Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Platz im Dezember 2005 von den Real-Fans im Bernabéu-Stadion mit Beifall verabschiedet wurde, das Gespött der Presse, die besondere »Leistungen« häufiger in Ronaldinhos persönlicher Ecke in einem Nachtklub in Castelldefels zu sehen bekam als auf dem Rasen des Camp Nou. Für Aufmerksamkeit sorgte jetzt eher sein Bauchumfang als wunderbarer Fußball. Eto’o verletzte sich unterdessen am Knie und erhielt die Erlaubnis, sich fern vom Klub zu erholen und sich vom Alltagsgeschehen rund um die Mannschaft zu distanzieren. Diese Entscheidung sollte ernste Konsequenzen haben.
Rijkaard entging das Verhalten der Stars nicht, aber er ließ sie gewähren – als ewiger Optimist, der den Spielern zutraute, dass sie reif und verantwortungsvoll genug waren, um ihre Grenzen zu kennen. Das war ein Fehler. Nach der Hälfte der Saison 2006/07, die in Monaco ungünstig begonnen hatte, war es für eine Trendwende viel zu spät: In Barcelonas Ergebnissen und den Leistungen der Mannschaft spiegelte sich der Zusammenbruch der Disziplin. Die Niederlage bei der FIFA -Klubweltmeisterschaft im Dezember gegen Internacional Porto Alegre (mit dem großartigen, erst 17 Jahre alten Alexander Pato) war symptomatisch für das sinkende Niveau bei Spielern und Betreuern – Rijkaard hatte seinen Spielern bei der Vorbereitung auf diese Begegnung nicht einmal Videoaufnahmen vom Gegner gezeigt. Die südamerikanischen Spieler (Rafa Márquez, Deco, Ronaldinho) erhielten nach Weihnachten ein paar Tage Sonderurlaub, dennoch erschienen alle drei verspätet zum Trainingsbeginn. Was nicht sanktioniert wurde.
Sportdirektor Txiki Beguiristain stand vor einer schwierigen Aufgabe: Nach der Hälfte der Saison, vor der Weihnachtspause, war Barcelona Tabellenzweiter, lag nur zwei Punkte hinter Sevilla und drei Punkte vor Real Madrid, dem Dritten. Txiki wusste um die Disziplinlosigkeit hinter den Kulissen, zögerte jedoch mit dem Eingreifen, solange das Team um die Tabellenführung kämpfte. Außerdem hoffte er, wie alle anderen auch, dass die Mannschaft ein Stück weit zum alten Zauber zurückfinden würde.
Nach viermonatigem Heilungsprozess in der Isolation kehrte Eto’o zu einer undisziplinierten Mannschaft zurück und war von den Zuständen, die er vorfand, so entsetzt, dass er den Präsidenten Joan Laporta darüber informierte, seinen wichtigsten Verbündeten im Klub. Laporta ergriff Partei für Eto’o und bot ihm sogar das Kapitänsamt an, sodass dieser sich gestärkt fühlte. Aber wenig später beschuldigte ihn Rijkaard, er habe gegen Racing Santander gar nicht spielen wollen (Eto’o wärmte sich bei diesem Spiel auf, sah aber nicht so aus, als wolle er auf den Platz gehen, als er die entsprechende Anweisung erhielt). Ronaldinho ließ nach dem Spiel in der Mixed Zone durchblicken, Eto’o habe die Teamkollegen im Stich gelassen, denn er hätte an die Mannschaft denken sollen. Der stets ungeduldige Eto’o, nicht als Diplomat bekannt, explodierte wenige Tage später bei einer Buchvorstellung: »Er ist ein schlechter Mensch«, sagte er über Rijkaard, und: »Das ist ein Krieg zwischen zwei Gruppen: zwischen denjenigen, die für den Präsidenten sind, und denjenigen, die für Sandro Rosell sind.«
Rosell, der ehemalige Vizepräsident, der zufälligerweise auch ein guter Freund Ronaldinhos war, bei dessen Verpflichtung er die entscheidende Rolle gespielt hatte, war kurz zuvor wegen einer Reihe von Differenzen mit Laporta zurückgetreten. Eto’o hatte auch eine Nachricht für Ronaldinho parat, ohne dessen Namen zu nennen: »Wenn ein Mitspieler erklärt, du müsstest an die Mannschaft denken, ist er selbst der Erste, der sich so verhalten sollte.«
Das Team geriet angesichts der alles andere als harmonischen Atmosphäre in den eigenen Reihen gegen Ende der Saison 2006/07 in einen Abwärtstrend, was dazu führte, dass es keinen einzigen der Titel oder Pokale gewann, nach denen es im neuen Jahr gestrebt hatten. Madrid war zum Saisonende zwar punktgleich, sicherte sich aber den Meistertitel aufgrund des gewonnenen direkten Vergleichs: Das einhellige Urteil lautete, dass Barcelona den Titel hergeschenkt hatte – aus Selbstgefälligkeit und aus Mangel an Konzentration.
Diese beiden Untugenden zeigten sich am allerdeutlichsten im Halbfinale der Copa del Rey (des spanischen Pokalwettbewerbs), in dem Barcelona auf unerklärliche Weise einen 5:2-Vorsprung aus dem Hinspiel gegen Getafe aus den Händen gab. Rijkaard dachte, dieses Halbfinale sei bereits gewonnen,
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