Per Anhalter (German Edition)
Scheide ein. Sie sah herunter. Alles war voller Blut. Es spritzte wie die Fontäne aus einem Hydranten aus ihr heraus.
„Du blutest, Süße. Das hättest du mir aber wirklich sagen können. Hörst du?“ Sein Gesicht war über ihr. Sie lag mit dem Kopf auf ihrem Kissen. Und Marco? Er war überall. Überall. Er schien in ihr zu stecken, auf ihr zu liegen, eins mit ihr zu sein. Sie waren verschmolzen. Marco war die Kälte. Er war es, weshalb sie so fror.
„Du blutende Sau! Du blutende, ekelhafte Sau! Jetzt bin ich an der Reihe, das kannst du mir glauben. Jetzt wird dir niemand helfen!“ Sie schrie. Doch der Schrei blieb ihr im Hals stecken… Das letzte was sie sah, war sein pickeliges Gesicht, direkt über ihrem… sie spürte, wie er sie mit all seinen Wichsgriffeln gleichzeitig fingerte... Und hörte sein krankes, plumpes Lachen… Der Schrei – er kam aus ihr heraus. Endlich! Endlich!!!
… Und es war dunkel!
Stockdunkel!
Und kalt!
Die weißen Gardinen wehten weit in ihr Zimmer hinein. Wie Gespenster sahen sie aus. Ihr Zimmerfenster war geöffnet. Ob Marco dort entlang geflüchtet war? Sie schüttelte sich vor Ekel und konnte noch dieses nasse Riesending in ihrem Mund spüren, dass seine Zunge war. Sie fror entsetzlich, doch die Gänsehaut rührte in erster Linie von der Angst und dem Abscheu.
Ihre Decke lag neben dem Bett und ihr Kissen war total zusammengedrückt ganz oben am Kopfende. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie endgültig begriff, dass es nur ein schrecklicher Traum gewesen war. Marco Harnsch, der Versager, war nie hier gewesen. Der Albtraum war ihr unheimlich real vorgekommen. So real, dass sie noch immer zusammenzuckte, wenn die sanfte Brise draußen etwas stärker wurde und noch mehr Kälte in ihr Zimmer brachte. Als ob er plötzlich doch noch durchs Fenster oder unter ihrem Bett hervor gekrochen kommen würde.
Die Kälte war in der Tat real. Sie hatte sie mit in ihren Traum eingebaut.
Und noch etwas anderes war Wirklichkeit: Ihre Periode hatte eingesetzt und sie war tatsächlich nackt bis auf die Unterhose. Nachdem sie am Abend geduscht hatte, war sie völlig fertig einfach eingeschlafen. Sie hatte schon gespürt dass ihre Tage im Anmarsch waren, und doch vergessen, wenigstens eine Slipeinlage oder Binde zu verwenden.
Hättst mir ja sagen können dass du blutest , hörte sie Marco sagen. Und sah ihn grinsen. So ein widerlicher Gedanke. Das Schlimmste daran war, dass man Marco genau so etwas zutraute. Dieser Junge war von der Sorte Mann, die nie eine abbekamen und sich eines Tages einfach holten was sie brauchten. Mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste.
Sie stand auf und ging ins Badezimmer.
Erstmal ab auf die Toilette!
Ihr Höschen war dermaßen voll geblutet, dass sie befürchtete, auch das Bettlaken noch wechseln zu müssen.
Das war nun schon das zweite Mal, dass ihre Periode sie im Schlaf überraschte.
Sie stützte ihre Ellenbogen auf die Knie und legte die Hände an ihren Kopf. Es ging ihr hundselend, und während der Würgegriff des verabscheuenswerten Albtraums sich allmählich lockerte, erwachte nun dafür die Erinnerung an David wieder. Wenn sie an den Moment dachte, als die beiden Polizisten vor der Tür standen, an die ganze Anspannung die sie dabei empfunden hatte, an den Moment, als sie ihr mit ihren Informationen praktisch den Boden unter den Füßen wegzogen, an die Angst, die Sorge, die Verzweiflung und all die anderen krank machenden Gefühle, dann erstarrte ihr ganzer Körper zur Salzsäule. Den ganzen Tag über war das schon so gegangen, und jetzt fing es wieder von vorne an. Es war vor allem die Art, wie der ältere Polizist sie gefragt hatte. Freundlich aber bestimmt, jedoch auch völlig überraschend.
Mit allem hätte sie heute früh gerechnet, aber ganz sicher nicht mit so etwas.
Sie schämte sich für den Moment, als Brian vor der Tür stand, als der Polizist gerade gehen wollte. Sie fragte sich, was er wohl von ihr dachte.
Er muss mich für das schlimmste Luder von ganz Flensburg halten!
Doch viel schlimmer waren die filmartigen Sequenzen in ihrem Kopf. Kurzfilme, die auf Grundlage jener Fotos in Bewegung gerieten, die David ihr über das Internet einst schickte, sowie auf der Erinnerung an ihre gemeinsamen Webcamchats. Und dann sah sie ihn in die Pedalen treten, mit seinem süßen Lächeln.
In seinem Kopf war nur ich. Er wollte zu mir und hat sein Leben riskiert. David stieg voller Hoffnung ab und stellte sich mit ausgestrecktem
Weitere Kostenlose Bücher