Perdido Street Station 01 - Die Falter
vergewissert hatte, dass kein Unbefugter lauschte, fuhr er vertraulich fort: »Das Problem ist, Chef, dass ich den Termin morgen vielleicht nicht wie abgesprochen einhalten kann…« Er legte das Gesicht bühnenreif in schuldbewusste Falten. »Ich erledige das da drüben in der Ecke, Sie werden keinen Mucks hören. Wenn ich’s hier richten kann, brauche ich vielleicht eine Stunde, sonst muss der Kamerad in die Werkstatt. Ich weiß in fünf Minuten Bescheid, was Sache ist. Andernfalls kann ich, fürchte ich, erst in einer Woche wiederkommen.«
»Verflixt und zugenäht! Meinetwegen, aber ich habe da oben eine Besprechung, und es ist wichtig, lebenswichtig, dass Sie uns nicht stören. Kein Scherz. Kann ich mich darauf verlassen?«
»Klar doch. Ich setze bei dem alten Kasten mal eben den Schraubenzieher an und melde mich, wenn ich weiß, was er für ein Wehwehchen hat. In Ordnung?«
»In Ordnung. Dann kann ich Sie hier unten allein lassen?«
»Null Problemo!« Der Mechaniker war schon mit dem Werkzeugkasten unterwegs zu seinem Patienten.
Lublamai hatte den Reiniger an diesem Morgen eingeschaltet und darauf programmiert, seine Raumhälfte zu feudeln, doch er wurde enttäuscht. Das Faktotum war zwanzig Minuten lang im Kreis herumgetuckert, blieb dann stehen und kippte gegen die Wand. Da lehnte es nun immer noch, drei Stunden später, klick-klackte unglücklich vor sich hin und seine drei Arbeitsgliedmaßen zuckten.
Der Mechaniker beugte sich über das Gerät und brummelte und schnalzte wie ein besorgter Vater. Er befühlte die Gliedmaßen des Konstrukts, nahm eine Stoppuhr aus der Tasche und prüfte die Dauer der Zuckungen. Die einzelnen Maßnahmen hakte er auf einer Liste ab.
Er drehte das Faktotum zu sich herum und spähte in eine der gläsernen Pupillen. Er bewegte den Bleistift langsam von einer Seite zur anderen und beobachtete die Verfolgungsfunktion des sensorischen Motors.
Isaac wiederum beobachtete den Mechaniker, zerstreut und ungeduldig. Diese Sache mit dem Torques, dachte er nervös. Das muss vom Tisch.
»Kommen Sie zurecht da drüben?«, rief er.
Der Mechaniker klappte den Werkzeugkasten auf und nahm einen Schraubenzieher heraus. Er blickte über die Schulter.
»Alles paletti, Chef«, sagte er und schwenkte vergnügt den Schraubendreher. Er wandte sich wieder dem Konstrukt zu, fand den Schalter hinten am Rücken und stellte es ab. Das gequälte Schnattern erstarb in einem dankbaren Wispern. Er begann, die Platte hinten am »Kopf« der Maschine loszuschrauben, eine lieblos zusammengelötete Kalotte aus Stahlblech oben auf dem zylindrischen Rumpf.
»Na gut dann«, meinte Isaac und stiefelte nach oben.
Yagharek stand am Schreibtisch, wo er von unten nicht zu sehen war, und schaute ihm fragend entgegen.
»Nichts Wichtiges«, sagte Isaac beruhigend. »Jemand, der unser Faktotum repariert, das in letzter Zeit Mucken hat. Ich weiß nur nicht genau, ob man uns hören kann …«
Yagharek öffnete den Mund, um zu antworten, als unten jemand dünn und misstönend zu pfeifen begann.
»Sieht aus, als hätten wir uns keine Sorgen zu machen brauchen.« Isaac grinste. Der Kerl tut das mit Absicht, dachte er. Um mich wissen zu lassen, dass er nicht lauscht. Äußerst taktvoll. Er nickte dem Mechaniker einen unsichtbaren Dank zu.
Dann kehrten seine Gedanken zu dem unterbrochenen Gespräch zurück, zu Yaghareks zaghaftem Vorschlag, und sein Lächeln verblasste. Er sank schwer auf die Bettkante, fuhr sich mit den gespreizten Fingern durch das dichte Haar und schaute Yagharek von unten herauf an.
»Du hast eine Sitzmöbelneurose, kann das sein?«, meinte er. »Weshalb eigentlich?«
Der Garuda gab keine Antwort, womit Isaac auch nicht gerechnet hatte. Er trommelte mit den Fingerspitzen gegen die Schläfen und überlegte. Endlich fing er an zu sprechen.
»Yag, alter Knabe … Du hast mich mit den Geschichten über eure erstaunliche Bibliothek in Erstaunen versetzt, erinnerst du dich? Ich nenne jetzt einfach mal zwei Namen, ob sie dir etwas sagen. Suroch und der Malakornukopische Fleck – was weißt du darüber?«
Ein langes Schweigen entstand. Yagharek schaute aus dem Fenster. »Den Malakornukopischen Fleck kenne ich. Er wird erwähnt, sobald die Rede auf den Torques kommt. Vielleicht nur ein Popanz.« Yaghareks monotone Stimme ließ keinen Rückschluss auf seine Gefühle zu, doch Isaac hatte den Eindruck, dass seine Worte defensiv klangen. »Vielleicht sollten wir unsere Furcht überwinden. Und Suroch … Ich
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