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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Nahrung ein Loch in seine Magenwand zu ätzen begann. Er winselte und würgte, metadimensionale Globuli aus Denkmustern stiegen in seinem Schlund wieder nach oben und stauten dort die nachströmenden Kaskaden, die er immer noch lustvoll einsaugte, mehr und mehr, bis der weiche Kehlsack sich blähte und riss.
    Der Falter starb langsam, verblutete an der zerfetzten Speiseröhre, während er immer weiter aus dem Helm trank und seinen eigenen Tod beschleunigte. Die Masse der Energie war zu viel, sie wurde dem Falter so schnell und gründlich zum Verhängnis, wie seine eigene unverdünnte Milch einen Menschen umgebracht hätte. Das Gehirn des Gierfalters zerplatzte wie eine große Blutblase.
    Er kippte nach hinten, die Zunge schrumpfte langsam in sein Maul zurück wie eine ausgeleierte Gummilitze.
    Isaac konnte sich einen erneuten Triumphschrei nicht verkneifen, als der dritte Falter achtlos den Kadaver seines sterbenden Schwesterbruders zur Seite schleuderte und trank.
     
    Die Miliz stürmte die letzte Dächerreihe unterhalb des Plateaus. Yagharek, plötzlich von berserkerhafter Kampfeswut ergriffen, bewegte sich in einem todbringenden Tanz. Seine Peitsche knallte, Soldaten taumelten, stürzten Hals über Kopf, gingen in Deckung, bewegten sich vorsichtig hinter Schornsteinen.
    Derkhan setzte den nächsten Schuss mitten in das Gesicht eines Milizzers, aber die Pulverladung im Lauf der Waffe zündete nicht richtig. Fluchend hielt sie die Pistole mit ausgestrecktem Arm von sich weg, doch immer noch auf den Soldaten gerichtet. Er tat einen Schritt, als der Schuss endlich losging, aber die Kugel flog über ihn hinweg ins Leere. Er duckte sich hastig, kam auf dem regennassen Untergrund ins Rutschen und fiel auf ein Knie.
    Isaac zielte und feuerte, während der Mann sich bemühte aufzustehen, und traf seinen Hinterkopf. Der Milizionär wurde nach vorn gestoßen, sein Schädel schlug krachend auf den Boden. Isaac wollte nach seiner Pulverflasche greifen, ließ es bleiben. Keine Zeit zum Nachladen. Die letzten noch kampffähigen Soldaten stürmten auf ihn los. Sie hatten abgewartet, bis er die Kugel verschoss, um ihn dann gefahrlos überwältigen zu können.
    »Zurück, Dee!«, rief er und war gezwungen, den eigenen Rat auch selbst zu befolgen.
    Yagharek fällte einen Angreifer mit einem Peitschenhieb, der ihm die Beine wegriss, doch auch er musste den Rückzug antreten. Alle drei, Derkhan, Yagharek und Isaac, bewegten sich Schritt für Schritt auf die Betonwand zu und hielten verzweifelt Ausschau nach Dingen, die sie als Waffe benutzen konnten.
    Isaac stolperte über Extremitäten eines toten Falters. Hinter ihm stieß der dritte Falter zirpende Wonnelaute aus, während er trank. Sie verschmolzen zu einem einzigen Winseln, einem lang gezogenen, tierhaften Laut höchsten Entzückens – oder Unbehagens.
    Isaac drehte sich danach um und wurde das Ziel einer widerwärtigen Eruption. Zerfetzte Innereien spritzten über das Dach und machten es schlüpfrig.
    Der dritte Falter hatte seine Unersättlichkeit mit dem Leben bezahlt.
    Isaac betrachtete den dunklen, schwächlich zuckenden Kadaver, chitingepanzert, von undefinierbarer Gestalt, groß wie ein Bär. Er lag in einer aktinomorphen Explosion von Gliedern und Körperteilen ausgebreitet, Schleim quoll aus dem entleerten Brustkorb. Der Weber beugte sich vor und stieß wie ein neugieriges Kind mit dem ausgestreckten Zeigefinger gegen das gekreuzigte Exoskelett.
    Andrej regte sich noch, aber seine krampfhaften Zuckungen erlahmten. Die Falter hatten nicht ihn getrunken, sondern den mächtigen Strom künstlicher Gedanken, der aus dem Helm sprudelte. Sein Gehirn arbeitete noch, verstört und verängstigt und gefangen in der qualvollen Rückkopplungsschleife der Krisismaschine. Er wurde schwächer, sein siecher Körper war der Belastung nicht gewachsen. Sein Mund bewegte sich wie gähnend, um den zähen, faulig riechenden Gierfalterspeichel auszustoßen.
    Unmittelbar über ihm war der letzte überlebende Falter in den Bann des schimärischen Geysirs geraten. Mit schräg gestellten Flügeln stürzte er wie eine todbringende Waffe aus dem Himmel herab, dem Quell des süßen Trunks entgegen, Arme, Hände, Haken in raubtierhafter Vorfreude nach der Beute ausgestreckt.
    Der Milizhauptmann stemmte sich über die Traufe an der Dachkante. Er zögerte und rief seinen Männern etwas zu – »… ter Weber!« – und feuerte dann auf gut Glück in Isaacs Richtung.
    Isaac warf sich zur Seite und

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