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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Dorf hinweg zu einer verfallenen, leer stehenden Hütte neben dem gekappten Kanalarm zeigte. Das Wasser, die Treidelpfade und ein Stückchen Ödland, auf dem die Hütte stand, waren eingeschlossen von einer gewachsenen Umfriedung aus Schutt, Dornengestrüpp und rostigem Stacheldraht, und von ihrer organischen Fortsetzung abgetrennt durch den unteren Rand der Kuppel, die darüber ragte wie eine flache Wolke.
    »Dort müsst ihr herauskommen.« Shadrach brummte etwas von unmöglich, aber Yagharek schnitt ihm das Wort ab. »Es ist schwierig. Es wird schwierig werden. Aber ihr könnt nicht hier innen hinuntersteigen – und selbst wenn ihr es könnt, so kann Isaac es gewiss nicht. Ihn aber brauchen wir. Ihr müsst ihn in die Kuppel hineinschaffen. So schnell wie möglich. Ich steige zu euch hinunter. Ich komme, sobald ich die Gierfalter gefunden habe. Wartet auf mich.«
    Während er redete, setzte Yagharek sich den improvisierten Helm auf und prüfte den Sichtbereich hinter seinem Rücken.
    In einer der großen Spiegelscherben fing er Shadrachs Blick auf.
    »Ihr müsst aufbrechen. Verliert keine Zeit. Habt Geduld. Ich werde bei euch sein, bevor die Nacht herum ist. Die Falter müssen durch diesen Riss die Kuppel verlassen, also werde ich hier Wache halten.«
    Shadrachs Züge wurden hart. Yagharek hatte recht. Undenkbar, dass Isaac es schaffte, an den steilen und gefährlichen Eisenträgern hinunterzusteigen.
    Er nickte Yagharek kurz zu, grüßte mit der erhobenen Hand in die Spiegel des Garuda, dann drehte er sich um, kehrte über das Strebegitter und die Glasplatten zur Leiter zurück und stieg mit geübter Behändigkeit nach unten.
    Yagharek schaute in die untergehende Sonne. Er atmete tief und ließ die Augen von links nach rechts wandern, um sich zu überzeugen, dass die Spiegel richtig eingestellt waren. Er versetzte sich in einen Zustand meditativen Equilibriums. Er atmete in dem langsamen Rhythmus des yajhu-saak, der inneren Sammlung des Jägers, der kriegerischen Trance der Garuda.
    Nach einigen Minuten hörte man das Klappern und Klirren von Blech auf Glas, und eins nach dem anderen tauchten drei Affenkonstrukte auf, jedes aus einer anderen Richtung. Sie scharten sich um Yagharek und warteten, ihre Murmelaugen schimmerten rosig im Widerschein der Abenddämmerung, pneumatisches Zischen begleitete ihre Bewegungen.
    Yagharek wandte ihnen den Rücken zu und fing sie in den Spiegeln ein. Dann seilte er sich langsam und vorsichtig in das Innere der Kuppel ab, nachdem er den Konstrukten bedeutet hatte, ihm zu folgen. Die Spülküchenwärme stieg an ihm hinauf und schlug über seinem Kopf zusammen, als er sich Hand unter Hand in die kleine Welt unter Glas hinabließ, zu Häusern, gebadet im roten Licht der von der Kugel gebündelten und verströmten Abendsonnenstrahlen, zu dem in dieser trügerischen Idylle irgendwo verborgenen Schlupfwinkel der Gierfalter.

 
KAPITEL 10
     
     
    Außerhalb der Kuppel senkte sich unaufhaltsam die Nacht herab, das Licht der Glaskugel verdämmerte und erlosch. Unter der Kuppel wurde es dunkler und kühler, doch ein Großteil der aufgestauten Hitze blieb erhalten, und es war immer noch erheblich wärmer als in der Stadt draußen. Das Licht der Fackeln und der Häuser drinnen spiegelte sich in den Glasscheiben. Für die Reisenden, die vom Flag Hill auf die Stadt zurückblickten, und die Slumbewohner, die verdrossen von den Wohntürmen in Ketch Heath hinunterschauten, für den Soldaten in der Milizgondel und den Lokführer im Zug der Sud Line, zwischen Schloten und Essen hindurch und über die verrußten Dächer der Stadt hinweg gesehen, wirkte das Glashaus wie aufgebläht, zum Platzen angefüllt mit Licht.
    An die Streben im Innern der Kuppel geklammert, unbemerkt wie eine winzige Zecke, lockerte Yagharek behutsam die Arme. Er hatte sich als Ausguck einen Knotenpunkt der Tragekonstruktion ausgesucht, ungefähr ein Drittel des Wegs zum Boden. Aus dieser Position hatte er immer noch einen ungehinderten Überblick über die ganze Siedlung und alles, was sich dort tat.
    Sein Verstand befand sich in yajhu-saak. Er atmete langsam und gleichmäßig. Er setzte seine Observierung fort; sein Blick flog unablässig von Punkt zu Punkt, verharrte nicht länger als einen Sekundenbruchteil, erstellte ein Rasterbild der Umgebung. Gelegentlich erweiterte er sein Blickfeld und nahm das gesamte Vista in sich auf, dabei achtete er auf ungewöhnliche Bewegungen. Immer wieder schaute er zu dem von einer

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