Per Anhalter in den Himmel - wahre Geschichten für Teens
Unsere Eltern waren befreundet, und wir spielten mal bei ihr, mal bei mir zu Hause und übernachteten unzählige Male bei der jeweils anderen. Wir erzählten einander wirklich alles und schworen uns, einander niemals zu verraten. Die Leute lächelten, wenn sie uns zusammen sahen. „Da sind die siamesischen Zwillinge – Mandy und Lindsey!“
An trägen Sommernachmittagen saßen wir in dem Baumhaus, das ihr Vater für sie und ihren Bruder gebaut hatte, aßen Kirschbonbons und träumten davon, was wir werden wollten, wenn wir groß waren. Wir wollten am selben College studieren, uns in irgendeiner Stadt einen Job suchen und zusammen in eine Wohnung ziehen. Und wenn wir dann beide die tollen Typen kennengelernt hatten, in die wir uns unsterblich verliebt hatten, wollten wir bei der Hochzeit der jeweils anderen dabei sein.
Aber irgendwann am Anfang der Oberstufe begann sich zwischen uns etwas zu verändern. Als ich mich in der 11. Klasse um einen Stammplatz in der Volleyballmannschaft der Schule bewarb, schaffte ich es und wurde aufgenommen. Mandy wollte es nicht einmal versuchen. Wir hatten einige Auswärtsspiele, die ziemlich weit entfernt stattfanden, und unterwegs hatten wir alle viel Spaß miteinander. Besonders schön war es, dass ich dabei auch Shelley näher kennenlernte, eine der besten Spielerinnen aus der Mannschaft. Shelley war einfach toll, denn sie gab mir wertvolle Tipps für die Spiele, und das war wichtig, weil ich ja ganz neu in der Mannschaft war.
Shelley hatte einen verschrobenen Humor und gehörte zu den Jugendlichen, die besonders beliebt waren. Wir verstanden uns jedenfalls auf Anhieb gut, denn wir hatten beide großes Interesse an Musik. Den Jungen gefiel Shelley auch – sie hatte langes blondes Haar und trug immer die tollsten Klamotten. Sie hatte ein Händchen dafür, Kleidungsstücke zu kombinieren und klasse auszusehen, ohne dabei aufgetakelt zu wirken. Ich merkte, dass ich manchmal versuchte, ihren Stil zu imitieren.
Es war etwas ganz Besonderes, eine Freundin wie Shelley zu haben. Ich fing jetzt auch an, ein paar von den Jungs richtig wahrzunehmen, aber ich war so unsicher, dass ich schreckliche Angst davor hatte, etwas Falsches zu tun oder zu sagen, wenn sie in der Nähe waren. Aber wenn ich in der Nähe von Shelley war, dann versammelten sich die Jungen dort, und sie nahm mich einfach mit in den Kreis hinein. Bei ihr fühlte ich mich sicher, und das war ziemlich spannend, so als ob ich jetzt erst wirklich erwachsen wurde. Ich spürte, dass manche der Jungen mich auch genauer beobachteten, und in Shelleys Nähe fühlte ich mich einfach selbstsicherer.
Ihre Clique war anders als die Leute, mit denen ich normalerweise zusammen war – keiner von den Jugendlichen gehörte zu der Jugendgruppe in der Gemeinde, und ich bekam mit, wie sie sich über manche der wilden Partys unterhielten, auf denen sie gewesen waren. Ich dachte, ich käme damit schon zurecht.
Doch zurück zu Mandy. Wir aßen in der Schule immer zusammen in der Mittagspause, ausnahmslos immer. Um die Mittagszeit trafen wir uns und setzten uns dann zusammen, um gemeinsam zu sehen, was in unseren Brotdosen war, oder wir kauften uns etwas in der Cafeteria. Manchmal brachten wir einen oder zwei Freunde oder Freundinnen mit, und nachdem wir uns gesetzt hatten, beteten wir noch rasch zusammen, bevor wir anfingen zu essen. Das Gebet half uns dabei, uns unser Christsein im Schulalltag bewusster zu machen, und es machte uns Mut. So war es immer gewesen – Mandy und ich gemeinsam in der Mittagspause. Und so war es bis zu dem Nachmittag, als Shelley und ich zusammen mit dem Bus von einem Volleyballspiel nach Hause fuhren.
Shelley fragte: „Lindsey, was ist das eigentlich mit Mandy?“
„Mandy? Ach, wir kennen uns schon seit dem Kindergarten.“
„Ja? Wie kommt es, dass sie so … weißt du, so still ist?“
Ich lachte. „Was meinst du mit still? Sie ist einfach Mandy.“
Shelley sagte: „Hör mal, Lindsey, du hast es wirklich drauf, cool zu sein. Die Jungs halten dich für ’ne echt heiße Nummer, das spüre ich ganz genau. Aber du musst diese Loser-Typen loswerden, mit denen du dauernd in der Mittagspause rumhängst. Also was ist – ich halte dir morgen in der Pause einen Platz an meinem Tisch frei. Okay?“
„Ja, klar“, sagte ich, aber mein Herz klopfte. Mandy ein „Loser“? Ich dachte über Mandy nach und fing langsam an, sie so zu sehen, wie Shelley sie sah: Ihr glattes braunes Haar, das sie nie richtig bändigen
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