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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
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süß!
     
    Dass die Kinder ihr dabei halfen, die Einkäufe nach oben in die Wohnung zu tragen, brauchte sie nicht zu hoffen. Nicht einmal Nadja, und das obwohl sie im Gegensatz zu David fleißig und gewissenhaft war und ihre Umwelt wahrnahm. Manchmal war es ganz schön nervig, dass sie immer erst fragen musste, bevor ihre Kinder mit den Hintern hochkamen. Heute ließ es sie kalt. Sie war ganz mit ihren Gedanken beschäftigt. Als sie endlich alles oben hatte, ließ sie sich zunächst erschöpft auf den Stuhl in der Küche nieder, machte sich eine Flasche Wasser auf und zündete sich eine Zigarette an. Es war wirklich unglaublich warm an diesem Tag. Alle heimischen Vögel waren offenbar ausgeflogen, denn normalerweise kam wenigstens Nadja zielsicher in dem Moment zu ihr, wenn alle Einkäufe in der Wohnung waren. Genüsslich zog sie an ihrer Zigarette und genoss die ungewohnte Ruhe in der Wohnung.
    Nur das Schnarren des Kühlschranks und das Ticken der Küchenuhr durchbrachen die Stille. Sie hätte jetzt gut ein Gläschen Sekt vertragen können, doch im Rahmen ihrer selbst auferlegten Disziplinarmaßnahmen war Sekt trinken vor 20 Uhr abends tabu.
    Von Zeit zu Zeit mal ein Gläschen Sekt - das brauchte sie und das gönnte sie sich auch, genau wie ihre Zigaretten. Ein bisschen Luxus musste eben doch  drin sein, auch wenn es wahrhaftig nicht viel war.
    Sie wollte gerade aufstehen und damit beginnen, die Einkäufe wegzuräumen, als ihr Davids Zettel auf dem Tisch auffiel. Er lag halb unter der blauen Obstschale, in der schon seit Tagen das kümmerliche Exemplar eines roten Apfels verschrumpelte.
    Sie nahm ihn in die Hand und las ihn einmal… zweimal… dreimal… und konnte es immer noch nicht fassen. Ihre gute Laune schmolz dahin wie Butter in der Mikrowelle.
    Sie kannte diesen Jungen 16 lange Jahre, und sie hätte schwören können, dass Davids Drohung vom Vorabend nur eine von zigtausend leeren Drohungen war, die er im Laufe seiner trotzigen Flegeljahre ausgestoßen hatte. Das glaube ich nicht! Das kann ich einfach nicht glauben! Was war das doch für eine bodenlose Respektlosigkeit von diesem Jungen, ihre Sanktion auf die Art zu übergehen! Sie kochte innerlich vor Wut. Sie kochte sogar so sehr, dass bittere Tränen des Zorns ihre Augen überfluteten. Sie zerknüllte den Zettel in ihrer zur Faust geballten Hand, presste die Zähne aufeinander und warf ihn in eine Ecke.
    „Ich fass es nicht !“ keifte sie in die leere Küche.
    Es kam ohnehin selten genug vor, dass sie sich von David ernst genommen fühlte, aber derart heftig hatte er ihre Autorität noch nie übergangen.
     
    ***
    „Da haut dieses Arschloch einfach ab. Ich kann das immer noch nicht fassen !“
    Sie wiederholte sich. Dieser Satz kam immer wieder.
    Ihre Mutter war am Telefon. Sie musste irgendwo hin mit ihrem Frust der sich anfühlte, als hätte ihr das eigene Kind einen Tritt in die Magengrube versetzt.
    „Na ja“, entgegnete ihre Mutter, „Aber du weißt ja selbst was Papa immer gesagt hat: Nimm den Jungen härter zur Hand, das wird sonst nichts mit ihm, der tanzt dir auf der Nase rum!“ Klasse, das ist jetzt genau das, was ich hören will, mach nur weiter.
    Ihre Eltern waren immer groß darin, ihr vorzuhalten, was sie alles falsch machte, weswegen sie es wenn möglich mied, mit ihren Eltern über erziehungstechnische Angelegenheiten zu sprechen. Speziell ihr Vater hatte eigentlich immer etwas zu mosern.
    Ihre Mutter hingegen war der „Keine eigene Meinung Typ“ und stellte sich bedingungslos hinter ihren Mann.
    „Aber du kennst David auch“ sagte sie, „Und du kannst dir mir nicht erzählen, das so eine Aktion zu ihm passt.“,
    „Ne. Ne das ist richtig, das geht auch zu weit.“,
    „Ja, aber dann sag mir doch mal, was ich mit diesem Kind noch machen soll. Ich bin mit meinem Latein am Ende. Was soll aus diesem Kind werden, Mutti? Der bringt mich zur Weißglut, glaubst du das?“,
    „Ja“ sagte ihre Mutter, aber einen Tipp hatte sie nicht für sie parat.
    „Ich weiß das auch nicht, Schatz“,
    „Man, ich bin sowas von geladen!“,
    „Ja, aber was nützt dir das? Reg dich da nicht drüber auf. Wenn er nach Hause kommt ist der Arsch ab, und fertig bist du damit.“,
    „Ja, aber was nützt es denn ? Er kümmert sich einen Scheiß um alles. Ob ich ihm nu was sage oder in Hamburg platzt `ne Bratwurst, es prallt einfach an ihm ab. Er sitzt in seinem Zimmer, daddelt an seiner Kiste rum, bewirbt sich um keine Ausbildung oder einen

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