Per Anhalter (German Edition)
tippte auf der Kasse. „Ich soll noch zweima hier, äh, sach schnell…“,
„Winston?“,
„Ja. Genau!“ Sie kannte ihre Pappenheimer.
„So einen nehm ich auch noch!“ sagte er und legte einen Bounty-Riegel auf den Tresen. „Auch noch? Mann-Mann-Mann. Da werde ich ja schon beim hinschauen dick.“ Sie scannte den Riegel. „Zwölfzweiundfünfzig soll ich denn bei dir haben“,
„Swölfsweiundfünfsig. Hauerhauerha…“ Er kramte in seinem von Schweiß malträtierten Portemonnaie nach Kleingeld. Er hatte es bei Wind und Wetter vorne in seiner Hosentasche, so dass es kein großes Wunder war, dass es aussah, wie es aussah.
„Will ich ma sehen ob ich das passend für dich hab. Aaah ja, kommen wir überein?“ Sie zählte nach und nickte zustimmend, „Jawoll, das sieht gut aus!“,
„Wunnerbar!“ Als er im Gehen begriffen war, musterten seine Augen die ihren.
Auf andere Weise als auf die sonst übliche. „Aber irgendwas hast du doch, nä?“, „
Ach du“ beschwichtigte sie, „Nichts als die sonst üblichen Problemchen.“,
„Naa?“,
„Der Große hat sich gestern abgeseilt, keine Ahnung wo der hin ist, ist mir auch egal, höchstwahrscheinlich bei seiner Freundin, dann zickt meine Kleine rum weil ich gestern so einen Hals hatte und das Zimmer vom Großen auseinandergenommen habe. Fand sie gar nicht so klasse… und der Monat hat mal wieder mehr Tage als ich Geld habe.“,
„Ooo-ha!“ sagte er. Sie wusste, dass er sie gleich wieder fragen würde, ob er ihr etwas Geld leihen dürfte. Er würde es ihr auch schenken betonte er stets, doch sie lehnte jedes Mal gewissenhaft ab, denn in ihrem Vertrag stand drin, dass Geschenke von Kunden grundsätzlich nicht angenommen werden dürfen und wenn dann nur nach Rücksprache mit dem Chef.
Doch unabhängig davon, was in ihrem Vertrag stand, hätte es obendrein auch ihren moralischen Grundsätzen widersprochen, von einem mehr oder weniger fremden Mann Geld anzunehmen. Es war nie gut, Geld zu leihen, wenn man es sich unter keinen Umständen leisten konnte, dieses zurückzahlen zu können. Wenn er mal in Not war, hätte sie ihm nie unter die Arme greifen können, weil sie schlicht und ergreifend nie Geld übrig hatte.
Und in Naturalien zurückzahlen kam für sie nicht infrage. So dringend war sie nicht auf Almosen angewiesen. Im Falle äußerster Not hatte sie immer noch ihre Eltern, die sie „beleihen“ konnte (und was das bedeutete, konnte sie mit schöner Regelmäßigkeit sehen: Sie brauchte das Geld zwar nie zurückzahlen, musste sich dafür aber dauernd irgendwelche Sprüche von ihrem Vater gefallen lassen. Ihm einmal so richtig die Meinung zu sagen kam nicht infrage, denn schließlich musste sie sich ja immer vor Augen halten, wie oft er sie schon aus der Patsche geholt hatte…). „Willst du was bei mir leihen?“ fragte er sie wie erwartet. Sie lehnte dankend ab.
„Ansonsten musst du mir das nur sagen, dann bekommen wir das schon hin.“,
„Danke, das ist ganz lieb gemeint. Aber ich komm schon zurecht.“,
„Nun denn. Wenn du das sagst.“,
„Ja“ sagte sie, zwinkerte ihm flüchtig zu und lächelte. Ein Kunde kam herein und bezahlte seine Tankrechnung. Als dieser wieder draußen war, stand Stephan nachdenklich, eine Hand am Kinn, die andere um die Dose Elephant geschlungen, an einem der beiden Bistrotische.
Es war gut dass er heute drinnen blieb, sie brauchte jemanden zum Reden.
„Und wo ist dein großer Bengel hin?“ fragte er sie.
„Ich schätz mal zu seiner Freundin. Nach Flensburg“ antwortete sie ihm mit trotziger Stimme. „Aber wo genau sie da wohnt und wie er da hin gekommen ist“ sie breitete die Arme aus und zuckte mit den Schultern, „Keine Ahnung. Frag mich nicht. Ich weiß nur, dass ich ganz allmählich so einen Hals wegen diesem Jungen habe. Der bringt mich noch mal zur Weißglut.“
Stephan lächelte in sich hinein. Er wirkte noch immer nachdenklich. „Also mit anderen Worten, er ist abgehauen.“,
„Ganz recht. Ich krieg ihn auf Handy nicht zu fassen, die Nummer von seiner Madame hab ich nicht, ich weiß nicht mal ob und wann er wieder kommt. Nichts! Mein Name ist Hase.“ Er führte sich die Dose an den Mund und trank. Er schien ewig weiter in sich hinein kippen zu können, als ob das Bier nur so durch ihn hindurch rauschte. Dann stellte er die Dose wieder auf den Tisch und seine Augen wanderten voller Begehrlichkeit auf die Flachmänner. Aber offensichtlich wollte er sich noch ein klein wenig Zeit
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