Per Saldo Mord
ausgezogen war und gar nicht erst versucht hatte, die wilde Hast ihrer Abreise zu verbergen. Der Papierkorb floß über von all dem Kram, der sich mit der Zeit in den Schubladen ansammelt und dessen man sich beim Packen entledigt — alte Rechnungen, zerrissene Strümpfe, heruntergetretene Schuhe, ein zerbrodiener Kleiderbügel, leere Parfümfläschchen, Cremedosen. Auf dem Boden des Wandschranks lag ein Haufen zerknüllter Papiere.
Mrs. Charlotte warf einen Blick auf das Chaos und stieß einen ärgerlichen Ausruf aus. »Mein Gott, das sieht ja schrecklich aus! Ich hatte dem Mädchen aufgetragen, wenigstens den ärgsten Schmutz wegzuräumen. Anscheinend hat sie’s vergessen.«
Ich sah Elsie an und zog die Augenbrauen hoch. »Na, Liebling, mir scheint, es ist genau das, was wir suchen.«
»Vielleicht«, murmelte sie bedenklich. »Aber die Unordnung, Donald! Du darfst nicht vergessen, daß wir es sofort beziehen müßten.«
»Tja, da hast du allerdings recht. Ich will dir was sagen, Liebling; du darfst den Zustand der Wohnung nicht zu tragisch nehmen. Findest du nicht auch, daß sie sonst ziemlich genau das ist, was wir...«
Mrs. Charlotte unterbrach mich. »Wieso müssen Sie sofort einziehen?«
Ich wandte mich zu ihr um. »Wir haben bisher bei Freunden gewohnt, die uns nicht weglassen wollten. Sie haben nämlich ein kleines Kind, und Sie wissen ja, wie schwer es ist, wirklich zuverlässige Babysitter aufzutreiben. Solange wir da wohnten, konnten sie abends unbesorgt ausgehen. Aber heute früh sind ganz überraschend die Eltern des Mannes aufgekreuzt. Der Brief, in dem sie ihre Ankunft ankündigten, ging verloren. Deshalb müssen wir uns nach einem anderen Quartier umsehen.« Ich zog meine Brieftasche hervor »Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Mrs. Charlotte. Wir zahlen die Miete im voraus, ziehen jedoch diesmal fünf Dollar ab, weil die Wohnung nicht bezugsfertig ist. Sie gefällt uns, und wenn Sie uns frische Bettwäsche geben, genügt es, wenn das Mädchen die Zimmer morgen früh in Ordnung bringt. Ich muß leider noch heute abend nach San Francisco fahren; aber meine Frau könnte dann gleich hierbleiben. Unseren Freunden wird ein Stein vom Herzen fallen, wenn sie hören, daß wir eine Unterkunft gefunden haben. Sie hatten sich erboten, ihre Leute für heute nacht im Hotel unterzubringen, aber uns erschien das nicht fair. Wenn Sie einverstanden sind, brauche ich nur noch unser Gepäck herzuholen.«
Mrs. Charlotte zögerte und sagte dann: »Wollen Sie das Appartement gleich für ein ganzes Jahr mieten?«
»Offen gestanden wäre es mir lieber, wenn ich mich nicht auf einen so langen Zeitraum festlegen müßte. In meinem Beruf muß ich immer damit rechnen, daß ich von einem Tag zum anderen woandershin geschickt werde.«
»Was für einen Beruf haben Sie denn, Mr. Lam?«
»Ich arbeite für den Geheimdienst. Falls Sie auf Referenzen bestehen, könnte ich natürlich welche beibringen. Andererseits zahle ich die Miete pünktlich, und das ist wohl die beste Empfehlung.«
Sie lächelte phlegmatisch. »Nun, es ist mir zwar sehr peinlich, daß die Zimmer noch nicht aufgeräumt sind, aber wenn es Mrs. Lam wirklich nichts ausmacht...«
»Keine Sorge, Mrs. Charlotte, ich finde mich schon zurecht.« Elsie sah sich um. »Es ist ja nur für die eine Nacht.«
»Schön, dann bring’ ich Ihnen gleich die frische Bettwäsche.« Und zu mir gewandt, fügte sie hinzu: »Wenn Sie mit nach unten kommen, Mr. Lam, gebe ich Ihnen eine Quittung für die Miete.«
Das Telefon begann zu läuten. Ich runzelte die Stirn. »Der Apparat ist wohl noch auf den Namen unserer Vorgängerin eingetragen?«
»Ja. Sie hieß Evelyn Ellis.«
»Na, macht nichts. Ich werde dafür sorgen, daß das geändert wird.« Ich gab Elsie einen Wink, faßte die Managerin am Arm und führte sie auf den Flur hinaus und zum Lift.
Unten im Büro zahlte ich für einen Monat im voraus, bekam von Mrs. Charlotte eine Quittung und verstaute den Wisch in meiner Tasche. Dann sauste ich wieder hinauf. Elsie stand mitten im Zimmer und betrachtete sich das Chaos.
»Haben Sie herausgekriegt, wer der Anrufer war, Elsie?« fragte ich.
»Sie kommen anscheinend ganz schön rum, Donald«, entgegnete sie.
»Was meinen Sie damit?«
»Am Apparat war ein Mann, der sich nach Evelyn Ellis erkundigte. Als ich antwortete, sie sei nicht da, werde sich jedoch wahrscheinlich bei mir melden und ob ich ihr etwas ausrichten solle, sagte er, Miss Ellis möchte umgehend Mr. Calhoun, den
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