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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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in den Anzügen hatten ihm ihre Kamera gezeigt. Sie hatten ihm gesagt, sie würden die Bilder an die Zeitungen und Magazine und die Universität schicken. Sie hatten ihm einen Ausweg geboten. Sie zahlten gut.
    Er hatte Informationen geliefert. Sporadisch nur, ein- oder zweimal im Jahr. Dann hatte er für lange Zeit aufgehört. Bis jetzt. Denn jetzt hatte er Angst.
    David holte tief Atem und begann.
     
    »Etwas Großes ist im Gange. O Jabber, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Ihr wisst von der neuen Seuche? Der Umnachtung? Tja, ich weiß, woher sie kommt. Ich dachte, wir könnten einfach weitermachen, ich dachte, es ließe sich – eingrenzen, aber dammich! Es breitete sich aus, weiter und weiter – und ich glaube, wir brauchen Hilfe.« (Irgendwo tief in seinem Innern spuckte sein besseres Ich angewidert aus, vor seiner Feigheit, seiner Selbsttäuschung, aber David redete schnell weiter, redete darüber hinweg.) »Es hängt alles mit Isaac zusammen.«
    »Dan dar Grimnebulin?«, fragte der Mann. »Mit dem Sie sich den Arbeitsraum teilen? Der abtrünnige Theoretiker. Der wissenschaftliche Renegat mit dem Talent zur Selbstdarstellung. Was hat er angestellt?« Der Mann lächelte kalt.
    »Hören Sie zu. Er bekam einen Auftrag von – also, er bekam den Auftrag, Mechanismen und Physik des Fliegens zu erforschen, und er beschaffte sich ganze Wagenladungen von geflügelten Viechern als Versuchsobjekte. Vögel, Insekten, Aspis und Jabber weiß was noch. Auch eine besonders große Raupe gehörte zu der Menagerie. Lange Zeit sah es so aus, als würde das verflixte Ding sang- und klanglos eingehen. Aber dann muss Isaac ein Mittel gefunden haben, sie aufzupäppeln, jedenfalls fing sie plötzlich an zu wachsen. Wie gedüngt. Ehe ich mich’s versehe, ist sie – so groß!«
    Er hielt die Hände in einem Abstand auseinander, der in etwa den Tatsachen entsprach. Sein Gegenüber betrachtete ihn gespannt aus schmalen Augen, die Fäuste geballt.
    »Dann verpuppt sie sich, und wir waren alle neugierig, was wohl zu guter Letzt herauskommen würde. Eines Tages kommen wir nach Hause, und Lublamai – unser zweiter Kompagnon –, Lublamai liegt da auf dem Boden und weiß nicht mehr, ob er Männlein oder Weiblein ist. Was immer das für ein verfluchtes Biest gewesen ist, es hat seinen Verstand gefressen und dann ist es verschwunden und jetzt treibt es sich in der Stadt herum …«
    Der Agent nickte energisch, seine vorherige Beiläufigkeit war von ihm abgefallen. »Also dachten Sie, es wäre besser, uns zu informieren.«
    »’flixt, nein! Ich konnte mir nicht vorstellen – selbst da glaubte ich noch, wir könnten das irgendwie regeln. Ich meine, ich war stinksauer auf Isaac, ich war durcheinander, aber ich dachte, vielleicht finden wir einen Weg, das Mistvieh einzufangen, Lub wieder auf die Beine zu bringen … Na ja, zuerst einmal gibt es scheinbar mehr und mehr von den Viechern, und man hört diese Geschichten von Leuten, denen jemand das Licht im Oberstübchen ausgeblasen hat. Aber das Entscheidende war, dass wir herausgefunden haben, wer Isaac den kleinen Liebling beschafft hat. Irgendein verdammter Schreiberling im Parlament, der sie der Abteilung F&E geklaut hat. Und ich denke: ›Verdammt, ich habe keine Lust, zum Staatsfeind erklärt zu werden.‹« Der Mann auf dem Bett nickte verständnisvoll. »Und ich komme zu dem Schluss, dass die Sache ein paar Nummern zu groß für uns ist.«
    David verstummte. Der Agent machte den Mund auf, aber David ließ ihn nicht zu Wort kommen.
    »Moment, das war noch nicht alles. Ich hörte dann von den Krawallen unten in Kelltree, und ich weiß, ihr habt den Herausgeber vom Lauffeuer einkassiert, stimmt’s?«
    Der Agent tat, als fühlte er sich nicht angesprochen, und schnippte angelegentlich einen imaginären Fussel von seinem Jackett. Man hatte die Aktion aus den Zeitungen herausgehalten, aber das gesprengte Schlachthaus ließ keinen Zweifel daran, dass in Dog Fenn eine seditiöse Keimzelle ausgeräuchert worden war, und die Gerüchteküche brodelte.
    »Jedenfalls, eine von Isaacs Bekannten schreibt für das Blättchen, und sie hat mit dem Redakteur Kontakt aufgenommen – wie, weiß ich nicht, irgendein thaumaturgisches Brimborium –, und er hat ihr zwei Dinge gesagt: Erstens, dass die Inquisitoren – eure Leute – glauben, er wüsste etwas, das er aber nicht weiß, und zweitens, dass sie ihn wegen irgendeines Artikels im LF verhören. Die Informantin, von der er die Geschichte hat und

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