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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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die Luft. Die rudimentären Fühler in den Augengruben schwenkten aufgeregt von einer Seite zur anderen. Isaac setzte auf Zehenspitzen seinen Weg fort.
    Offenbar, dachte er, gab es eine undichte Stelle und etwas von der Gedankensubstanz drang aus dem Helm, ein lockender Duft, der durch den Æther schwebte, doch nicht stark genug, dass der Gierfalter ihn orten konnte.
    Sobald Isaac an der unteren Wand angekommen war, folgte Shadrach ihm aus der Grube und durchs Zimmer. Wieder schien seine Gegenwart den Gierfalter zu irritieren, aber nicht sehr.
    Nach Shadrach kamen drei Affenkonstrukte, eins blieb zurück, um den Tunnel zu bewachen. Sie bewegten sich langsam auf den Gierfalter zu. Er wandte sich in die Richtung, aus der sie kamen, schien sie ohne Augen zu beobachten.
    »Ich vermute, er kann ihre physische Gestalt und ihre Bewegungen wahrnehmen, genau wie bei uns«, erklärte Isaac flüsternd. »Doch ohne mentale Ausdünstung sieht er keinen von uns als denkendes Wesen. Wir sind einfach sich bewegende Materie, wie Bäume im Wind.«
    Der Gierfalter machte Front zu den anrückenden Konstrukten. Sie wichen auseinander und näherten sich ihm aus verschiedenen Richtungen. Sie bewegten sich gemächlich, und der Gierfalter schien sich nicht gestört zu fühlen. Doch er legte eine gewisse Wachsamkeit an den Tag.
    »Jetzt!«, raunte Shadrach. Er und Isaac begannen gleichzeitig, die Schläuche einzuholen. Je mehr die Enden sich dem Tunnelausgang näherten, desto mehr geriet der Gierfalter in Aufregung. Er unternahm unschlüssige Vorstöße in Richtung der interessanten Witterung, kam zurück, um sein Gelege zu beschützen und hüpfte dann wieder ein paar Meter zur Mitte des Zimmers, dabei knirschte und malmte er mit den gebleckten, furchtbaren Zähnen.
    Isaac und Shadrach schauten sich an und zählten stumm.
    Bei drei rissen sie die Schlauchenden ins Zimmer und schleuderten sie mit synchronem Schwung in die Ecke, fünf Meter von ihnen entfernt.
    Der Gierfalter geriet außer sich. Er fauchte und krächzte abscheulich, wölbte seinen Körper zu einem Buckel, um größer zu erscheinen, und eine Vielzahl knöcherner Stilette schnellte aus Furchen in seinem Exoskelett.
    Isaac und Shadrach verfolgten das Schauspiel in ihren Spiegeln, eingeschüchtert von der monströsen Majestät dieser Kreatur. Der Falter drohte mit ausgebreiteten Schwingen in die Ecke, wo die Schläuche sich ringelten, seine Flügelzeichnungen pulsierten mit fehlgerichteter hypnotischer Energie.
    Isaac fühlte sich wie zur Salzsäule erstarrt. Über die Schwingen des Gierfalters wallten unwirkliche Muster. Er stakte raubtierhaft geduckt auf die Schlauchenden zu, auf vier Beinen, auf sechs, auf zwei.
    Shadrach gab Isaac einen Stoß. Sie schlichen weiter, auf Armeslänge an dem gereizten, hungrigen Falter vorbei. In den Spiegeln sahen sie ihn näher kommen, eine mächtige tierische Waffe. Im Vorbeigehen vollführten beide Männer eine Kehrtwendung und bewegten sich rückwärts auf ihr Ziel zu, dann wieder vorwärts. Auf diese Weise vermieden sie es, den Falter mit ungeschütztem Auge ansehen zu müssen.
    Der Falter marschierte stracks an den Konstrukten vorbei, schleuderte eins davon zur Seite, absichtslos, als eine sägezahnige Knochengeißel in bebender, heißhungriger Rage zur Seite schwang.
    Isaac und Shadrach gingen mit aller Vorsicht zu Werke, vergewisserten sich in den Spiegeln, dass die Enden ihrer mentalen Ableitungen dort blieben, wo sie sie als Gierfalterköder hingeworfen hatten. Zwei der Affenkonstrukte folgten dem Falter in geringem Abstand, der dritte näherte sich dem Gelege.
    »Schnell«, zischte Shadrach und drückte Isaac auf den Boden. Isaac griff nach dem Messer an seinem Gürtel, fummelte kostbare Sekunden an der Schlinge. Dann hatte er es in der Hand, holte tief Atem und stieß es dann mit Kraft in den großen, harzigen Klumpen.
     
    Shadrach hielt mittels der Spiegel Wache. Der Gierfalter, verfolgt von den zu seiner Beschattung abkommandierten Konstrukten, attackierte die sich windenden Schlauchenden.
    Während Isaac das Messer durch die obere Wölbung des Eierpakets hebelte, tastete der Falter mit Fingern und Zunge nach dem Feind, dessen Bewusstsein sich nicht ergeben wollte.
    Isaac wickelte die Hemdschöße um die Hände, fasste in den Schnitt, den er in die Dreamshitkugel gemacht hatte, und drückte die zähe Masse auseinander. Er musste sich anstrengen.
    »Schneller«, drängte Shadrach.
    Das Dreamshit – roh, unverschnitten, destilliert,

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