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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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sich den Kopf reibend, zum Bett. Kaum hatte er es erreicht, als eine zweite Explosion fremdartiger Emotionen seinen Schädel zu sprengen drohte. Er sank vor dem Bett auf die Knie und presste die Handballen gegen die Schläfen.
    »Verfluchte Scheiße!« Ihm wurde Angst und Bange. »Das ist zu viel! Übertreib’s nicht …«
    Plötzlich versagte ihm die Stimme, und er war unfähig, sich zu rühren, während eine dritte, lähmende Attacke seine Synapsen überflutete. Das war etwas anderes, merkte er, viel stärker als die infantilen kleinen Impulse der seltsamen Raupe da hinten. Sein Mund war plötzlich trocken und schmeckte nach fauligem Salat. Mulch. Kompost. Altem Früchtekuchen. Klumpigem Mostrich.
    »O nein …« Seine Stimme brach, als die Erkenntnis ihn überfiel. »O nein, nein, NEIN! Gazid, du verdammter Bastard, du hinterhältige Ratte, ich werde dir den Hals umdrehen …«
    Er krallte die zitternden Hände in die Bettkante. Schweiß lief ihm in Strömen über den Körper, seine Haut war grau wie Stein.
    Hinlegen, dachte er verzweifelt. Hinlegen, zudecken und warten, bis es vorbei ist. Haufenweise Leute tun das täglich, zum Vergnügen, um Jobbers willen …
    Wie eine trunkene Tarantel krabbelte seine Hand über die Bettdecken. Er konnte sich nicht entscheiden, wie er darunter schlüpfen sollte, so innig waren sie miteinander verfaltet; beide Teil derselben großen undulierenden Stoffeinheit, und sie zu trennen wäre grausam. Also wälzte er sich schwerfällig oben auf die Decken und ruderte durch die Wollewellenberge. Er tauchte auf und unter, paddelte wie ein Hund, sabberte und schlürfte und schmatzte vor brennendem Durst mit den Lippen.
    Sieh dich an, du Kretin, höhnte ein klarer Teil seines Gehirns verächtlich. Wie würdevoll ist das?
    Doch er schenkte dem keine Beachtung. Er schwamm auf der Stelle, schnaufte wie jemand in den letzten Zügen, bemühte sich, ab und zu den Kopf zu heben, und tastete mit den Fingern nach seinen Augen.
    Er spürte einen zunehmenden Druck im Hintergrund seines Bewusstseins. Da war eine große Tür, eine dicke Bohlentür in der Wand des am gründlichsten ignorierten Winkels seines Cerebellums. Die Tür erbebte. Etwas versuchte, sich zu befreien.
    Schnell, dachte Isaac. Den Riegel vorschieben.
    Doch er fühlte die wachsende Stärke des Grauens, das hinausdrängte. Die Tür war ein Furunkel, zum Platzen voll mit Eiter, überreif – ein gewaltig bemuskelter Hund mit leeren Augen, der sich bedrohlich und stumm gegen Ketten stemmte – Meer, das unablässig gegen eine baufällige Hafenmauer brandete.
    Etwas in Isaacs Bewusstsein barst.

 
KAPITEL 16
     
     
    Sonne niederstürzend in Kaskaden und ich schwelge darin, während sich auf Kopf und Schultern Blüten öffnen und Chlorophyll belebend durch meine Haut strömt und ich die klobigen, stachligen Arme hebe
    fass mich nicht da an, du Schwein, ich bin noch nicht so weit
    Sieh dir diese Dampfhämmer an! Ich fände sie großartig, wenn ich nicht so schwer dran schuften müsste!
    ist dies
    ich bin stolz, dir mitteilen zu können, dass dein Herr Vater unserer Vereinigung zugestimmt hat
    ist dies ein
    und schwimme unter dem öligen Teppich zu dem massigen schwarzen Rumpf des Schiffes wie eine große dunkle Wolke ich atme schmutziges Wasser, von dem ich husten muss, und meine Flossenfüße paddeln
    ist dies ein Traum?
    Licht Haut Essen Luft Metall Sex Elend Feuer Pilze Netze Schiffe Folter Bier Frosch Dornen Bleiche Violine Tinte Klüfte Sodomie Geld Flügel Färberbeeren Götter Kettensäge Knochen Mosaike Babys Beton Schellfisch Stehen Gedärme Schnee Dunkelheit
    Ist dies ein Traum?
     
    Doch Isaac wusste, es war kein Traum.
    Eine Laterna magica flackerte in seinem Kopf, bombardierte ihn mit immer neuen Bildern. Dies war kein Zoetrop mit nur einer endlos wiederholbaren kleinen visuellen Anekdote, sondern ein quälender Hagel von Sekundensplittern. Ein Lebensfragment ging flackernd in ein nächstes über, und er wurde mitgezerrt.
    Er sprach das Chymische einer Khepri, die weinte, weil ihre Brutmutter sie gescholten hatte, und schnaubte geringschätzig, als er, der Stallmeister, sich die faulen Ausreden des neuen Burschen anhören musste, und er schloss die durchsichtige Nickhaut vor seinen Augen, als er in das kalte, frische Wasser des Bergbachs tauchte und sich den anderen, ekstatisch kopulierenden Vodyanoi näherte, und er …
    »O Jabber …« Er hörte seine Stimme aus den Tiefen dieses wirren emotionalen Reigens. Die Bilder

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