Perdido - Das Amulett des Kartenmachers
Flüssigkeit. Er taumelte noch einen Augenblick, dann stürzte er vornüber wie ein gefällter Baum.
Hugo traute dem Frieden nicht und blieb sitzen, aber Herkules kam angehuscht. Er lief einmal um das reglose Rieseninsekt herum, wobei er einen großen Bogen um die ausgestreckten Beine machte, dann vollführte er Freudensprünge und reckte triumphierend die Pfoten.
»Soll uns dein Tänzchen sagen, dass es sich ausgekäfert hat?«, erkundigte sich Hugo.
»Blitzmerker!«, erwiderte Herkules lachend.
Hugo betrachtete das leblose Ungeheuer, in dessen Rücken, besser gesagt in einem Spalt zwischen zwei Panzerabschnitten, ein Pfeil stak. Erstaunt blickte er auf, um Pigasus zu diesem Supertreffer zu beglückwünschen.
Doch Pigasus kniete hinter dem toten Käfer und sah mindestens genauso erstaunt aus. Neben ihm kniete, den Bogen mit der noch bebenden Sehne auf Armlänge von sich weghaltend – Snowdon.
26. Kapitel
A
m liebsten wäre Hugo Snowdon um den Hals gefallen, aber er ließ es doch bleiben und strahlte ihn einfach nur an.
»Vielen Dank! Du hast mir das Leben gerettet.«
Snowdon tätschelte ihm mit der Pranke den Kopf. »Na ja, du hast Delfina das Leben gerettet und Pigasus hat mir das Leben gerettet – jetzt sind wir allesamt quitt miteinander.«
Er bückte sich nach Delfina. Die Nixe war wieder bei Bewusstsein, aber immer noch ganz entkräftet.
»Erholt sie sich wieder?«, fragte Hugo.
»Keine Sorge. Wir müssen sie nur rasch ins Wasser schaffen.«
»Eins hab ich noch nicht kapiert«, meldete sich Herkules zu Wort. »Wieso hat dir Pigasus das Leben gerettet, Snowdon?«
»Ich bin euch nachgegangen, weil ich mich vergewissern wollte, dass ihr zurechtkommt. Als dann der Vampirkäfer aufgetaucht ist, wollte ich mich gleich auf ihn stürzen, aber da ließ sich eine riesengroße dreiköpfige Schlange von einem Baum herunter auf mich fallen. Zwei Köpfe konnte ich ihr mit meinem Schwert abschlagen, den dritten habe ich nicht erwischt. DasVieh wollte eben die Giftzähne in mich schlagen, da hat Pigasus eingegriffen.«
»Echt?«, fragte Pigasus ganz verdattert. »Äh, ich meine ... klar doch!«
»Wie hast du das denn angestellt?« Herkules schaute Pigasus ungläubig an.
»Ich … na ja, ich will nicht angeben.«
Snowdon lachte grollend. »Der zweite Pfeil, den Pigasus auf den Vampirkäfer abgefeuert hat, ging meilenweit daneben, aber er hat die Schlange sauber zwischen die Augen getroffen. Sie war auf der Stelle tot.«
Jetzt musste auch Hugo lachen. »Ein echter Glückstreffer!«
»Wieso Glück?« Pigasus war eingeschnappt. »Ich wusste doch, dass Snowdon uns nachkommt, ich habe ihn nämlich gesehen. Ich wollte zwar eigentlich den Käfer erschießen, aber dann habe ich gemerkt, dass Snowdon Ärger mit dieser abscheulichen Schlange hatte.«
»Ach ja?«, fragte Herkules. »Da musst du ja unglaublich gute Augen haben, dass du im Dunkeln so weit sehen kannst.«
»Jawohl, ich habe geradezu unübertrefflich gute Augen«, bestätigte Pigasus. »Es war natürlich eine heikle Entscheidung, aber Snowdon war in größerer Bedrängnis als Hugo, darum habe ich zuerst die Schlange erschossen. Es war kein ganz leichter Schuss, aber für jemanden wie mich durchaus zu bewältigen.«
»Und warum hast du den Käfer nicht gleich mit dem ersten Pfeil getötet«, hakte Herkules nach, »statt den Pfeil in irgendeinen Baum zu schießen?«
»Nun … das ist eine gute Frage«, stotterte Pigasus. »Ich … äh … wisst ihr …«
»Bestimmt musstest dich erst mal einschießen, stimmt’s?«, kam ihm Hugo zu Hilfe.
»Genau so war’s! Ein guter Scharfschütze gibt immer erst einen Probeschuss ab.«
Delfinas leises Ächzen erinnerte sie daran, dass sie unverzüglich Wasser suchen mussten. Snowdon meinte, er habe ganz in der Nähe einen Bach plätschern hören, und schlug vor, dort gemeinsam zu rasten. Er nahm Delfina auf den Arm und ging voran. Beim Gehen wippte sein Stummelschwanz.
Hugo stapfte hinter ihm her. »Aber warum hast du es dir anders überlegt und bist doch noch nachgekommen?«, wollte er wissen.
»Aus zweierlei Gründen. Ich erzähl’s dir, wenn wir am Bach sitzen.«
Das kleine Lagerfeuer leuchtete dunkelorange, aber die Dunkelheit verschluckte bald seinen Schein. Es glich einem feurigen Stern am Nachthimmel. Hugo, Herkules und Pigasus saßen davor, während Snowdon wachsam auf und ab wanderte. Delfina lag im Bach und ließ frisches Wasser durch ihre Kiemen rinnen.
»Also, Snowdon?«, fragte Pigasus. Er war
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