entsprechend der bei diesem Trainer üblichen Disziplin und Ordnung. Das Endergebnis, das sich aus den jeweiligen Vorbereitungen ergab, verstand sich von selbst und war der Anzeigetafel zu entnehmen: ein 3:0-Sieg für Sevilla. Diese Niederlage lieferte das erste von vielen Warnsignalen, die in der darauffolgenden Saison zu vernehmen waren.
    Die Gruppendynamik in der Mannschaft hatte sich im Sommer 2006 verändert, und das lag am Abschied vom Assistenztrainer Henk ten Cate, der wegging, um die erste Mannschaft von Ajax Amsterdam zu übernehmen. Ten Cate hatte als Rijkaards Feldwebel gegolten, und sein Abgang wurde zum Katalysator für den vollständigen Zusammenbruch der Disziplin in Barcelonas Kabine. Der Holländer hatte Ronaldinho immer an der kurzen Leine gehalten, und jedes Mal, wenn der brasilianische Star ein paar Pfund zulegte – was nur allzu oft vorkam –, redete der offenherzige ten Cate Klartext und ließ den Brasilianer ganz genau wissen, was er von seinen anschwellenden Pölsterchen hielt. Er wusch ihm vor der versammelten Mannschaft den Kopf und schnauzte ihn an, er zeige einen »Mangel an Respekt vor seinen Kollegen«. Mit dem Kameruner Samuel Eto’o hatte ten Cate eine Art Hassliebe verbunden, aber Eto’o wollte sich unbedingt seinen Respekt erwerben und seinen Wert unter Beweis stellen. Rijkaard und ten Cate bildeten ein perfektes Duo. Sie boten die allerbeste Guter-Polizist-/Böser-Polizist-Routine, aber wenn der Assistent nicht ab und zu mit der Faust auf den Tisch schlug, führte Rijkaards Nettigkeit ins Chaos.
    Johan Neeskens war ten Cates Nachfolger als Rijkaards Assistent, aber ihm lag es nicht, den harten Burschen zu spielen, und deshalb erwies es sich als schwierig, den Prozess in den Griff zu bekommen, der dafür sorgte, dass sich der Teamgeist verflüchtigte. Unter der Verschlechterung von Ronaldinhos Leistungen, die sich daraus ergab, litt niemand mehr als Ronaldinho selbst. Innerhalb von nur neun Monaten wurde aus einem Spieler, der nach seiner unvergesslichen Leistung beim 3:0-Sieg Barcelonas auf des Gegners