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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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stauten sich, folgten einander so dicht an dicht, dass sie an den Rändern überlappten und verschwammen, bis zwei oder drei Szenen gleichzeitig seine Sinne bedrängten.
    Wenn Lichter brannten, waren sie grell, manche Gesichter waren scharf umrissen, andere verwischt und unkenntlich. Jeder einzelne Ausschnitt eines fremden Lebens entfaltete sich mit bedeutungsschwangerer Symbolik, jeder war beherrscht von oneirischer Logik. In irgendeiner analytischen Nische seines Bewusstseins erkannte Isaac, dies waren keine, konnten es nicht sein, Ausschnitte aus Lebensläufen, amalgamiert und in diese klebrige Masse hineindestilliert. Der Ablauf war zu flüssig. Wahrnehmung und Wirklichkeit verschränkten sich. Isaac dümpelte nicht in fremdem Leben, sondern in fremden Gehirnen. Er war ungeladener Gast im letzten Zufluchtsort der Verfolgten. Dies waren Erinnerungen. Dies waren Träume.
    Isaac wurde überspült von sich öffnenden psychischen Schleusen. Er fühlte sich besudelt. Statt Sequenzen, zwei, drei, vier, fünf, sechs gedrängten Momentaufnahmen, die kurz im Licht seines eigenen Bewusstseins aufleuchteten, sondern Modder, Traumschleim, eine schwappende Maische aus Träumen und Hoffnungen, Erinnerungen und Betrachtungen, die nicht die seinen waren.
    Sein Körper war nichts als ein knochenloser Sack, angefüllt mit mentalem Spülwasser. Irgendwo weit weg hörte er ihn ächzen und sich gluckernd auf dem Bett wälzen.
    Isaac kämpfte gegen die Auflösung. Irgendwo in dem flackernden Mahlstrom aus Emotion und Gefühlsduselei erspürte er eine dünne, konstante Strömung von Abscheu und Angst, die er als von ihm selbst stammend erkannte. Durch den Morast imaginierter und wiederholter mentaler Dramen watete er darauf zu, berührte Ekel – unbestreitbar das, was er in genau diesem Moment fühlte, packte zu, konzentrierte sich … Isaac klammerte sich mit eiserner Verbissenheit an dieses bisschen Selbst.
    Klammerte sich an diese Rettungsleine, gebeutelt von den ihn umtosenden Träumen. Er flog über eine Stadt reich an Türmen und war sechs Jahre alt, ein Mädchen, das entzückt in einer Sprache jauchzte, die er nie gehört hatte und doch ganz natürlich beherrschte; er träumte mit stoßenden Hüften den feuchten Traum eines pubertierenden Knaben; er schwamm in Deltas und besuchte wundersame Grotten und focht in ritualisierten Kämpfen. Er wanderte durch die flache Steppe des tagträumenden Kaktusbewusstseins. Formen verzerrten sich unter dem Einfluss der Traumlogik, die allen intelligenten Rassen Bas-Lags eigen zu sein schien.
    New Crobuzon tauchte hie und dort auf, in ihrer Traumgestalt, in einer erinnerten oder gedachten Topografie, manches hervorgehoben, anderes fehlend, große leere Räume zwischen Straßen, in Sekunden überbrückt.
    Fremde Städte und Länder und Kontinente spielten eine Rolle in diesen Träumen. Manche waren unverkennbar Fantasien, entstanden hinter zuckenden Lidern. In anderen fanden sich Verweise auf existierende Örtlichkeiten, Städte, Dörfer und Weiler, mit Architekturen und Argots, die Isaac fremd waren.
    Das Meer der Träume, in dem er schwamm, enthielt Tropfen von sehr exotischen Gestaden.
    Weniger ein Meer, dachte Isaac trunken am Grund seines dümpelnden Ichs, eher eine Consommé. Er malte sich aus, wie er beharrlich auf den Knorpeln und Schwarten fremder Solarplexi und Gehirne kaute, Klumpen ranziger Traumsubstanz in einer dünnen Brühe von halb Erinnertem. Eine virtuelle Übelkeit überfiel ihn. Wenn ich mich hier drin übergebe, dachte er, stülpe ich meinen Schädel von innen nach außen.
    Die Erinnerungen und Träume kamen in Wellen, schwallweise nach Themen geordnet. Als Spielball ihrer Launen wurde Isaac von deutlichen Strömungen durch die Korridore in seinem Kopf geschwemmt. Er folgte dem Sog von pekuniären Träumen, ein Aufblitzen von Erinnerungen an Heller und Dollars und Vieh und bemalte Muschelschalen und Kerbhölzer.
    Er suhlte sich in der Gischt sexueller Fantasien: Kaktusmänner ejakulierten über die Reihen der von den Frauen in den Boden gepflanzten Eierknollen; Kheprifrauen rieben sich bei zärtlichen Orgien gegenseitig mit Öl ein; zölibatäre Menschenpriester lebten träumend ihre schuldbeladenen, sündhaften Begierden aus.
    Isaac kreiselte in einem kleinen Strudel von Angstträumen. Als junge Menschenfrau kurz vor den Examina fand er sich splitterfasernackt auf dem Weg zur Universität wieder; dem Vodyanoi Wasserkræfter klopfte das Herz zum Zerspringen, als widrige

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