Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss
weiter, zumindest spüre ich einen Luftzug.«
Sie zog ihren Arm heraus.
»Einen Luftzug?« Linda hangelte sich zu ihrer Schwester vor. Statt eines Arms steckte sie gleich den ganzen Kopf in die Öffnung. Percy wäre vor Schreck fast vom Baum gefallen.
»Du hast recht«, sagte sie. »Da drinnen stinkt es genauso komisch wie in dem Geheimraum, den wir vorhin entdeckt haben. Wie hast du den Geruch noch gleich genannt, John?«
»Muffig und feucht«, sagte er und sah nicht besonders fröhlich aus. Er wusste genau, was jetzt kommen würde.
»Riech mal«, forderte Linda ihn auch schon auf.
John seufzte und kletterte umständlich zu dem Loch. Dabei deutete er immer wieder auf seinen bandagierten Fuß.
Aber Linda blieb hart. »Jetzt mach schon!«, sagte sie ungeduldig.
John schnupperte ein paarmal, wobei er sich die allergrößte Mühe gab, seine Nase nicht zu tief in die Öffnung zu stecken.
»Ja, du hast recht. Das riecht genau so wie in dieser unheimlichen Kammer hinter dem …«
»Das Monster!«, schrie Percy auf einmal und rutschte vor Schreck vom Galgenbaum. Er hatte Glück, dass er sich nicht den Kopf an einem der unteren Äste stieß und weich im Moos landete.
»Welches Monster?«, rief Claire von oben.
»Da vorn!«, schrie Percy und wusste nicht so recht, was er nun tun sollte. Wieder auf den Baum klettern oder ohne seine Freunde die Flucht ergreifen? Er gestikulierte wild und zeigte hektisch auf den unförmigen Schatten, der sich durch das Unterholz bewegte.
»Das Monster aus der Vollmondnacht«, sagte Claire und gab ihrer Schwester einen kleinen Schubs. »Siehst du nun, dass ich recht hatte?«
»Allerdings«, gab Linda zu.
»Was machen wir denn jetzt?« Percy konnte nicht verstehen, wie die Zwillinge so ruhig bleiben konnten.
»Abwarten«, sagte Claire und kletterte vom Baum. »Dein Geschrei scheint das Wesen ja nicht besonders beeindruckt zu haben, denn wie du siehst, kommt es nicht auf uns zu, sondern läuft weiter in Richtung Schloss.«
»Ach du Schreck!«, sagte Linda plötzlich, stieg ebenfalls herunter und rannte dem Monster hinterher. Percy undClaire schauten sich einen Augenblick lang ratlos an, aber dann hörten sie Linda rufen: »Das ist Wallace. Das Monster ist Wallace!«
»Was?« Claire und Percy hasteten los. Linda hatte den Gärtner bereits erreicht und schüttelte eine seiner Pranken. Es waren Gartenhandschuhe, wie sich jetzt herausstellte. Und der unförmige, riesige Schädel war ein gewaltiger Fellhut, den sich Wallace tief in die Stirn gezogen hatte. Percy hatte noch nie in seinem Leben so eine Kopfbedeckung gesehen. Sie erinnerte eher an den Schädel eines Büffels als an einen Hut.
»Wallace! Was machen Sie denn hier? Alle Welt sucht Sie!« Linda schüttelte immer noch seine Hand. Wallace ging jedoch unbeirrt weiter, als ob er sie gar nicht bemerkt hätte.
Verzeifelt zog Percy ihn am Arm. Tatsächlich hielt Wallace für einen Moment an und drehte ihm das Gesicht zu. Percy schnappte entsetzt nach Luft. Wallaces Erscheinung war fast noch schrecklicher, als einem
echten
Monster zu begegnen. Der Gärtner starrte mit leerem Blick an Percy vorbei, so als wäre er gar nicht da. Sein Gesicht war schmerzverzerrt und sein Mund stand leicht offen. Im Arm hielt er ein paar erfrorene Rosensträucher.
»Er scheint sich in einer Art Trance zu befinden«, sagte Linda beunruhigt.
»Wallace! Jetzt sagen Sie doch etwas!«, rief Claire und versuchte, den Gärtner gegen das Schienbein zu treten. Sietraf ihn zwar nicht, aber er stolperte über ihren Fuß und murmelte kurz darauf: »Ich habe sie umgebracht. Mit meinen eigenen Händen habe ich sie umgebracht.«
Die Freunde blieben stehen und schauten dem verwirrten Gärtner hinterher, der sich jetzt immer weiter vom Waldrand entfernte und den verschneiten Weg auf das Schloss zustapfte. Ab und zu trat er in eine Schneewehe und versank bis weit über die Knie. Doch nicht einmal das unterbrach ihn in seinem zombiehaften Trott.
»Das glaube ich nicht«, sagte Linda schließlich und stemmte die Hände in die Hüften. »Wallace hat nie und nimmer Brenda umgebracht.«
»Sicher?«, entgegnete Claire. »Wir haben ihn immerhin in der Mordnacht über den Rasen laufen sehen. Vielleicht ist er ein Komplize des Spions. Allerdings hätte Heinrich ihn dann ja bemerken müssen.«
»Eben!« Linda schüttelte ärgerlich den Kopf. »Wallace tut nicht einmal einer Wespe was zuleide. Der würde sich eher selbst den Kopf gegen die Wand hauen, als Brenda zu
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