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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
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Lisa verrotteten nun irgendwo in diesem See in Dänemark.
    „Wo hast du die Zwillies gelassen?“ hatte Papa Mama gefragt, als sie zurückkamen, und Mama hatte ganz nüchtern geantwortet, „Sind weg!“
    Und damit war das Thema durch.
    Mama wusste was Sache war, er wusste es und Papa wusste es garantiert auch.
     
      Komisch , dachte Lasse, dass ich immerzu an die beiden denke .
    Sein Schwanz regte sich sofort, und das sogar mit diesem wohligen Kribbeln in den Eiern, wenn er an die beiden dachte. So auch jetzt.
    Warum hatten sie nicht einfach Sonja in diese bescheuerte Folie eingewickelt und ersoffen? Sonja war hässlich, blöd und obendrein auch noch behindert.
    Die hätte er nicht mal für Geld und gute Worte gefickt.
    Sie hätte man wahrscheinlich sogar schreien und heulen gehört, wenn man ihr die Fresse zugeklebt hätte.
    Sonja war eklig und immer am Rumkreischen.
    Da musste man schon echt notgeil sein um die zu besteigen.
    Sie war gerade mal vier Jahre älter als er, sah aber schon verbrauchter aus als Mama zum Beispiel.
     
    Die widerliche Vorstellung ekelte ihn an und machte ihn wieder sauer auf seine „Schwester“.
    Er musste pinkeln.
    Und dafür ging er stets zu „seinem Platz!“ und den Bäumen.
    Hier pinkelte er immer hin und das unter Berücksichtigung eines ganz bestimmten Rituals, das wie folgt aussah: Zunächst ließ er die Hose runter. Dann ließ er die Pisse kommen und klemmte seine Röhre mit zwei Fingern so lange ab, bis diese auf die Größe eines kleinen Ballons angeschwollen war. Anschließend zielte er auf diesen Baumstumpf und übergoss ihn mit seinem Urin. Warum er dies tat, wusste er selbst nicht. Vielleicht war das einfach sein Spleen, so wie es Mamas Spleen war, die Familie stetig zu erweitern.
    Ja… Vielleicht.
    Vielleicht lag es aber auch daran, dass dieser ganz bestimmte Ort sein Ort war und dass er ihn markierte wie ein Hund. Normalerweise saß er nicht auf dem Findling auf dem Feld, sondern immer hier, denn hier war er unbeobachtet und konnte tun, was immer er wollte. Egal wo sie waren, solche Orte gab es immer. Und hier – wo immer das auch war – war eben dies hier sein Ort. Manchmal kam er hierher und verzehrte genüsslich ein Stück Kinderschokolade. Das Papier legte er unter ein kleines Holzbrett, so dass es eben gerade noch hindurch schimmerte, oder stülpte es über einen Baumzweig. Dasselbe tat er auch mit Getränkedosen. In Dänemark hatten sie sehr viele Getränke in Dosen gehabt, wovon noch immer einiges übrig war. Eine Dose Pepsi-Cola Lemon sowie eine Dose Coca-Cola, hingen leer hier herum.
    Es war seine Art der Einrichtung – vielleicht – so nach dem Motto: Hier lebe ich, Lasse. Herzlich willkommen in meinem Reich. Gucken könnt ihr, aber fasst ja nichts an.
    Er brauchte diese Orte einfach, denn Lasse war hin und wieder gern allein.
    Für die jeweilige Dauer eines Aufenthaltes, gestaltete er sich seine Rückzugsorte eben. So einfach war das.
    Ganz gleich, ob er nun herkam, um seinen Gedanken nachzuhängen, gemütlich eine Cola zu schlürfen, etwas zu naschen oder sich einen von der Palme zu wedeln.
    Dies waren seine Orte.
    Sie wurden vermutlich erst in hundert oder zweihundert Jahren entdeckt.
    So stellte er es sich jedenfalls vor.
    Irgendwann in der Zukunft.
    Und dann würde  jemand die verrosteten Dosen finden, auf deren unterem Rand man mit Mühe und Not noch erkennen konnte, wie lange sie haltbar waren, und anhand dessen herausfinden, dass hier vor hundert oder zweihundert Jahren jemand gesessen hatte. „Und er muss auf diesen Baumstumpf dort gepinkelt haben. Und hier, sehen Sie, hier in diese Ecke muss er gekackt haben. Wer mag er gewesen sein? Vielleicht hat er hier sogar gelebt.“
    Die Vorstellung, Spuren von sich in dieser Welt zu hinterlassen, die irgendwann einmal irgendwer entdeckte, gefiel ihm. Manchmal war es äußerst bedauerlich, dass sie immer wieder die Orte wechseln mussten. Er hätte gern einen seiner Orte mal ganz für sich alleine behalten, und sie sich nicht ständig neu suchen müssen. Ja, manchmal war es wirklich ein Jammer, wenn man kein festes Zuhause hatte.
    Mama und Papa pflegten dann immer zu sagen, er müsse sich vorstellen, er wäre eine Art Zirkuskind. Die hätten auch kein richtiges Zuhause und reisten immer durch die Gegend. „Nur dass Zirkuskinder auch noch in die Schule gehen müssen, Lasse. Du brauchst nicht mal zur Schule gehen, und du kannst mir glauben, dass dich andere Kinder darum mehr als nur ein bisschen

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