Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
Vom Netzwerk:
locken. Dann hätte ich dir gezeicht, wo Hassan ist. Und ich wär vor dir gegangen, damit du mich von hinten schubsen könntest oder so. Nää? Nää David? Stimmt doch, oder? Stimmt doch!“
    Ja, verdammt, ja, aber wieso weißt du das?
    „Nein! Echt nicht! Ich kann auch vorgehen.“,
    „Ich hab auch gar keine Böcke mehr mit dir befreundet zu sein. Mit eim Lügner wie du, Allä!“,
    „Okay. Alles klar. Und was willst du jetzt machen? Willst du mich abstechen? Dann tu es verdammt, tu es!“
    Ein neuer Schwall frischen Blutes schoss aus Lasses Nasenlöchern. Er schien nervös zu werden, denn er atmete schwer, was man durch die Blasenbildung im Blut deutlich sah.
    „Das ist mir immer noch lieber als in eurem komischen Kabuff gefangen zu sein. Wozu, Lasse? Wozu?“,
    „Hä?“,
    „Wozu macht ihr das? Warum ich? Was hab ich euch getan!“,
    „Gar nix. Aber meine Muddä möchte das so. Und du findest sie voll geil, oder? Hehe, meinst du, ich seh das nicht?“ Lasse war jetzt so dicht vor ihm, dass David bereits seinen Atem riechen konnte. In den Bauch? In die Eier? Ins Gesicht? So lange er redet, sticht er nicht zu… Ins Gesicht ist zu riskant. Erstmal muss ich ihn lähmen und dann… Nur wann schlag ich zu? WANN verdammt!?
    „Ich hab von Anfang an gesagt, dass ich keinem von euch etwas Böses will. Ich wollte nur bei euch mit. Mehr nicht.“,
    „Oooh. Das tut mir aber leid Baby-David. Du hast mich vorhin gehauen, Altää. Jetzt bist du so dran ey!“ Sie fingen an, sich im Kreis zu drehen. Fast automatisch. Schwer zu sagen, wer damit angefangen hatte, aber sie drehten sich im Kreis, wie bei einem eigentümlichen Tanz. Lasses Aggressionen – sie mussten sich über Jahre und Jahrzehnte angestaut haben – kochten über wie Wasser in einem Kochtopf. Sie sprudelten munter aus ihm heraus und ergossen sich über ihm. Diesem Kerl war nicht mehr zu helfen. David aber war noch immer gelähmt, ihm fehlte der Auslöser, der Hebel, der alles in Gang setzte, der seinen Arm vorschnellen ließ und diesen widerlichen Fettsack ein für allemal erledigte. Mit einem Wort – Er hatte Angst . Und das zu recht. Denn eine falsche Bewegung konnte ausreichen. Lasse würde einfach zu stoßen. Hätte er vorher gewusst, dass dieser Junge so schwer zu überzeugen war, hätte er wohl schon im Wohnwagen dafür gesorgt, dass er nie wieder auch nur einen Fuß vor die Tür setzte. Aber für hätte, wäre, wenn-Geschichten war es nun zu spät. Es galt alles oder nichts - Friss oder stirb . Und Lasse war drauf und dran dieses Spiel zu gewinnen.
    Er sagte wieder, „Los schlag mich. Na los!“ Und dieses Mal trat er ihm zudem noch gegen sein Schienbein. Da war er - der endgültige Auslöser. Er überlegte nicht, wohin er genau schlagen sollte, er ließ die Faust einfach nach vorn schießen. Sie schlug auf seinem Brustkorb ein. Kurz darauf folgte ein seltsamer Moment totaler Stille. Wie vor einem drohenden Unwetter, Sekunden bevor der Himmel seine Schleusen öffnet. Es war ein Moment, der sich wie in Zeitlupe abspielte. David sah jeden Pickel, jedes Barthaar und nicht zuletzt das viele Blut in Lasses Gesicht. Und er wusste - jetzt dreht er durch. Gleich kickt der ab!
    Doch bevor es dazu kommen konnte, platzierte David zwei aufeinander folgende Fausthiebe mitten in Lasses Gesicht. Diesmal machte es ein Geräusch, als hätte jemand eine auf der Straße liegende Chipstüte überfahren. Der zweite Hieb war so präzise, dass Lasses Nase sich auf der Stelle regelrecht verbog. David spürte, wie das Nasenbein unter der elementaren Wucht seiner Faust nachgab und brach. Im nächsten Moment jedoch fand er sich auf dem Boden wieder. Er war so stürmisch vorgegangen, dass er vornüber geflogen war. Er verlor Lasse einen fatalen Moment lang aus den Augen. Er sah nur den Himmel. Dann das Gras. Das Letztere konnte er sogar schmecken . Und als er gerade in einem wirren Taumel wieder auf die Beine kam, brannte sich ihm ein markerschütternder Schmerz in den Körper. Ihm war sofort klar, dass es sich um das Messer handelte, welches sich in sein Fleisch bohrte. Komischer Weise sah er in diesem einen, kurzen Moment ausgerechnet seinen einstigen Chef vor dem inneren Auge. Es gab keine logische Begründung dafür und das Bild verflog ebenso schnell, wie es gekommen war, nur um einer Abfolge von allen möglichen Lebensereignissen Platz zu machen. Es waren lediglich Sekundenbruchteile, doch diese reichten aus, um ein wahres Feuerwerk an Erinnerungsfetzen aufzuwirbeln,

Weitere Kostenlose Bücher