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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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immenser thaumaturgischer Kraft. Er studierte die glänzende Apparatur, doch ihr Zweck blieb ihm verborgen.
    Die zahlreichen Gruppen Bewaffneter, die überall herumstanden, fielen ihm auf. Er kniff die Augen zusammen. Seine Perspektive war die eines Gottes, der auf seine Schöpfung hinabschaut, in der blendenden Helligkeit konnte er jedes Detail der kleinen Kaktusstadt ausmachen. Er hatte freie Sicht auf fast alle Dachgärten und schätzte, dass mindestens die Hälfte davon mit drei oder vier martialischen Kaktusleuten besetzt war. Sie saßen oder standen, ihr Mienenspiel war auf diese Entfernung nicht zu erkennen, aber die ostentativ zur Schau getragenen Köpfer sprachen Bände. Beile schaukelten in Gürtelschlaufen, Streitäxte blinkten im sich rötlich färbenden Licht.
    Weitere dieser kleinen Trupps wachten neben Buden auf dem weitläufigen Markt, saßen auf der untersten Stufe des Tempels und patrouillierten im Gleichschritt auf den Straßen, die Armbrust gespannt und belegt.
    Yagharek registrierte die Blicke, die den Bewaffneten galten, die nervösen Grußbezeigungen, und wie oft die Passanten zu ihrem gläsernen Firmament aufschauten.
    Keinesfalls war dies die normale Alltagssituation.
    Etwas beunruhigte die Kaktusleute. Sie konnten, nach seiner Erfahrung, griesgrämig und unfreundlich sein, aber diese Atmosphäre latenter Drohung entsprach nicht ihrer Art, wie er sie in Shankell kennen gelernt hatte. Möglicherweise, überlegte er, waren diese Kaktusleute ein anderer, aggressiverer Stamm als ihre südlichen Landsleute. Doch er fühlte ein Kribbeln im Nacken. Spannung lag in der Luft.
    Yagharek konzentrierte sich und suchte mit scharfem, genauem Blick den Innenraum der Kuppel ab. Den Anfang machte er mit einem langsamen, prüfenden Rundumschwenk entlang des unteren Rands der Kuppel, dann ließ er die Augen spiralig immer weiter nach innen wandern, über Häuser, Straßen und Gärten.
    Auf diese pedantische, methodische Weise entging ihm nichts, kein Winkel, keine Nische des Stadtbilds. Sein Blick verharrte kurz, sekundenlang, auf Unebenheiten in dem roten Mauerwerk, wanderte weiter.
    Je näher der Abend rückte, desto deutlicher wurde die Unruhe der Kaktusleute.
    Yagharek war mit seiner Sondierung fertig. Es gab nichts Augenfälliges, nichts auf den ersten Blick Ungewöhnliches, das auf irgendeine Gefahr schließen ließ. Er wandte sich der Innenseite der Kuppel in seiner unmittelbaren Umgebung zu, auf der Suche nach Kletterhilfen.
    Die Aussichten waren nicht günstig. In einiger Entfernung neben ihm verdichtete sich das Netz der Träger und Streben um die schwere Glaskugel, doch an der Unterseite der Hülle traten sie nicht so greifbar hervor. Sich selbst traute er zu, mit ihrer Hilfe den Abstieg zu bewältigen, auch Lemuel, Derkhan möglicherweise, und einem oder zwei der Aventuriers, doch Isaac? Isaac, der sich, immer den Bauch im Weg, etliche hundert Meter an nur wenige Zentimeter breiten Metallstreben hinunter zum Boden der Kuppel hangelte?
    Die Sonne stand bereits tief. Selbst in Anbetracht der langen Sommerabende drängte die Zeit.
    Er fühlte, wie jemand ihm auf den Rücken tippte. Yagharek hob den Kopf, hob ihn aus der umgestülpten Schüssel in die Luft von New Crobuzon, die sich plötzlich kalt anfühlte.
    Shadrach kauerte hinter ihm. Er hatte einen Spiegelhelm auf und hielt Yagharek einen ähnlichen hin, aus Flacheisen zusammengestückt.
    Shadrachs Helm sah anders aus. Yaghareks war eine schlichte Kappe aus Metallresten, Shadrachs war kompliziert, ausgestattet mit Drähten und Ventilen aus Kupfer und Messing. Obenauf befand sich eine Fassung mit Öffnungen, um irgendetwas hineinzuschrauben. Einzig die Spiegel machten den Eindruck, provisorisch angefügt worden zu sein.
    »Das hast du vergessen«, sagte Shadrach mit seiner wohlklingenden Stimme und schwenkte den Helm. »Kein Fahnenwinken, kein Wort von dir seit zwanzig Minuten. Man hat mich geschickt, um nachzusehen, ob alles in Ordnung ist.«
    Yagharek zeigte ihm den Verlauf der Streben im Innern der Kuppel. Er und Shadrach diskutierten im Flüsterton über das Problem Isaac.
    »Steig wieder hinunter«, sagte Yagharek. »Ihr müsst durch die Kanalisation kommen, Lemuel kann euch führen. Beeilt euch. Schickt mir ein paar von den mechanischen Affen her, die mir helfen können, falls ich angegriffen werde. Hier, sieh dir das an!«
    Shadrach beugte sich vorsichtig über den Spalt und folgte mit dem Blick Yaghareks Finger, der über das geschäftige

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