Percy Jackson Bd. 5 Die letzte Göttin
aufzuhalten. Aber Typhon rückt vor – auf New York zu. Auf den Olymp.«
Das musste ich erst einmal verdauen. »Wann wird er hier sein?«
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»Falls die Götter ihn nicht stoppen können? Vielleicht in fünf Tagen. Die meisten Olympier sind dort … außer deinem Vater, der seinen eigenen Krieg ausfechten muss.«
»Aber wer bewacht den Olymp?«
Connor Stoll schüttelte den Kopf. »Wenn Typhon New York er-
reicht, dann spielt es keine Rolle mehr, wer den Olymp bewacht.«
Ich dachte daran, was Kronos auf dem Schiff gesagt hatte: Ich würde so gern das Entsetzen in deinen Augen sehen, wenn dir aufgeht, wie ich den Olymp zerstören werde.
Hatte er das hier gemeint – einen Angriff durch Typhon? Es
wäre wirklich entsetzlich genug. Aber Kronos führte uns immer
wieder an der Nase herum, lenkte unsere Aufmerksamkeit in die
falsche Richtung. Das hier schien zu offensichtlich für ihn. Und in meinem Traum hatte der goldene Titan von mehreren Herausforderungen geredet, die noch kommen würden, als sei Typhon nur
die erste.
»Das ist ein Trick«, sagte ich. »Wir müssen die Götter warnen.
Es wird etwas anderes passieren.«
Chiron sah mich mit ernster Miene an. »Etwas Schlimmeres als
Typhon? Das will ich doch nicht hoffen.«
»Wir müssen den Olymp verteidigen«, beharrte ich. »Kronos
plant noch etwas anderes.«
»Das hat er«, warf Travis Stoll ein. »Aber du hast sein Schiff versenkt.«
Alle sahen mich an. Sie wollten eine gute Nachricht. Sie wollten glauben, dass ich ihnen wenigstens ein bisschen Hoffnung geschenkt hatte.
Ich schaute zu Annabeth hinüber. Ich wusste, dass wir dasselbe dachten: Was, wenn die Prinzessin Andromeda eine Falle gewesen war? Was, wenn Kronos gewollt hatte, dass wir das Schiff sprengen, damit wir unvorsichtig wurden?
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Aber vor Silena würde ich das nicht laut sagen. Schließlich hatte ihr Freund sich für diese Mission geopfert.
»Vielleicht hast du Recht«, sagte ich, obwohl ich das nicht
glaubte.
Ich versuchte, mir vorzustellen, wodurch sich die Lage noch ver-schlimmern könnte. Die Götter waren im Mittleren Westen und
kämpften gegen ein riesiges Monster, das sie schon einmal fast besiegt hätte. Poseidon wurde belagert und war kurz davor, einen Kampf gegen den Meerestitanen Okeanos zu verlieren. Kronos war irgendwo unterwegs. Der Olymp war so gut wie ungeschützt. Wir
Halbgötter von Camp Half-Blood waren auf uns allein gestellt und hatten einen Spion unter uns.
Ach ja, und der uralten Weissagung nach würde ich an meinem
sechzehnten Geburtstag sterben – und der war zufällig in fünf Tagen, genau dann, wenn Typhon vermutlich in New York einfallen
würde. Das hätte ich doch fast vergessen.
»Also«, sagte Chiron. »Ich glaube, das reicht für einen Abend.«
Er winkte und der Dampf löste sich auf. Die stürmische Schlacht zwischen Typhon und den Göttern verschwand.
»Das ist eine Untertreibung«, murmelte ich.
Und der Kriegsrat war aufgehoben.
Wir verbrennen ein Leichenhemd aus
Metall
Ich träumte, dass Rachel Elizabeth Dare ein Bild von mir mit Pfeilen bewarf.
Sie stand in ihrem Zimmer … Okay, noch mal von vorn. Erst
muss ich erklären, dass Rachel kein Zimmer hat. Sie bewohnt die obere Etage in dem riesigen Haus ihrer Familie, einer renovierten Backsteinvilla in Brooklyn. Ihr »Zimmer« ist ein Dachgeschoss mit Industriescheinwerfern und Fenstern bis zur Decke. Es ist ungefähr doppelt so groß wie die Wohnung meiner Mom.
Irgendwelche Rockmusik toste aus ihrem mit Farbe bekleckerten
Bose-System. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann galt bei Rachel für Musik nur eine Regel, nämlich dass keine zwei Lieder auf ihrem iPod gleich klingen durften und alle irgendwie seltsam sein mussten.
Sie trug einen Kimono und ihre Haare waren zerzaust, als ob sie geschlafen hätte. Ihr Bett war verwuschelt. Laken hingen über
Staffeleien. Schmutzige Kleidung und alte Verpackungen von Müs-liriegeln lagen auf dem Boden herum, aber in einem so riesigen Zimmer sieht Chaos gar nicht so schlecht aus. Durch die Fenster war die nächtliche Silhouette von Manhattan zu sehen.
Das Bild, das sie beschoss, war ein Gemälde, auf dem ich über
dem Riesen Antaios stand. Rachel hatte es vor einigen Monaten
gemalt. Auf dem Bild sah ich wild aus – beängstigend sogar –, deshalb war es schwer zu sagen, ob ich der Gute oder der Böse war, 64/396
aber Rachel sagte, direkt nach der Schlacht hätte ich genau so ausgesehen.
»Halbgötter«, murmelte
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