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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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und wieder heraus und Bahnen des zähen, zitronig riechenden Speichels über seine Haut zog, stürzte wie auf einer Rutschbahn aus Luft ein zweiter Falter herab, prallte gegen sein Geschwister und versuchte, es von seinem Platz an der Quelle zu verdrängen.
    Die Glieder des alten Mannes zuckten krampfhaft unter dem Schwall der absurden Stimuli, die seine Muskeln reizten. Der Schwall der Weber/Konzil-Gehirnwellen schwemmte durch seinen Kopf und nährte die Säule aus Energie, die aus seinem Helm strömte.
    Die auf dem Dach aufgebaute Maschinerie ratterte und lief sich heiß, während die Kolben rasten, um die enorme Flut an Krisisenergie zu verarbeiten. Regen, der auf das Gehäuse fiel, verdampfte zischend.
    Während am Himmel der dritte Falter zur Landung ansetzte, verschärfte sich das neidische Gerangel um den besten Futterplatz. Mit einer unwirschen, heftigen Bewegung schleuderte der erste Falter den zweiten ein Stück zur Seite, worauf dieser eifrig an Andrejs Hinterkopf leckte.
    Der erste Falter stieß seine Zunge in Andrejs lautlos brabbelnden Mund, zog sie mit einem übelkeitserregenden Plopp wieder heraus und suchte beharrlich weiter. Schließlich fand er die kleine Trompete auf Andrejs Helm, aus der in orgastischer Üppigkeit der köstliche Nektar strömte. Der Falter schlängelte seine Zunge in die Öffnung und um dimensionale Biegungen in den Æther hinein und hinaus, fädelte das sehnige Organ durch die mannigfachen Ebenen des Schwalls.
    Er quietschte vor Entzücken.
    Sein Knochenschädel vibrierte in der Umhüllung aus Fleisch. Schäumende Güsse des intensiven, künstlichen Geistes schossen durch seine Kehle, troffen unsichtbar von seinen Lefzen, ein brennender Strahl konzentrierter, süßer Gedankenkalorien strömte unerschöpflich in den Bauch des Falters, unermesslich viel stärker und gehaltvoller als seine alltägliche Nahrung, ein unkontrollierbarer Sturzbach lauterer Energie, der durch den Schlund des Gierfalters toste und binnen Sekunden seinen Magen gefüllt hatte.
    Aber der Falter war gefangen, er trank und konnte nicht aufhören. Er spürte die Gefahr, aber was scherte sie ihn, solange dieser unbeschreiblich köstliche Trunk nicht versiegte. Er war gebannt, beherrscht von dem blinden Drang eines Nachtinsekts, das immer wieder gegen ein gesprungenes Lampenglas fliegt, um einen Weg in die verderbliche Flamme zu finden.
    Der Gierfalter mästete sich, suhlte sich in den Kaskaden digitalisierten Bewusstseins.
    Sein Bauch schwoll an, Chitin knackte. Die immense Flut mentaler Emanationen überwältigte ihn. Ein Ruck ging durch die riesige, gewaltige Kreatur, dann barsten mit einem feuchten, knirschenden Schmatzen Bauch und Schädel.
     
    Der Falter fiel um, starb unter doppelten Eruptionen fremdartiger Säfte und zerfetzter Haut, Eingeweide und Gehirnmasse barsten aus den klaffenden Wunden, verströmten unverdauten, unverdaulichen Bewusstseinsnektar.
    Der Gierfalter sank über Andrejs besinnungslosen Körper, im Todeskampf zuckend, versickernd, zerstört.
     
    Isaac brüllte euphorisch, ein von Herzen kommendes Geheul staunenden Triumphs, das Derkhan und Yagharek herumriss. Sie starrten auf den toten Falter.
    »Ja!«, schrie Derkhan begeistert und Yagharek stieß das gellende Trillern eines erfolgreichen Jägers aus. Die Soldaten auf dem Dach stutzten. Sie konnten nicht sehen, was passiert war, und das plötzliche Freudengeschrei verhieß womöglich nichts Gutes.
    Der zweite Falter krauchte über den blutigen Kadaver seines getöteten Geschwisters hinweg, forschte züngelnd nach der verlockenden Witterung. Die Krisismaschine arbeitete noch.
    Andrej wälzte sich weiterhin in Schmerzen auf dem regennassen Boden, ohne zu wissen, was ihm geschah. Der Gierfalter strebte zu der frei gewordenen Quelle.
    Der dritte Falter landete in stiebender Nässe, die der Luftzug seiner heftig schlagenden Schwingen vom Boden hochfegte. Er zögerte für den Bruchteil einer Sekunde, als er die Witterung des Todes wahrnahm, aber das Bouquet dieser erstaunlichen Weber/Konzil-Wellen war unwiderstehlich. Er kroch durch den klebrigen Schleim aus den Eingeweiden des toten Geschwisters.
    Der zweite Falter war schneller. Er fand den Auslasstrichter des Helms und saugte sich daran fest, mit seiner Zunge verankert wie durch eine vampirische Nabelschnur.
    Er schlürfte und schluckte, hungrig, hingebungsvoll, ekstatisch.
    Er saß in der Nektarfalle. Er konnte nicht aufhören zu trinken, auch nicht, als die besondere Würze der

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