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Per Anhalter in den Himmel - wahre Geschichten für Teens

Per Anhalter in den Himmel - wahre Geschichten für Teens

Titel: Per Anhalter in den Himmel - wahre Geschichten für Teens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerth Medien GmbH
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Schweigen. Wenn sie nichts sagte, gab er sich selbst einen Punkt. Für böse Blicke, gehässige Kommentare und richtiggehende Beleidigungen zog er jeweils einen Punkt ab. Das bedeutete, dass er immer im Minus war!
    Mrs B. war übellauniger, wenn sie stolperte und dann Mühe hatte, sich wieder zu fangen. Cory bemerkte recht bald, dass sie eine unglaublich stolze Person war und dass es ihr einfach peinlich war, so alt und gebeugt zu sein.
    Am liebsten mochte Cory es, wenn sie den Plastiksack aufhielt und er die Blätter hineinfüllte, besonders wenn gerade Leute vorbeikamen. Es gefiel ihm, wenn sie sahen, wie er Mrs B. half.
    Eines Tages brachte Cory eine eigene Harke mit und sie wechselten sich nun auch beim Zusammenharken ab. „Nicht einmal mein Vater kann so gut harken, Mrs B.“, bemerkte er, als er einen weiteren prall mit Blättern gefüllten Sack über den Gartenweg schleifte.
    „Na ja, man muss eben alles in Ordnung halten“, sagte sie munter, „sonst könnte noch jemand auf die Idee kommen, dass man ins Altersheim gehört.“
    Cory dachte über diese Bemerkung länger nach. Der Gedanke, dass man ihm seine Freiheit nehmen würde – dass er beispielsweise gegen seinen Willen bei den Eltern ausziehen müsste –, erschreckte ihn. Auch wenn es nur ein winzig kleiner Aspekt war, so hatte er doch das Gefühl, dass er endlich anfing, Mrs B. etwas besser zu verstehen.
    Als er an einem der nächsten Samstage zu ihr kam, sah sie blass aus, als sie ihm öffnete. Sie strich sich das ungekämmte Haar aus dem Gesicht. „Du musst wieder gehen. Mir geht es heute nicht so gut, dass ich arbeiten könnte.“
    Ein Teil von ihm machte einen Satz bei dem Gedanken, den ganzen Samstag für sich zu haben, aber er sagte: „Das ist schon in Ordnung, Mrs B. Wir wechseln uns einfach ab wie immer. Ich mache meinen Teil heute und Sie Ihren morgen.“
    Cory erwartete ihre unmittelbare Weigerung, aber sie zögerte. „Na ja, das wird wohl so in Ordnung gehen.“
    Dadurch ermutigt, redete Cory weiter: „Sie ruhen sich einfach aus und …“
    Aber da sprühten Mrs B.’s trübe Augen auch schon wieder Funken. „Willst du mich etwa bevormunden?“, krächzte sie.
    „Ich weiß noch nicht einmal, was das bedeutet!“, sagte Cory beschwichtigend.
    „Das bedeutet: Rede nicht mit mir, als ob ich ein Kind wäre“, sagte sie. „Ich bin alt, nicht dumm!“
    Cory stapfte davon, wütend und verletzt. Es war für die nächsten Tage Sturm angesagt, und die Blätter, die noch nicht zusammengeharkt waren, würden entweder wieder über den gesamten Rasen verweht werden oder unter dem ersten Schnee liegen bleiben. Doch anscheinend war ihr das ja egal.
    Am Montag öffnete dann niemand. Cory versuchte, durchs Fenster hineinzuschauen, und war überrascht, als er sah, dass Mrs B. ihr Geschirr nicht gespült hatte. Er klopfte fester und konnte sich schon vorstellen, wie sie knurrte: „Ich bin alt, nicht taub!“ Aber Mrs B. kam nicht an die Tür.
    Sie ist bestimmt immer noch sauer , dachte er verbittert. Na gut, dann bin ich es eben auch. Cory beschloss, sich die ganze Angelegenheit vom Halse zu schaffen. Ganz wie sie wollte. Es würde guttun, sein Leben wieder für sich zu haben.
    Am selben Abend klingelte das Telefon und seine Mutter sah besorgt zu ihm hinüber. „Was ist?“, fragte er. „Habe ich etwas angestellt?“
    „Schatz, Pastor Wheeler war der Meinung, es würde dich vielleicht interessieren, dass Mrs B. im Krankenhaus liegt. Er hat gesagt, dass du der Einzige bist, von dem sie sich jemals hat helfen lassen. Vielleicht ist es wirklich besser für sie, wenn sie in ein Altersheim geht.“
    Cory fühlte sich schuldig. Er strich sich das Haar zurück und stand auf. „Daran brauchst du gar keinen Gedanken zu verschwenden, Mama“, sagte er. „Kann ich den Kombi mal ausleihen, Papa? Ich muss was Wichtiges erledigen.“
    Cory war nervös, als er den breiten Krankenhausgang entlangging, wobei seine Sohlen auf dem blank gebohnerten Linoleumboden quietschten. Im Schwesternzimmer fragte er, in welchem Zimmer Mrs Bartelucci lag.
    Die Schwester musterte ihn über den Rand ihrer Halbbrille hinweg. „Tut mir leid, junger Mann, aber die Besuchszeit ist schon zu Ende.“
    „Könnte ich ihr dann eine Nachricht aufschreiben?“, fragte er hoffnungsvoll, „Mrs B. ist eine Freundin von mir.“
    Die Schwester reichte ihm einen kleinen quadratischen Notizzettel.
    Cory schrieb darauf in großen Druckbuchstaben:
    MRS B. –
    VORGARTEN IST EIN EINZIGES

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