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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
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Zeiten mit Pauken und Trompeten verkünden und sich einfach Luft machen. Um kurz vor 18 Uhr, sie hatte inzwischen drei Gläser Sekt intus und hatte geduscht, probierte sie es erneut.
    Wieder ohne Ergebnis.
    Nadja kam nach Hause.
    Sie verhörte sie ein weiteres Mal scharf, doch ihrer besorgten Miene konnte sie entnehmen, dass es keine geheimen Absprachen zwischen den Geschwistern gegeben hatte.
    Um 19 Uhr, sie hatte Nadja nunmehr versprochen, sich mit ihr einen gemütlichen Abend zu machen, überkam sie bei der Zubereitung des Abendessens (dies bestand aus zwei Tiefkühlpizzen >>Vier-Käse<<) erneut die Wut und sie entschied sich, in Davids Zimmer zu gehen, um irgendetwas zu ermitteln. Gleichzeitig beauftragte sie Nadja damit, nachzuschauen, ob Davids Fahrrad noch im Keller stand. Sie kam hoch und war bleich wie eine Leiche. Das Fahrrad war weg! Sie untersuchte derweil Davids Zimmer. Natürlich kam sie nicht an seinen Scheißcomputer heran. Sie kannte sein Passwort nicht. Was genau sie hier suchte oder was sie zu finden glaubte, konnte sie nicht sagen. Sie hoffte einfach irgendetwas ausmachen zu können, womit sie ihm auf die Schliche kommen konnte. Lenas Nummer zum Beispiel oder eine ausgedruckte Route nach Flensburg mit Lenas genauer Adresse. Doch derartiges fand sie in dem Chaos aus halbvollen, leeren und bereits verschimmelten Eisteepackungen nicht. Berge von Papier, seine alten Schulunterlagen, der Ausbildungsvertrag, Chipspackungen, deren vertrockneter Inhalt auf dem Fußboden, dem Bett sowie auf dem Schreibtisch verstreut lagen, getragene Socken, zerknüllte, längst ausgelesene Zeitschriften, Zeitschriften, die nie gelesen worden waren, bei denen nur die Software-CD entnommen wurde und die im Laufe der Zeit hinter den Schreibtisch gerutscht waren.
    Davids Zimmer war die reinste Müllhalde.
    Im Drucker lag ein Foto von Lena.
    Man brauchte schon viel Fantasie um in dem Pixelmeer den Kopf eines Mädchens auszumachen.
    Auf dem Schreibtischstuhl: Noch mehr Wäsche. Angefangen bei Jacken, über Boxershorts bis hin zu einer Jogginghose. Sie durchwühlte alles und schmiss es zu Boden. Der Kleiderschrank stand offen. Es war ein sehr alter, mittlerweile schrottreifer Pressholzschrank, der an den Seiten bereits aus dem Leim ging und bei dem beide Türen lose in den Angeln hingen. Gleiches galt für den Schrankboden, auch der hing an einer Seite bereits locker herunter. Doch sie fand nichts. Keinen einzigen Anhaltspunkt in Davids Tohuwabohu.
    Sie bemerkte, dass Nadja noch immer in der Tür stand.
    Sie hatte die Arme vor ihrem Körper verschränkt und beobachtete sie, wie sie sich in einer Art Tobsuchtsanfall durch Davids Sachen bahnte.
    Sie spürte genau, dass es ihrem Mädchen nicht passte, aber das war ihr egal.
    „Kennst du Davids Passwort?“ fragte sie Nadja.
    „Nö!“ antwortete sie patzig.
    Mareike entrümpelte gerade den Bettkasten. Hier das gleiche Bild wie überall im Zimmer: Papiere über Papiere, alte Strümpfe, nicht mehr benötigte Schulsachen.
    Ein gigantisches ungeordnetes Sammelsurium.
    In der Küche schrillte die Eieruhr.
    „Unsere Pizza ist fertig“ sagte sie in Richtung ihrer Tochter.
    Nadja nickte nur, blieb jedoch stehen. Mittlerweile hatte sie wieder Farbe im Gesicht.
    Sie betrachtete ihre Tochter. Sie wirkte unwahrscheinlich groß und reif wie sie da in der Tür stand. Ihre Körperhaltung deutete etwas an, wie: Mama, das was du machst, geht gar nicht . Du willst doch auch nicht, dass wir in deinen Sachen wühlen, oder?
    „Was ist? Willst du die Pizza nicht schon mal rausholen und schauen, was heute Abend im Fernsehen kommt? Irgendwas schönes für uns?“ Sie fand, dass sie sich schon wie eine Wahnsinnige anhörte.
    „Was machst du da eigentlich?“ fragte Nadja. Auch das hörte sich unglaublich reif an. Anklagend irgendwie, ernsthaft erzürnt und ein bisschen erschrocken.
    „Das siehst du doch, oder? Ich entrümpel Davids Zimmer.“,
    „Und warum?“,
    „Weil er mir auf den Sack geht, darum!“,
    „Hä? Und wieso musst du deshalb seine Sachen durchwühlen?“,
    „Naddi…“,
    „Was?“,
    „Bitte! Ich bin wirklich wütend auf David. Er verhält sich mir gegenüber wie das letzte Arschloch. Ich lass das nicht auf mir sitzen, dass der sich `n faulen Lenz mit seiner Ische macht, mir nicht mal Bescheid gibt und meint er muss hier den Erwachsenen spielen. Dann hat er Pech gehabt!“,
    „Ja, aber wonach suchst du denn?“,
    „Das weiß ich nicht!“ stöhnte sie, und es war die Wahrheit.

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