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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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seinen Mund wie ein Fungus.
    »Ha«, sagte er leise.
    »Tja, dann bleibt mir nur, für Ihre kostbare Zeit zu danken. Ich weiß das Opfer zu schätzen.« Isaac stand auf. »Tut mir Leid, dass ich schon gehen muss.«
    »Keine Ursache. Noch irgendwelche Fragen?«
    »Hm …« Den Arm halb in der Jacke, hielt Isaac inne. »Da fällt mir ein … Haben Sie von einer Droge gehört, die Dreamshit heißt?«
    Vermishank zog mokant eine Augenbraue in die Höhe. Er lehnte sich zurück und musterte, am Daumen kauend, Isaac unter halb gesenkten Lidern.
    »Dies ist eine Universität, Isaac. Glauben Sie, eine neue und interessante Droge könnte die Stadt überschwemmen, und keiner unserer Studiosi würde der Versuchung erliegen? Selbstverständlich habe ich davon gehört. Vor weniger als einem halben Jahr mussten wir die erste Relegation deswegen verfügen. Sehr intelligenter Psychonomer von vorhersehbar avantgardistischer theoretischer Überzeugung.
    Isaac, Isaac – trotz all Ihrer zahlreichen Unzulänglichkeiten und Laster …« – ein gekünsteltes Kichern sollte vorgeben, die Wortwahl sei humoristisch gemeint – »hätte ich nie einen Konsumenten von Drogen in Ihnen vermutet.«
    »Und das bin ich auch nicht. Jedoch, lebend und arbeitend in dem Sumpf der Verderbtheit, den ich mir zum Ort meines Wirkens auserkoren habe, umgeben von Gesindel und degeneriertem Pack, lässt es sich nicht vermeiden, dass ich bei den diversen ausschweifenden Orgien, an denen ich teilnehme, auch mit Drogen in Berührung komme.« Isaac verfluchte sich selbst, weil er, kaum dass er seinen Zweck erreicht hatte, nicht anders konnte, als Gift und Galle zu spucken. Doch andererseits genoss er seinen Zornesausbruch.
    »Wie auch immer«, fuhr er fort, »einer meiner wertlosen Freunde hat diese bizarre Droge ausprobiert, und ich wollte mehr darüber erfahren. Offenbar hätte ich nicht jemanden von solch moralischer Erhabenheit danach fragen sollen.«
    Vermishank lachte. Er lachte stumm, mit geschlossenem Mund und ohne eine Miene zu verziehen, nur seine Schultern zuckten und er wiegte sich leicht vor und zurück.
    »Ha«, schnaufte er endlich, »sind wir heute etwas mimosenhaft, Grimnebulin?« Er schüttelte den Kopf.
    Isaac schickte sich ostentativ an zu gehen, klopfte seine Taschen ab, knöpfte die Jacke zu und verdrängte energisch das Gefühl, sich zum Narren gemacht zu haben. Auf dem Weg zur Tür versuchte er, sich darüber klar zu werden, ob es klug wäre, mit einer sarkastischen Sentenz abzugehen.
    Vermishank kam ihm zuvor.
    »Dreamshit – diese Substanz fällt nicht so ganz in mein Fach. Das ist Pharmakologie plus irgendein biologisches Randgebiet. Ich bin überzeugt, einer deiner ehemaligen Kollega kann dir weiterhelfen. Viel Glück.«
    Isaac winkte nur zum Abschied, auf eine unbestimmte Art, die ebenso Herablassung ausdrücken konnte wie Dankeschön und Auf Wiedersehen.
    Erbärmlicher Feigling, schalt er sich selbst. Doch es ließ sich nicht leugnen, Vermishank war ein unerschöpflicher Hort der Gelehrsamkeit. Es musste schlimm kommen, bevor er es riskierte, seinen ehemaligen Chef ernsthaft vor den Kopf zu stoßen.
    Deshalb erteilte Isaac sich selbst Absolution für seine halbherzige Riposte und grinste stattdessen über seine Ambivalenz in Bezug auf diesen unausstehlichen Mann. Wenigstens hatte er einen Punkt klären können. Remaking kam für Yagharek nicht in Frage. Isaac war hocherfreut – und ehrlich genug, sich den Egoismus seiner Gründe einzugestehen. Seine eigene Forschung war durch die Recherche in Yaghareks Auftrag neu belebt worden, und wenn sich das prosaische chirurgische Mittel angewandter Biothaumaturgie als praktikable Lösung erwiesen hätte, hätte er die Krisistheorie wieder zu den Akten legen müssen. Er wollte den neu gewonnenen Schwung nicht verlieren.
    Yagharek, alter Knabe, dachte er, es ist genauso, wie ich dir gesagt habe. Ich bin deine beste Chance, und du bist meine.
     
    Vor der Stadt gab es Bewässerungsgräben zwischen Felsgebilden wie versteinerte Stoßzähne, und Maisfelder in der kargen Humusschicht. Und vor dem Buschland waren Tage dräuender Steine gewesen, wulstige Granittumore, die seit der Zeit ihrer Entstehung schwer im Bauch des Landes gelegen hatten, von Wind und Wasser in bloßen tausend Jahren ihrer dünnen Erdfleischhülle beraubt. Sie waren hässlich und angsteinflößend, wie Eingeweide es immer sind, diese Felswucherungen, diese Ausgeburten der Unterwelt.
    Ich folgte dem Pfad des Flusses. Er war

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