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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Nichts für ungut …« Er zögerte kurz, dann streckte er Gazid die Hand hin. »Tut mir Leid wegen deiner Nase.«
    »Oh.« Gazid schaute verdutzt. Er betastete prüfend das geschwollene Organ. »Klar – alles bestens.«
    Isaac drehte sich um und ging zu seinem Schreibtisch.
    »Warte einen Moment, ich hole deine Knete.« Er wühlte in den Schubladen, fand seine Brieftasche und zog eine einzelne Guinee heraus. »Warte, ich hab hier irgendwo noch was. Ein ’blickchen Geduld.«
    Isaac ging vor seinem Bett in die Knie, fledderte sich durch die Papierberge und sammelte die Heller und Schekel ein, die darunter zum Vorschein kamen.
    Gazids Hand wanderte derweil zu dem Päckchen Dreamshit oben auf dem Raupenkäfig, dabei ruhte sein Blick nachdenklich auf Isaac, der auf dem Bauch liegend unter dem Bett herumfuhrwerkte. Mit spitzen Fingern pflückte er zwei Pillen von dem klebrigen Batzen. Isaac sagte irgendetwas, seine Stimme drang dumpf und unverständlich unter dem Bett hervor.
    Gazid schlenderte gemächlich zu ihm hin. Er nahm ein Bonbonpapier heraus, wickelte eine der Pillen hinein und ließ sie in die Tasche gleiten. Ein abscheuliches Grinsen breitete sich über sein Gesicht, als er die zweite Pille betrachtete.
    »Man sollte selbst die Medizin probieren, die man verschreibt«, flüsterte er vor sich hin. »Das ist nicht mehr als recht und billig.«
    »Na bitte!« Isaac schob sich unter dem Bett hervor. »Ich hab’s gefunden. Ich wusste, da war noch Geld in der Tasche von einer dieser Hosen …«
    Flink hob Lucky Gazid die obere Scheibe von dem Schinkenbrot, das angebissen auf dem Schreibtisch lag. Er drückte das Dreamshit in einen Mostrichklecks unter dem Salatblatt, klappte das Brot wieder zu und trat ein paar Schritte zur Seite.
    Isaac stand auf und drehte sich zu ihm herum, staubbedeckt und strahlend. Er präsentierte einen Fächer aus Geldscheinen und ein paar Münzen.
    »Das sind zehn Guineen. ’flixt, du kannst handeln wie ein verdammter Profi …«
    Gazid nahm das Geld und bewegte sich in Richtung Treppe.
    »Dann vielen Dank auch, Isaac«, sagte er. »Weiß ich zu schätzen.«
    Isaac wunderte sich ein wenig über seinen schnellen Abgang.
    »Schon gut. Ich melde mich, wenn ich Nachschub brauche, in Ordnung?«
    »Das geht klar, großer Bruder …«
    Im Nu war Gazid unten, winkte flüchtig und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Ein keckerndes, überdrehtes Kichern wehte zu Isaac hinauf, ein hämisches Stakkato, das in der Dunkelheit verklang.
    Verdammich!, dachte er. Ich hasse es, mit Junkies zu tun zu haben. Was für ein elendes Wrack … Kopfschüttelnd kehrte er zurück zu seinem Sorgenkind.
    Die Raupe machte sich bereits über die zweite Portion her. Unberechenbare kleine Wellen Insektenglückseligkeit plätscherten durch Isaacs Gehirn. Unangenehm. Er trat einen Schritt zurück und schaute aus einigem Abstand zu, wie die Raupe ihr Festmahl unterbrach und sich sorgfältig von den klebrigen Resten säuberte. Anschließend setzte sie ihre Mahlzeit fort, wobei sie wieder schmutzig wurde und sich erneut der Körperpflege widmete.
    »Penibler kleiner Feinschmecker, wie?«, brummte Isaac. »Das ist lecker, ja? Schmeckt’s? Hmmm? Gutes Fresschen.«
    Isaac trat an den Schreibtisch, um sich den Rest seines eigenen Abendessens zu Gemüte zu führen. Während er von der hart gewordenen Stulle abbiss und den Kakao schlürfte, beobachtete er, an die Tischkante gelehnt, die Fressorgie der rätselhaften bunten Larve.
    »Ich bin verdammt gespannt, was aus dir mal wird«, knurrte er, schluckte den letzten Bissen hinunter und verzog das Gesicht über das altbackene Brot und den nach Keller schmeckenden Salat. Wenigstens der Kakao war gut.
    Er wischte sich den Mund ab, wappnete sich gegen die kuriosen empathischen Übertragungen, ging vor dem Raupenkäfig in die Hocke und schaute zu, wie die ausgehungerte kleine Kreatur sich für das lange Fasten schadlos hielt. Es mochte Einbildung sein, aber Isaac kam es so vor, als ob ihre Farben schon wieder kräftiger leuchteten.
    »Du wirst eine nette Ablenkung sein und verhindern, dass ich der Krisistheorie mit Haut und Haaren anheim falle, abgemacht? Übrigens stehst du in keinem Lehrbuch – bisschen schüchtern, stimmt’s?«
    Ein Schwall verzerrte Psyche fuhr Isaac wie ein Armbrustbolzen durchs Hirn. Er schwankte und fiel um.
    »Au!« Er brachte sich kriechend in Sicherheit. »Deine empathischen Botschaften sind eine Nummer zu stark für mich …« Er rappelte sich auf und ging,

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