Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
›Meine Herren, wenn ihr müde seid und wenn wir denken, das Leben ist schwer, ist euch dann bewusst, dass einer eurer Teamkollegen dreizehn Spiele mit einem Monster absolviert hat, das ihn von innen heraus auffraß? Okay, wir sind müde, wir haben Entschuldigungen, aber es gibt Prioritäten: Wir sind gesund, und Abi [Éric Abidal] hat uns ein Beispiel gegeben, dem es zu folgen gilt.‹«
Derselbe anonyme Spieler: »Was sagte er noch mal, bevor wir bei Chelsea antraten: ›Ihr alle hängt doch den ganzen Tag am Telefon, und wenn ihr schon dabei seid, schickt doch euren Familien und Freunden eine Nachricht, bevor ihr euch warm macht, und versprecht ihnen: Wir schaffen es in die nächste Runde. Dann seid ihr verpflichtet, da draußen alles zu geben, weil ihr es ihnen versprochen habt.‹ Und dann fängst du an zu rufen: ›Auf, los geht’s, wir schlagen sie.‹ Jemand anderer klatscht in die Hände, es riecht nach Deep Heat, und es wird eng, alle wollen jetzt durch die enge Tür, alle stehen auf, einige hüpfen herum, beenden ihr Ritual. Das Spiel verläuft nicht immer nach Plan, und Pep sagt zunächst nichts, wenn man in die Kabine zurückkommt, aber er findet zwei oder drei Minuten, in denen ihm alle zuhören.«
Piqué: »In der zweiten Saison, es stand 0:0 gegen Rubin Kasan, da sagte er uns in der Halbzeit etwas, das ich mir wirklich gemerkt habe: ›Wenn wir die Angst vor dem Verlieren ablegen, gewinnen wir nicht mehr.‹«
Valdés: »Ich erinnere mich an eine Halbzeitansprache bei einem Spiel, in dem es ziemlich schlecht lief. Er erklärte uns ganz ruhig, was wir tun sollten, um die Lage zu bereinigen. Es ging nur um eine kleine Änderung, die die Mittelfeldspieler vornehmen mussten, im Stellungsspiel. Er zeigte es uns an der Tafel, und siehe da, deshalb gewannen wir das Spiel.«
Xavi: »Bei Pep ist alles Berechnung, verstehst du, er sieht immer zwei oder drei Spielzüge im Voraus. Er analysiert das und sagt dir Dinge, an die du nicht gedacht hast.«
Valdés: »Wenn ein Spieler versteht, was der Trainer erklärt, und erkennt, dass sich die Lage durch dessen Entscheidungen verbessert, nehmen Glaubwürdigkeit, Kontakte und Überzeugung deutlich zu.«
Estiarte: »Pep sagte mir: ›Manel, wir können sie nicht täuschen, kein einziges Mal, weil sie es herausbekommen. Und wenn sie’s tun, sind wir erledigt.‹ Man geht auf den Platz zurück, es folgt die zweite Halbzeit, und wenn du ein normales Laufpensum abgeliefert hast, größer als das des Gegners, kommst du in die Kabine zurück und hast das gegeben, was Pep von dir verlangt hat: alles. Nicht mehr und nicht weniger.«
Xavi: »Nach dem Spiel umarmt er dich manchmal, und es gibt auch Zeiten, in denen er gar nichts sagt. Oder es gibt Tage, in denen er nach den 90 Minuten eine Mannschaftsbesprechung abhält; an anderen Tagen tut er das nicht. Er handelt nach seinen Gefühlen, und was er fühlt, stimmt immer. Und wenn er dich kritisieren will, dann tut er das, kein Problem.«
Estiarte: »Manchmal sagte er nach einem Spiel nur: ›In drei Tagen haben wir dieses oder jenes Spiel, esst, trinkt und ruht euch aus. Glückwunsch.‹ Eine geschickte Ermahnung zu vernünftigem Verhalten.«
Iniesta: »Er weiß seine Gefühle zu kontrollieren und sagt im richtigen Augenblick die passenden Worte. Er sorgt sich um die Gruppe, wenn es nicht gut läuft, und wenn wir gewinnen, beteiligt er sich an den Umarmungen und dem Jubel. Eine Familie, wir sind wie eine Familie.«
Die große Mannschaftsbesprechung, Peps Zaubermittel, wurde beim Halbfinalrückspiel der Champions League 2009 erst in der Halbzeitpause eingesetzt, in den Katakomben von Stamford Bridge.
Nach dem deutlichen Erfolg gegen Real Madrid, mit dem der erste Titel der Saison so gut wie gesichert war (Barcelona hatte jetzt sieben Punkte Vorsprung vor den Rivalen, bei vier noch ausstehenden Spielen), reiste das Team mit einem 0:0 aus dem Hinspiel nach London. Die Spieler waren nervös, und jeder, der behauptete, das seien sie nicht, war ein Lügner. Keiner zitterte vor dem Anpfiff, aber die Stunden bis zum Spiel waren voller Anspannung.
Rafa Márquez (verletzt) und Puyol (gesperrt) konnten nicht spielen, also musste Pep die bestmögliche Lösung für das Abwehrzentrum finden. Die Spieler erfuhren die Aufstellung ein paar Stunden vor dem Anpfiff, kurz bevor sie das Hotel verließen, um zum Stadion zu fahren. Für die Innenverteidigung waren Piqué, der seit seinem Debüt zu Saisonbeginn täglich an Statur gewonnen
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