Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss

Gock«, sagte Linda und wedelte dabei mit den Armen wie ein Huhn, das mit den Flügeln schlägt.
    Claire drehte sich um und lief zur Tür. »Ich gehe jetzt jedenfalls zum Waldrand und sehe nach, ob Linda recht hat. Wer will, kann mitkommen. Feiglinge können wir aber nicht gebrauchen!«
    »Mein Schwesterherz kann Gack und Gock nicht ausstehen«, flüsterte Linda Percy zu. Und laut sagte sie: »Wirkommen natürlich mit! Passieren wird uns schon nichts, wir haben ja Jim dabei.«
    Der Hund bellte stolz, aber Percy hatte das Gefühl, dass ihm nicht so ganz klar war, wovon Linda sprach.

Tatsächlich fing Jim eine halbe Stunde später an, kläglich zu winseln. Sie standen in warme Mäntel gehüllt unter einem kleinen Torbogen an der Nordseite des Schlosses und der Schnee fiel immer noch in dicken Flocken.
    »Meint ihr denn, wir schaffen es mit
dem
kleinen Licht bis zum Wald?«, fragte Percy und deutete auf die Gaslampe, die Claire in der Hand hielt.
    »Wir werden sogar ganz ohne Licht auskommen müssen«, erwiderte Claire und löschte die Flamme. »Zumindest bis wir am Waldrand sind. Die Gefahr, dass wir vom Schloss aus entdeckt werden, ist viel zu groß.«
    Sie verließen den Torbogen im Gänsemarsch. Unbehaglich schaute sich Percy mehrmals um, aber Schloss Darkmoor war nur noch als eine gewaltige, finstere Masse zu erkennen.
    Kurz bevor sie die ersten Bäume erreicht hatten, hörte es auf zu schneien und der Mond tauchte voll und rund am bewölktenHimmel auf. Claire nahm ihre Kapuze ab, sodass ihre kupferroten Haare im Mondlicht glänzten.
    »Na endlich«, sagte sie erleichtert.
    »Der Galgenbaum!«, sagte John mit belegter Stimme.
    »Allerdings«, meinte Claire und ging darauf zu. Linda und Jim folgten ihr.
    »Da ist es aber nicht geheuer!«, rief John ihnen nach. Er sah Percy mit einem durchdringenden Blick an und forderte ihn mit einer Handbewegung auf, ebenfalls zu protestieren.
    »Du findest ja neuerdings alles nicht geheuer!«, rief Claire ihm über die Schulter zu.
    »Was ist denn mit dem Galgenbaum?«, fragte Percy leise. Auch auf ihn machte die Buche keinen besonders einladenden Eindruck. Ihr Stamm und die Äste waren mit knorrigen Auswüchsen übersät, als hätte jemand eine Unmenge grinsender Totenschädel an ihre Rinde genagelt.
    »Die Darkmoors haben hier früher Diebe aufgeknüpft«, flüsterte John. »Das ist zwar schon ein paar Jahrhunderte her, aber es heißt, dass der Baum immer noch verflucht ist.«
    Percy zweifelte keine Sekunde an dem, was John sagte. Von allen trostlosen und unheimlichen Orten, die er in den letzten Tagen zu Gesicht bekommen hatte, war der Galgenbaum einer der schauerlichsten.
    »Was ist mit euch Angsthasen?«, rief Claire und drehte sich zu ihnen um. »Nehmt euch ein Beispiel an dem Hund.«
    Sie deutete auf Jim, der gerade ein Hinterbein gehoben hatte, um an den Baum zu pinkeln.
    »Komm«, sagte Percy zu John und zog ihm am Ärmel. »Wird schon schiefgehen.«
    John schaute wenig überzeugt, folgte Percy aber trotzdem.
    Es lag kaum Schnee unter dem alten Baum, so dicht wuchsen seine Zweige.
    Linda, Claire und Jim waren bereits damit beschäftigt, zwischen den Wurzeln zu buddeln. Besonders Jim war Feuer und Flamme. Er schnüffelte hier und da und kratzte dann wie wild Erde und alte Blätter fort.
    »Der Hund hat die richtige Einstellung«, sagte Claire und tätschelte Jims Kopf. »So haben wir das Bärenkostüm bestimmt bald gefunden. Es sei denn, meine liebe Schwester hat doch nur Gespenster gesehen.«
    »Habe ich
nicht
«, widersprach Linda ärgerlich. Dann hockte sie sich hin und half Jim beim Graben, wobei sie einige Erdklumpen absichtlich in Claires Richtung warf.
    Wenig später knieten alle unter dem Baum, bis auf Percy, der seinen Blick nicht von den knorrigen Auswüchsen der Buche lassen konnte. Er hatte inzwischen den Eindruck, dass sie sich bewegten und ihre furchtbar schiefen Zahnreihen hin und her schoben. Percy atmete tief durch und ging in die Hocke. Ohne den Eifer der anderen begann er, einige Äste aufzuheben und hinter sich zu werfen.
    Plötzlich bellte Jim aufgeregt und scharrte noch schneller in seinem Loch. Erde, Blätter und kleine Steinchen spritzten gegen die nassen Mäntel der Freunde, sodass sie in kurzer Zeit aussahen wie panierte Schnitzel.
    »Da, er hat etwas im Maul!«, rief Linda und sprang zu Jim in die Grube.
    »Das Bärenfell!«, riefen nun auch Claire und John. Nur Percy kniff ungläubig die Augen zusammen.
    »Ich habe es doch gewusst!« Linda