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Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Titel: Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vazquez Montalban
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besoffen, um mich auszuhorchen, und selbst trinkst du keinen Tropfen, du dreckiger Galicier. Das ist es, was du bist, nichts anderes!«
    Ginés hatte den kleinen Kopf zurückgeworfen und sah Carvalho mit gespielter Herausforderung an. Dieser war in Gedanken versunken und schenkte der prahlerischen Drohung des Blonden keine Beachtung.
    »Du siehst aus, als hättest du Sorgen. Hast du was mit dem Toten zu tun?«
    »Nein, aber die Geschichte interessiert mich.«
    »Hör mal, jetzt guckst du wie ein Typ aus dem Film. Du hast Stil! Aber du bist ein falscher Hund. Du hast nicht mal zwei Gläser getrunken, und ich bin beim fünfzehnten.«
    »Mußt du zurück an die Arbeit?«
    »Ich mach’ krank und geh’ nicht mehr hin. Das Haus wird auch ohne mich fertig. Los, komm, laß uns in die Calle Escudillers gehen und Tapas essen!«
    »Ich kann nicht. Das schwör’ ich dir!«
    »Dann geh! Ich bleib’ noch ein bißchen hier. Tut mir leid, aber für meine Mutter ist es der Tod, wenn ich ihr noch einmal so einen Ärger mache.« Er klang weinerlich. »Beim letztenmal war es mein Bruder. Sie haben ihn im Bett erwischt, mit der Frau seines Chefs, und wollten ihn zu Tode prügeln. Der Chef und seine Söhne. Mit dem Hammer sind sie auf ihn losgegangen. Er hat sich bloß verteidigt. Du weißt ja, wie wir sind, klein, aber oho! Sechs Monate! Das Landstreichergesetz und sechs Monate. Und dabei hatte er noch Glück. Aber meine Mutter, du kannst dir nicht vorstellen, wie schlimm das für sie war.«
    »Und deine Frau?«
    »Die hat sich ein Kind machen lassen.«
    »Von wem?«
    »Von mir, wenn ich Glück hab’. Aber sicher ist nur, daß sie schwanger ist. So!«
    Er zeigte mit den Händen, wie schwanger sie war, und bog sich vor Lachen. Carvalho erinnerte sich undeutlich an ein andalusisches Mädchen, zart, feingliedrig und großäugig, auf der anderen Seite des doppelt vergitterten Fensterchens im Besuchszimmer des Gefängnisses. Ginés hatte sich zu ihm gebeugt und gesagt: »Das ist meine Frau. Sie ist sehr schön, auch wenn sie nicht so aussieht. Wenn ich rauskomme, bearbeite ich sie ein bißchen, und nach zwei Tagen sieht sie richtig appetitlich aus und ich komme auf dem Zahnfleisch daher!«
    Das war etwa zehn Jahre her, und nur Ginés war derselbe geblieben.
    Zum Abendbrot verzehrte er einige Tapas an der Plaza Real und machte sich dann auf zu Charos Wohnung, im Magen zwei Liter Bier und ein halbes Kilo gebratener Sardinen, die zu dick bemehlt und zu ölig gewesen waren und ihm sauer aufstießen. Er öffnete die Tür mit seinem Schlüssel und platzte genau in die Szene hinein, die er vorhergesehen hatte: Eine von Charos Schützlingen lag schluchzend auf dem Sofa, während ein dünner, blaßvioletter Jüngling nervös um sie herumschlich. Charo versuchte, das weinende Mädchen zu trösten. La Andaluza war in der Küche.
    »Was hast du hier zu suchen?«
    »Er ist ihr Verlobter«, erklärte Charo vermittelnd.
    Carvalho streckte die Hand aus und zeigte dem Jüngling den Ausgang zur Straße. Dessen Gesichtszüge hatten sich entspannt und im Vorgefühl einer Schlägerei zu einem Grinsen verzogen. Carvalho taxierte seine ziemlich großen, mit protzigen Ringen bestückten Hände.
    »Steck dir deinen Juwelierladen in die Tasche und zieh Leine!«
    »Vielleicht steck ich ihn dir lieber in die Fresse!«
    Carvalho schien die Drohung überhört zu haben, schnellte aber plötzlich herum und versetzte dem Jüngling mit der Handkante einen Schlag auf den Hals. Dieser wich einen Schritt zurück, die Hände an der Kehle, und schon bekam er von Carvalho eine Rechte und eine Linke in die Zähne. Weder die Schreie der Verlobten noch Charos Gebrüll hielten ihn zurück. Er stürzte sich auf den zusammengekrümmten Körper, packte ihn an den Haaren und schleifte ihn zur Wand. Der Junge blieb am Boden sitzen. Carvalhos Hände griffen in seine Taschen, hinter seinen Gürtel, unter die Achseln und in die Stiefelschäfte. Irgendwo holten sie ein geschlossenes Schnappmesser hervor. Er trat von dem Körper zurück und hielt von der Zimmermitte aus die drei Frauen in Schach. Angst und Empörung hatten Charo paralysiert. La Andaluza schickte sich ohne Zweifel an, einen Appell an die Vernunft vom Stapel zu lassen, und die Verlobte umarmte ihren blutenden, am Boden sitzenden Verlobten.
    »Ich hatte gesagt, daß ich eure Macker hier nicht sehen will!«
    »Ich glaubte, sie hätten ihn verhaftet!«
    Das Mädchen, das neben dem Mann am Boden kniete, stöhnte wütend und

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