Per Anhalter (German Edition)
aus!“ befahl sie. David gehorchte und schnallte sich ab. Besser, wenn er keine Fragen stellte.
Er war jetzt so kurz vor dem Ziel, und wenn sie jetzt wollte, dass er ausstieg, dann bitte!
Im Hintergrund rauschten Autos vorbei. Sie war nicht besonders weit in den Feldweg hinein gefahren. Was immer sie also jetzt vorhatte, konnte so schlimm nicht sein.
Er stand an der Motorhaube. Der Kühlergrill war bedeckt mit den Kadavern zigtausender toter Fliegen. Von einigen existierte nur noch ein gallertartiger Fleck mit zwei Flügeln.
Britta stieg aus und zündete sich eine Zigarette an.
In ihrer linken Hand hatte sie ein Handy.
Sie tippte eine Nummer ein und hielt es sich ans Ohr. „Ja, ich bin`s“ sagte sie. Wer immer am anderen Ende der Leitung war schaffte es, ihr ein Strahlen aufs Gesicht zu zaubern.
„Ich bin in ungefähr einer halben Stunde da“. Sie zog an ihrer Kippe. „M-hm, ja, hab ich… Ja…“ dann grinste sie und freute sich über was auch immer. „Alles klar. Ja. Bis dann… Ich mich auch… Ciao!“
Dann legte sie auf und verstaute das Mobiltelefon in der Gesäßtasche der Shorts.
Lässig warf sie ihm die Packung Prince zu und David fing sie mit einer Hand auf.
„Danke!“ sagte er und nahm sich eine Zigarette heraus. Er zündete sie mit dem Feuerzeug an, dass Britta in die Schachtel gesteckt hatte und gab ihr die Schachtel zurück. David räusperte sich wieder. Es war ein Räuspern das aus reiner Verunsicherung entstand, denn Britta sagte wieder einmal gar nichts. Sie hatte ihn aufgefordert auszusteigen und er hatte es getan. Punkt! Was jetzt folgen sollte, lag in Brittas Hand, doch das absurde war, dass gar nichts folgte.
Es war, als hätte sie nur angehalten um noch fix eine mit ihm zu rauchen. Eine Kippe auf die großartige neue Freundschaft, weiter nichts. Ein unsichtbares Band schlang sich um Davids Kehle, denn sie schaute ihn an. Ja, sie schaute ihn an und sagte nach- wie vor kein Wort.
Er klopfte Asche von der Zigarette ab, obwohl gar keine dran war. Er hatte sie bereits nach seinem letzten Zug abgeklopft.
Britta schaute auf den Boden und klopfte ihrerseits Asche von der Zigarette ab.
David fiel auf, dass Britta Lasse mit keinem Wort gebeten hatte, im Auto zu warten.
Er blieb trotzdem drinnen sitzen, obwohl die Hitze in der Karre absolut unerträglich war und es einfach gut tat, sich einen Augenblick die Beine zu vertreten.
Erwachte da etwa schon wieder seine paranoide Seite, oder… War es wirklich möglich, dass diese Aktion hier geplant war? Schon wieder drang ein Räuspern aus ihm heraus. Es war eine Art Mechanismus, der dieses Räuspern herauf beschwor. Er konnte nichts dagegen tun… diese Stille war um ein Vielfaches anstrengender und unangenehmer, als das Geschrei eines kleinen Kindes an der Supermarktkasse oder dem stetigen Hämmern eines Presslufthammers. Sie malträtierte einen noch viel, viel mehr, und wenn sie auch nur durch ein Räuspern unterbrochen werden konnte, dann war das immerhin schon mal ein Anfang. Besser als Nichts, wenn auch nicht besonders kreativ. Und wieder – schon wieder räusperte er sich.
„Hör damit auf“ sagte Britta gedämpft.
„Womit?“,
„Mit diesem ÄHEM, ÄHEM die ganze Zeit. Das geht mir auf`n Sack.“,
„Okay!“,
„Ja? Ist das okay für dich?“,
„Na klar.“,
„Warum machst du es denn?“,
„Das Husten?“,
„Ja.“,
„Keine Ahnung.“,
„Ich schon, David. Ich habe eine Ahnung.“,
„So?“ Plötzlich bewegte sie sich mit der Geschmeidigkeit einer Schlange auf ihn zu. Es war ganz gewiss keine Einbildung – ihre Hüften schwangen mit! Ihr braungebranntes Gesicht war direkt vor seinem. Er konnte den Duft ihrer sonnendurchfluteten Haut riechen und den Geruch von kaltem Rauch, der zwischen ihre Lippen hindurch kroch. Seine Augen fixierten diese Lippen. Sie waren sehr schmal und ein klein wenig spröde, und sie hatten die verdammt gleiche Eigenart wie ihre Augen: Sie wirkten wie Magneten. Verflucht noch mal, die ganze Frau war der reinste Magnet.
Jetzt, wo sie so vor ihm stand, kitzelte es in Davids Hals- und Rachenraum.
Ein Gefühl dass er noch nie erlebt hatte.
„Du bist ein sehr unruhiger Geist, David“
Ihr rechter Zeigefinger legte sich auf sein Kinn und hob seinen Kopf an, so dass er direkt in ihre atemberaubenden Augen schauen konnte.
„Unruhig und voller Furcht, hm?“ Ihre Stimme klang auf einmal überhaupt nicht mehr krächzend. Sie war weich und zart und die Worte klangen gediegen und
Weitere Kostenlose Bücher